Urteil in Baden-Württemberg Verfassungsschutz darf Südwest-AfD beobachten
Der Verfassungsschutz in Baden-Württemberg darf den AfD-Landesverband als rechtsextremistischen Verdachtsfall einstufen und beobachten. Eine Beschwerde der Partei gegen diese Einstufung wies das höchste Verwaltungsgericht des Landes zurück.
Nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs in Mannheim am Mittwoch darf der Verfassungsschutz in Baden-Württemberg den AfD-Landesverband weiterhin als Verdachtsfall einstufen und beobachten. Das Gericht hat eine entsprechende Beschwerde der AfD dagegen zurückgewiesen. Die Entscheidung ist unanfechtbar.
Knut Bauer aus der SWR-Redaktion Landespolitik zur Begründung des Verwaltungsgerichtshofs:
VGH: AfD verletze migrierte Menschen in ihrer Menschenwürde
Das oberste Verwaltungsgericht Baden-Württembergs verwies auf "tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen". Dazu gehöre unter anderem das Eintreten von AfD-Parteimitgliedern für einen "ethnischen Volksbegriff", der an "Merkmale wie Herkunft und Rasse" anknüpfe und eine mit dem Grundgesetz unvereinbare "Ungleichbehandlung" von Menschen bedinge.
Die Verwendung von Begriffen wie "großer Volksaustausch" im Zusammenhang mit Migration ziele darauf ab, "die für die verfassungsmäßige Ordnung elementare Rechtsgleichheit aller Staatsbürger als eine zu überwindende Fehlentwicklung darzustellen", erklärte das Gericht. Auch gebe es unter anderem "Anhaltspunkte" für eine pauschale Herabwürdigung von Muslimen durch Vertreter der AfD. Dies verletze Betroffene in ihrer Menschenwürde.
AfD Landesvorsitzender Frohnmaier: Gerichtsentscheidung ist absurd
Der Landesvorsitzende der AfD in Baden-Württemberg hält die Feststellung des Gerichts für "absurd", das sagte Markus Frohnmaier der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. "Die AfD ist so wenig ausgrenzend, dass sie einen Parteivorsitzenden mit rumänischen Wurzeln gewählt hat", so Frohnmaier, der in Rumänien geboren wurde. "Tendenziöse Behauptungen des Verfassungsschutzes" durch das Gericht zu bekräftigen halte Frohnmaier für "mehr als fragwürdig". Der AfD-Landeschef sagt: "Die AfD möchte keine rechtliche Ungleichbehandlung von Deutschen mit und ohne Migrationshintergrund."
Deshalb darf der Verfassungsschutz die AfD beobachten
Der im Grundgesetz geregelte besondere Schutz von Parteien als Pfeiler der politischen Willensbildung in einer Demokratie schließe eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz nicht aus, erklärte der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim in seinem am Montag ergangenen Beschluss. Eine verfassungsschutzrechtliche Beobachtung von Parteien sei außerdem mit der grundgesetzlich geschützten Meinungsfreiheit vereinbar. Auch die Unterrichtung der Öffentlichkeit über die Einstufung als Verdachtsfall sei vor diesem Hintergrund rechtens.
Das ist der Einstufung als Verdachtsfall vorausgegangen
Der baden-württembergische Landesverfassungsschutz hatte die Beobachtung des Landesverbands der AfD als Verdachtsfall im Juli 2022 öffentlich bekanntgegeben. Einen von der Partei dagegen gerichteten Eilantrag lehnte der Verwaltungsgerichtshof bereits im November vergangenen Jahres ab.
Die AfD wird in mehreren Ländern und auf Bundesebene vom Verfassungsschutz beobachtet. Die Landesverfassungsschutzbehörden in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt stufen die Partei mittlerweile als erwiesen rechtsextreme Vereinigung ein - sehen die ursprüngliche Einstufung als Verdachtsfall inzwischen also als bestätigt an. In mehreren Bundesländern sowie auf Bundesebene wird die AfD derzeit als Verdachtsfall geführt. Dagegen gerichtete Beschwerden der Partei scheiterten wiederholt vor Gerichten.
Das Oberverwaltungsgericht Münster wies so die Berufungen der AfD-Bundespartei und der Jugendorganisation "Junge Alternative für Deutschland" im Mai 2024 ab und bekräftigte damit die Einstufung aus Köln. Folglich darf der Verfassungsschutz auch weiterhin nachrichtendienstliche Mittel zur Beobachtung der rechtspopulistischen Partei einsetzen. Im Mai legte die Bundes-AfD schließlich auf höchster Ebene eine sogenannte Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig ein - diese Entscheidung steht noch aus.
Sendung am Mi., 13.11.2024 10:30 Uhr, SWR1 Nachrichten