Obst und Gemüse am Stand eines Bauernmarktes

Bayern Jeden Tag Fleisch war gestern: Immer mehr Flexitarier in Bayern

Stand: 21.10.2024 06:11 Uhr

Immer mehr Bayerinnen und Bayern sind Flexitarier. Das belegt die neue Bayerische Ernährungsstudie. Denn sie essen wenig Fleisch, dafür aber hochwertigeres. Wie Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie auf das veränderte Essverhalten reagieren.

Von Astrid Uhr

Bayerns Bürger reduzieren ihren Fleischkonsum und essen dafür immer mehr vegetarische und vegane Produkte. Das geht aus einer neuen Studie der TU München hervor. Diese Studie veröffentlichte die TU bereits im Vorfeld der 3. Bayerischen Ernährungsstudie (externer Link), die am Montag vorgestellt wird.

Jeder Vierte in Bayern ist Flexitarier

Demnach bezeichnet sich jede und jeder Vierte im Freistaat als Flexitarier. "Wer sich so ernährt, der legt viel Wert auf die Qualität des Fleisches, auf Regionalität, Tierschutz und Nachhaltigkeit", sagt Jutta Saumweber von der Verbraucherzentrale Bayern.

Die Ernährungsexpertin weist daraufhin, ausreichend auf Nährstoffe zu achten. "Wer weniger oder kein Fleisch isst, der sollte das Eiweiß durch Hülsenfrüchte oder Nüsse zu sich nehmen", sagt Jutta Saumweber. Täglich etwa eine Handvoll ungesalzene Nüsse essen (25 g), das empfiehlt auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE).

Industrie und Landwirtschaft: Mehr Soja, mehr pflanzenbasierte Lebensmittel

Der Trend zum Flexitarier zeigt sich auch an den steigenden Umsatzzahlen von veganen Lebensmittelproduzenten. Zu ihnen zählt Michael Walk, der in seiner Firma "Vemiwa" im schwäbischen Königsbrunn pflanzliche Fleischalternativen herstellt. Ganz ohne Aromen und ohne Zusatzstoffe auf der Basis von Erbsenproteinen. "Wir wollen Fleisch nicht imitieren oder ersetzen, sondern schmackhafte Produkte anbieten."

Seine Produkte, "Chunks", also veganes Geschnetzeltes, etwa für ein asiatisches Curry, oder "Minced", veganes Hackfleisch, werden vor allem von fitnessbewussten Kunden gekauft, so Walk.

Landwirt Georg Drexl im oberbayerischen Kaufering baut neben Kartoffeln, Zuckerrüben und Getreide mittlerweile immer mehr Hülsenfrüchte an, neben Ackerbohnen nun auch Soja-Bohnen, für Tofu und Soja-Drinks. Was bei der Weiterverarbeitung übrig bleibt, wird Viehfutter. "Mir ist es wichtig, möglichst die ganze Bohne zu verwerten", sagt Georg Drexl, "im Sinne der Nachhaltigkeit". Rund 100 Tonnen Soja erntet der Landwirt jedes Jahr im Herbst.

Daten zu Ernährung für jeden bayerischen Regierungsbezirk

Einzelheiten zum Thema "Wie isst Bayern?" präsentiert das Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit dem 3. Ernährungsreport am Montagnachmittag. An der Studie nahmen insgesamt 1.500 Personen in Bayern zwischen 18 und 75 Jahren teil.

Die zufällig ausgewählten Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden erst persönlich zu Hause zu ihrem Essverhalten und Lebensmittelverzehr interviewt, dann telefonisch. Es wurden auch Blutzucker, Taillenumfang sowie Trockenblutproben analysiert. Aus den Verzehrs- und Gesundheitsdaten leiten Experten mögliche Ernährungsrisiken sowie Empfehlungen für eine gesunde, nachhaltige Ernährung ab. Die Ergebnisse werden je nach Regierungsbezirk aufgeschlüsselt.

Essgewohnheiten verändern sich über Jahrzehnte massiv

Die neue Studie stellt ein Verbraucher-Barometer dar, das faktenbasiert die veränderten Essgewohnheiten aufzeigt. "Mit der zunehmenden Erwerbstätigkeit der Frau hat sich auch das gemeinsame Essen verändert", sagt Christine Röger vom Kompetenzzentrum für Ernährung (Kern), einer Fachabteilung des Ernährungsministeriums. Über den Tag verteilt habe das Snacking zugenommen, will heißen: Man esse nicht mehr einige wenige Mahlzeiten, sondern viele kleine Mahlzeiten über den Tag verteilt.

Mit den Lebensumständen haben sich über die letzten zwei Jahrzehnte auch die Ernährungsgewohnheiten verändert. Auch Trends beeinflussen das Essverhalten, wie z.B. die "Low Carb"-Welle, also kohlenhydratarme Ernährung oder die vegane Ernährung. Basierend auf der 3. Ernährungsstudie könne nun geklärt werden, welches Essverhalten sich wie auf die Gesundheit auswirke, sagt Prof. Jakob Linseisen vom Lehrstuhl für Epidemiologie an der Uni Augsburg und der LMU München.

Weg von der ideologischen Überlagerung von Essen

Übrigens, der Gründer der veganen Lebensmittelproduktion in Königsbrunn, Michael Walk, isst immer noch gerne Fleisch. Zwar nicht sieben Tage die Woche, aber ab und zu. Er gehört also selbst zur Gruppe der "Flexitarier". Ganz wichtig sei ihm eine ganzheitliche Ernährung, die nicht durch Ideologien geprägt ist. "Wir möchten niemandem vorschreiben, was er zu essen hat."

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Quelle: BR24 im Radio 21.10.2024 - 06:47 Uhr