Bayern Vermisster Feuerwehrmann: Vorwürfe von Mutter und Experten
Seit der Hochwasserkatastrophe im Juni ist ein junger Mann verschollen. Ein Boot war damals in Offingen gekentert. Am Vorgehen der Rettungskräfte gibt es Kritik.
Dass es einmal so kommen würde, hätte keiner gedacht, sagen Anwohner. Anfang Juni steht das Wasser teils über 1,50 Meter hoch in den Straßen. Viele Häuser müssen evakuiert werden. Ehrenamtliche gehen an ihre Grenzen, um anderen zu helfen – auch Denis R. Der damals 22-Jährige ist mitten in der Nacht in einem Boot unterwegs, das plötzlich kentert. Während es die anderen Insassen ans Ufer schaffen, taucht der junge Feuerwehrmann nicht mehr auf.
Großangelegte Suche nach Denis
Suchaktionen werden gestartet, unter anderem mit einem Hubschrauber. Feuerwehrleute und Polizisten durchkämen Wälder, Spezialkräfte tauchen in der Donau, um den Feuerwehrmann zu finden. Doch bis heute gibt es keine Spur von Denis. Seine Mutter geht nach bald sechs Monaten davon aus, dass er nicht mehr lebt. "Aber wir haben immer noch dieses eine Prozent Hoffnung", sagt sie. Sie will ihren Sohn unbedingt finden, um in Würde von ihm Abschied nehmen zu können. Und ein Gedanke quält sie: Wäre das Unglück vermeidbar gewesen?
Kritik an Rettungskräften
Denis war mit vier anderen Rettungskräften in einem Boot der DLRG unterwegs. "Die drei Einsatzkräfte von der DLRG hatten Schwimmwesten an, mein Sohn und ein Feuerwehrkamerad nicht", sagt die Mutter. Sie glaubt, dass sich Denis deshalb nicht mehr über Wasser halten konnte. Eine Nachfrage bei zwei anderen Rettungsorganisationen ergab, dass Einsatzkräfte, die auf dem Wasser arbeiten, mit einer Weste gesichert sein müssen. Dies sei so in entsprechenden Vorschriften dokumentiert. Ob eine Weste das Unglück verhindert hätte, darüber lasse sich nur spekulieren, so ein Experte einer Rettungsorganisation. "Der Kopf bleibt über Wasser, aber die Person kann von Bäumen oder großen Ästen getroffen werden."
Lief der Einsatz nach Vorschrift?
Ihn beschäftigt allerdings eine andere Frage. Warum waren die Feuerwehrleute überhaupt im Boot? Eigentlich seien zwei, maximal drei Personen der DLRG für eine Evakuierung ausreichend, so der Experte. "Solche Einsätze im Fließwasser zählen zu den gefährlichsten überhaupt. Ohne Ausbildung und Spezialausrüstung sollte man nicht aufs Boot gehen. Das müsste eigentlich der Bootsführer überprüfen."
Ermittler sehen bislang keine Anzeichen für Fahrlässigkeit
Die DLRG betont, dass alle Unfälle intern aufgearbeitet werden, um daraus Lehren für die Zukunft zu ziehen. Das sei auch im Fall des vermissten Feuerwehrmannes in Offingen geschehen. "Leider kann ich Ihnen zum aktuellen Fall keine konkreten Fragen beantworten, da es sich noch um ein laufendes Ermittlungsverfahren handelt", sagt Manuel Friedrich, der Präsident der DLRG Bayern. Die Staatsanwaltschaft Memmingen teilte auf Anfrage des BR mit, dass man den Einsatz im Rahmen eines sogenannten Vorermittlungsverfahrens intensiv prüfe. Anzeichen für ein fahrlässiges Verhalten einzelner Rettungskräfte hat die Staatsanwaltschaft nach aktuellem Stand nicht.
Mutter hofft auf letzte große Suche
Denis' Mutter hofft, dass die Polizei die Suche noch einmal aufnimmt und ein Gebiet absucht, in dem Hunde angeschlagen hatten. Ob die Beamten diesen Wunsch erfüllen können, ist offen. Rund 10.000 Menschen werden derzeit in Deutschland vermisst, die Ressourcen sind begrenzt. Die Polizei konzentriert sich daher vorrangig auf Fälle, bei denen die Vermissten mit höherer Wahrscheinlichkeit noch am Leben sind. Man sei im Nachhinein natürlich immer schlauer, so ein Experte einer anderen Rettungsorganisation und dürfe nicht vergessen, dass es sich bei den Einsatzkräften der DLRG um Ehrenamtliche handle, die meist ihre Freizeit opfern. "In Stresssituationen mitten in der Nacht trifft man Entscheidungen, die sich als falsch herausstellen können. So ein Vorfall wird diese Rettungskräfte vielleicht ihr ganzes Leben belasten."
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Quelle: Mittags in Schwaben 28.11.2024 - 12:05 Uhr