Hühnerrettung in BW

Garten statt Bodenhaltung: "Mini-Gnadenhöfe" schenken Legehennen ein zweites Leben

Stand

Von Autor/in Helene Altgelt

Mehr als eine Million Hühner leben in BW in Bodenhaltung. Der Verein "Rettet das Huhn" erspart einigen davon die Schlachtung. Und zeigt: Hühnerhaltung geht auch in der Stadt.

Vor zwei Jahren ist Ophelia umgezogen, von Berlin nach Stuttgart-Vaihingen. Sie lebt nun auf mehr als fünfzehn Quadratmetern, vorher war es nicht mal einer. Ophelia hatte in Berlin mehr als 100.000 Mitbewohnerinnen: Das Huhn lebte in Bodenhaltung, so wie mehr als die Hälfte aller Legehennen in Deutschland. In Stuttgart-Vaihingen hat sie im Garten von Simone Metzger nun ein neues Zuhause gefunden.

Verein "Rettet das Huhn": Eine zweite Chance für 12.000 Hühner jährlich

Wie 12.000 weitere Hühner jährlich wurde Ophelia über den Verein "Rettet das Huhn" an eine Privatperson vermittelt. In Legebetrieben haben die Hennen ein kurzes Leben: Nach einem Jahr, höchstens zwei, legen sie weniger Eier und werden geschlachtet. Dann werden sie meist zu Tierfutter verarbeitet. Der Verein "Rettet das Huhn" gibt den Tieren die Chance weiterzuleben.

Nicole Herrmann aus Löwenstein (Landkreis Heilbronn) vermittelt die Hühner in Baden-Württemberg an ihre neuen Besitzerinnen und Besitzer. Sie koordiniert Abholungen, fährt zu den Betrieben, päppelt kranke oder verletzte Hühner wieder auf. Die Hennen würden meist nur noch aus Haut und Knochen bestehen, wenn sie aus der Bodenhaltung kommen, sagt sie: "Es ist ein einziger Überlebenskampf für die Tiere."

Eine Henne, die der Verein "Rettet das Huhn" gerettet hat.
Die Hühner, die aus der Bodenhaltung gerettet wurden, sind meist sehr abgemagert und müssen erstmal wieder aufgepäppelt werden.

Simone Metzger hat neben Ophelia noch sechs weitere Hennen bei sich aufgenommen. Im Garten ihres Reihenhauses picken sie fleißig nach Insekten oder wälzen sich im Sand. Metzger wird emotional, wenn sie erzählt, wie sich die Tiere verändert haben, seit sie aus den Betrieben gekommen sind: "Am Anfang sind sie ziemlich hässlich und nackt, aber laufen am zweiten Tag schon stolz durch den Garten, genießen Sandbad, Licht und Sonne. Das alles hatten sie davor noch nicht, haben nie Gras gesehen."

Rettung der Hühner: "Ein unfassbarer Aufwand"

Der Verein "Rettet das Huhn" hat seit 2007 insgesamt 146.264 Hühner gerettet. Das klingt zunächst nach viel, allerdings schrumpft die Zahl in Relation zur riesigen Hühnerindustrie. Allein in Baden-Württemberg leben laut Statistischem Landesamt aktuell mehr als zwei Millionen Legehennen. Bei der Vermittlung der Hühner kooperieren sie mit den Betrieben, wie Nicole Herrmann erklärt. Denn die haben wenig Verwendung für die alten Hühner, wenn Junghennen kommen.

"Wir fahren dann nachts zu den Betrieben", so Herrmann. Aber nicht, weil es sich um eine illegale Aktion handelt: "Die Hühner sehen dann nichts und sind ruhiger. So können wir sie entspannt aus den Ställen heraustragen." Für einen Einsatz braucht es ein großes Team, mit Transportern, Boxen und Notfallhilfe für die verletzten Zweibeiner. "Das ist ein unfassbarer Aufwand", sagt Herrmann.

Hühnerhaltung seit der Corona-Pandemie im Trend

Das Prinzip des Gnadenhofs gibt es schon lange. Bei "Rettet das Huhn" ist es nicht ein großer Hof, der alle Hühner aufnimmt. Stattdessen setzt der Verein auf tausende "Mini-Gnadenhöfe" im ganzen Land, die meisten haben nur eine Handvoll Hühner - so wie Simone Metzger. Die Idee ist aufgegangen, denn Hühnerhaltung ist en vogue. Während der Corona-Pandemie explodierten die Suchanfragen nach Bauanleitungen für Hühnerställe. Gleichzeitig braucht es für Hühner viel Platz im Garten, und auch Lust, den Stall auszumisten.

Simone Metzger ist mit einem Huhn, das sie bei sich aufgenommen hat, im Garten.
Simone Metzger nimmt die Hühner bei sich auf und erspart ihnen so die Schlachtung - ganz nach dem Prinzip eines Gnadenhofs.

Das eigene Frühstücksei aus dem Stall zu holen, hat für viele einen Reiz. Simone Metzger betont aber: "Das Huhn macht glücklich, nicht das Ei!" Ophelia und ihre neuen Mitbewohnerinnen legen nicht mehr jeden Tag, wie es von ihnen in der Bodenhaltung erwartet wurde. Für die eigenen Ostereier ist dennoch gesorgt.

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