Wohnungsbau in der Krise

Neubau: Immer weniger Sozialwohnungen - auch in BW

Stand

Von Autor/in Andreas Reinhardt

Die Zahl der neu gebauten Sozialwohnungen ist laut einer Studie zu gering. Bis 2030 fehlen danach allein in BW mehr als 200.000. Das Verbändebündnis "Soziales Wohnen" fordert Konsequenzen.

Die scheidende Regierung habe das Ziel von 400.000 neuen Wohnungen gehabt, auch das Ziel von 100.000 neuen Sozialwohnungen sei richtig gewesen, so das Verbändebündnis "Soziales Wohnen", zu dem sich der Deutsche Mieterbund (DMB), die Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie (CBP) und die Bau-Gewerkschaft (IG BAU) zusammengeschlossen haben. Bündnispartner sind darüber hinaus die Deutsche Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau (DGfM) als Dachverband der Mauersteinindustrie sowie der Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB).

Aber statt der Förderung von 100.000 neuen Sozialwohnungen pro Jahr seien im Jahr 2023 nur für 23.115 Wohnungen Förderzusagen erteilt worden. Das sei zu wenig.

Deutschland stecke im "Wohn-Notstand", denn bundesweit fehlten jetzt schon rund 550.000 Wohnungen, vor allem bezahlbare Wohnungen. Die Lücke wird größer, denn gleichzeitig sinke der Bestand an Sozialwohnungen weiter. Ihre Zahl falle seit Mitte der 1990er Jahre kontinuierlich ab. Sie halte sich nur noch knapp oberhalb der 1-Millionen-Grenze. Tendenz weiter fallend, so das Bündnis.

Zahl der sozialen Wohnungen in BW gesunken

In Baden-Württemberg gab es den Zahlen zufolge im Jahr 2023 genau 53.600 Sozialwohnungen. Im Jahr 2017 waren es noch 58.416. Die Zahl sank bis 2021, steigt aber seit dem wieder leicht an. Die Zahl der geförderten Neubauten im sozialen Mietwohnungsbau erreichte demnach mit fast 3.900 neuen Wohneinheiten seinen bisherigen Höhepunkt im Jahr 2022.

Vom Verbändebündnis "Soziales Wohnen" wurde 2019 erstmals das für das Jahr 2030 erreichbare Ziel eines Sozialwohnungsbestandes von bundesweit zwei Millionen Sozialwohnungen formuliert. Um dieses Ziel in den verbleibenden Jahren zu erreichen, müssten jährlich gut 210.000 Sozialwohnungen durch Neubau oder Modernisierung geschaffen werden.

Das hieße für Baden-Württemberg, dass bis zum Soll-Bestand von 258.100 im Jahr 2030 noch 204.500 Wohnungen fehlten.

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Baby-Boomer verschärfen die Lage

Ein Abbau der Defizite sei nicht zu erwarten. Die Baby-Boomer gingen bis 2035 komplett in Rente. Viele dieser Menschen aus geburtenstarken Jahrgängen hätten zum Niedriglohn gearbeitet und seien in den kommenden Jahren zusätzlich auf eine Sozialwohnung angewiesen. Außerdem habe das einen weiteren Effekt: "Es fehlen Arbeitskräfte. Wenn die Wirtschaft nicht spürbar einbrechen soll, dann müssen Menschen aus dem Ausland kommen, um freiwerdende Jobs zu übernehmen. Doch wer kommt, der muss auch wohnen. Und zwar in einer Wohnung, die er sich leisten kann", heißt es beim Bündnis.

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Die fünf Forderungen des Bündnisses "Sozialer Wohnungsbau"

Bund, Länder und Kommunen müssten konkrete Ziele vereinbaren. Für eine Trendwende beim sozialen Wohnen seien pro Jahr 100.000 neue geförderte Wohnungen notwendig.

Die notwendigen Bundesmittel für eine kontinuierliche Neubau-Förderung von Sozialwohnungen sollten per Grundgesetz garantiert werden, damit es nicht einen Sozialwohnungsbau nach Haushaltslage gebe.

Um die Kosten beim sozialen Wohnungsbau zu senken, solle es eine rasche Verringerung der Mehrwertsteuer von 19 auf 7 Prozent geben. Und zwar auf alle Bauleistungen für Wohngebäude, in denen mindestens zwei Drittel der Wohnungen Sozialwohnungen sind.

Es solle bundesweit in allen Regionen niedrigere Regelstandards für den Neubau von Sozialwohnungen geben. Ziel ist es, günstigere Baupreise für Sozialwohnungen durch einen einheitlichen Standard vor Ort bei guter Qualität zu bekommen.

Das Bündnis fordert darüber hinaus bundesweit künftig in allen Kommunen "Wohn-Härtefallkommissionen", die über ein Zehn-Prozent-Kontingent der zu vergebenen Sozialwohnungen entscheiden. Ziel sei es, damit vor Ort die Berücksichtigung sozialer Kriterien bei Wohnungsvergaben zu garantieren. Benachteiligte Menschen - insbesondere Menschen mit Behinderung - sollen dadurch eine deutlich bessere Chance bekommen, auf dem Wohnungsmarkt fündig zu werden.

Bund soll Wohnungsbau ankurbeln

Das Fazit des Bündnisses: Der Staat müsse auf den Konjunkturmotor Wohnungsbau setzen. Und zwar jetzt in der Krise. Damit würde der Bund dringend benötigte Wohnungen schaffen. Außerdem könnte er so die angeschlagene Baubranche stützen und einen weiteren Abbau von Kapazitäten - vor allem den Verlust von Arbeitsplätzen - verhindern.

Kommentare (1)

Bisherige Kommentare
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  1. Kommentar von
    Finescu
    Verfasst am

    Auch dies ein nicht eingehalten es Versprechen der (H) Ampel-Regierung, trat sie doch an mit der vollmundigen Ansage "400000" Wohnungen im Jahr zu bauen. Wahrlich, eine echte Ineptokratie.

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