Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz und CSU-Chef Markus Söder in Seeon

Bayern Söder, Merz und Günthers Pfeile: Harmonie und Zoff bei CDU/CSU

Stand: 08.01.2025 18:54 Uhr

"Gleichschritt", "gemeinsam", "geschlossen": Zum Start ins Wahljahr beschwören die Spitzen von CDU und CSU die Harmonie. Getrübt wird sie durch Zoff zwischen Markus Söder und Daniel Günther. CDU-Chef Merz äußert sich salomonisch – aber klar.

Von Petr Jerabek

Mit dem Wetter ist Friedrich Merz unzufrieden. "Was ist denn mit dem weiß-blauen Himmel?", will der CDU-Chef wissen, nachdem er bei Regen im oberbayerischen Seeon aus dem Wagen gestiegen ist. Ansonsten kann sich Merz über den Empfang bei der CSU-Klausur nicht beschweren. Parteichef Markus Söder hat minutenlang im Regen gewartet, bis Merz aus dem Auto steigt, die CSU-Bundestagsabgeordneten begrüßen ihn mit viel Beifall, später wird Söder ihm "100-prozentige Unterstützung" versprechen: "Wir wollen, dass Du Bundeskanzler wirst."

Merz wiederum streichelt bei Thema Migration die Seele der CSU. Er wisse, welche Fehler vor allem "die CDU, meine Partei, in dieser Frage in den Jahren 15, 16, 17 gemacht hat", sagt er. "Wir werden unsere Politik in dieser Frage grundlegend korrigieren." Gerade über die Migrationspolitik hatte es ab 2015 heftigen Streit zwischen CDU und CSU gegeben. Bei der Mütterrente zeigt Merz zumindest "große Sympathie" für das "Thema der CSU". In den Wahlkampf ziehen beide Parteien laut Merz "gemeinsam" und "geschlossen", CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt spricht von "Gleichschritt".

Also alles friedlich bei der Union? Nicht ganz. Merz mag zwar Sympathie für die Mütterrente hegen, ins gemeinsame Wahlprogramm will er sie nachträglich nicht aufnehmen. Und wenige Stunden zuvor hatte der schleswig-holsteinische Ministerpräsident und CDU-Landeschef Daniel Günther Giftpfeile auf Söder abgefeuert.

Günther über Söder: "Einfach den Mund halten"

Günther machte am Dienstagabend bei "Markus Lanz" im ZDF keinen Hehl aus seiner Verärgerung über den CSU-Chef. Die Diskussion über Schwarz-Grün führe Söder "mit sich selbst". Statt "einfach den Mund zu halten" und für eine starke Union zu kämpfen, behaupte Söder ständig, es gebe in der CDU Leute, die Schwarz-Grün forderten. "Ich kenne niemanden", betonte Günther. "Das ist ja ein geschicktes Stilmittel in der Politik: Dass man immer behauptet, dass es eine Gegenposition gibt, um dann sich selbst als Fels in der Brandung darzustellen."

Söder schließt seit Monaten Schwarz-Grün im Bund aus. Da eine Zusammenarbeit mit AfD und Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) für die Union nicht infrage kommt und eine Mehrheit für Schwarz-Gelb unwahrscheinlich ist, bliebe nur eine Koalition mit der SPD.

Laut Günther muss sich die Union auf ihre eigene Stärke konzentrieren, um nach der Wahl schauen zu können, mit welchem Partner sie ihre Inhalte umsetzen kann. Dass sich die CSU vor der bayerischen Landtagswahl an einen Koalitionspartner gekettet habe, sei nicht klug gewesen. "Deswegen ist es noch weniger klug, jetzt bei einer Bundestagswahl sich auf einen Koalitionspartner festzulegen", mahnte der CDU-Politiker, der in Kiel mit den Grünen regiert.

Söder spottet über Schleswig-Holstein

Söder tat Günthers Attacke als "irrelevant" ab. "Wir müssen jetzt einen Wahlkampf führen und nicht immer so Nebendebatten führen aus sehr kleinen Bundesländern", betonte er bei ntv/RTL. Überall in Europa seien Populisten auf dem Vormarsch, "man wird hier nicht mit wohlfeilen Talkshow-Auftritten die Menschen überzeugen".

Dem Sender Welt sagte Söder, Schleswig-Holstein sei ein schönes Land mit enormen wirtschaftlichen Problemen. Er empfahl Günther: "Um die eigenen Probleme kümmern und dann mit einer ordentlichen Bilanz bundesweit auftreten!" Schwarz-Grün sei mit die unbeliebteste Koalition. "Eine Union, die Grün will, wird am Ende die AfD stärken. Das kann nicht unser Ziel sein."

Merz: Innerer Abstand zu Grünen gewachsen

Erwartungsgemäß wird in Seeon auch Merz zum Fernduell zwischen den Unionspolitikern befragt. Der CDU-Chef plädiert dafür, sich "auf die wichtigen Themen" zu konzentrieren. Er gehe davon aus, "dass sich Markus Söder und Daniel Günther nach wie vor freundlich begegnen". Söder scheint nicht überzeugt: "Echt? Ich seh' den selten."

Mehr im Sinne Söders ist es, als Merz betont: "Mein Abstand (...) zu den Grünen ist innerlich noch größer geworden, nachdem ich mich auch mal mit den Folgen der Wirtschaftspolitik von Herrn Habeck beschäftigt habe." Söder verkündet zufrieden, die CSU unterstütze "den Weg der immer weiteren Distanz zu den Grünen sehr".

Klare Ansage von Merz

Aber Merz stellt auch klar, dass er sich auf keinen Partner festlegen werde – und argumentiert ähnlich wie Günther. "Ich führe keinen Koalitionswahlkampf, sondern ich führe einen Wahlkampf für die Union." Er werde keine Diskussion darüber führen, "wer könnte mit wem oder wer könnte mit wem nicht regieren".

Nach der Wahl sei dann die Frage zu klären, mit wem die Union die Wirtschafts-, Sicherheits- und Außenpolitik grundlegend ändern könne. "Deswegen müssen sich alle diejenigen, die mit uns regieren wollen, die Frage stellen, ob sie sich in diesen Fragen ändern wollen oder nicht. Wenn sie sich nicht ändern wollen, dann bleiben sie am Wegesrand stehen."

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Quelle: BAYERN 3-Nachrichten 08.01.2025 - 19:00 Uhr