Agrarpolitik - 3.500 Menschen bei "Wir haben es satt"-Demo in Berlin

Sa 18.01.25 | 19:11 Uhr
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18.01.2025, Berlin: Menschen bilden ein Wahlkreuz während einer Demonstration für eine Agrarwende unter dem Motto «Wir haben es satt!» im Berliner Regierungsviertel auf der Reichstagswiese.(Quelle:dpa/F.Sommer)
Video: rbb|24 | 18.01.2025 | Material: rbb24 Abendschau, rbb24 Brandenburg aktuell | Bild: dpa/F.Sommer

Ökologische Landwirtschaft von der Bauern leben können: Mit der Forderung nach einer Agrarwende haben sich am Samstag rund 3.500 Menschen an der Demonstration "Wir haben es satt" beteiligt. Wegen dem MKS-Ausbruch ohne Traktoren.

Tausende von Demonstranten haben im Berliner Regierungsviertel gegen die bisherige Agrarpolitik protestiert. "Gemeinwohl vor Konzerninteressen" forderten sie auf Transparenten, während zeitgleich auf dem Gelände am Funkturm im Berliner Westen die Grüne Woche ihre Tore geöffnet hatte. Sie gilt als eine der größten Messen für Ernährung und Landwirtschaft weltweit und eine mit den meisten Besuchern in Berlin.

Zu der Demonstration aufgerufen hatte das Bündnis "Wir haben es satt", das nicht zuletzt die Bundesregierung kritisierte: Sie habe "dem größten Rollback in der Agrarpolitik seit Jahrzehnten", also einem erheblichen Rückschritt, tatenlos zugesehen. Wie bei früheren Regierungen sei der Umbau der Tierhaltung liegen gelassen worden.

Die Polizei zählte am späten Nachmittag rund 3.500 Personen bei der Demonstration, die Veranstalter von "Wir haben es satt!" nannten etwa 9.000 Teilnehmer. Trecker waren wegen der Maul- und Klauenseuche dieses Mal nicht dabei. So soll eine mögliche Verbreitung der in Brandenburg ausgebrochenen Tierseuche verhindert werden.

Bündnis fordert genug Geld für die Landwirte

"Wir alle wollen gesunde Lebensmittel. Wir alle wollen Tierwohl, Umwelt- und Klimaschutz. Die kommende Bundesregierung muss bäuerliche Betriebe dabei endlich adäquat unterstützen", forderte Kampagnenleiterin Anne Kambraks.

Das Bündnis, zu dem rund 60 verschieden Organisationen zählen, macht sich unter anderem für ein Gesetz stark, das kostendeckende Erzeugerpreise und die Finanzierung von Tierschutz- und Umweltmaßnahmen sichern soll.

Auf der Wiese vor dem Reichstagsgebäude bildeten Demonstranten ein großes Kreuz - wie die Wählerinnen und Wähler es bei der Bundestagswahl im Februar machen können. Auf großen Bannern auf dem Rasen war der Schriftzug "Mutige Agrarpolitik Wählen!" zu lesen.

Protestnote an den Landwirtschaftsminister Cem Özdemir

Schon morgens überreichten Aktivisten vor einer Agrarministerkonferenz eine Protestnote an Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne). Sie forderten ihn und seine internationalen Amtskollegen dazu auf, die Bauern vor die Interessen der Konzerne zu stellen.

"Alle Menschen, die auf dem Land leben und arbeiten, müssen in die politische Gestaltung unserer Ernährungssysteme einbezogen werden", heißt es in der Protestnote. Zu häufig würden Bäuerinnen und Bauern weltweit vor vollendete politische Tatsachen gestellt.

Özedemir selbst war Samstag am Rande der Grünen Woche auf einer internationalen Agrarministerkonferenz. Hier kamen Regierungsvertreter aus knapp Staaten zusammen. Hier wurde unter anderem über eine stärkere Verwendung nachwachsender Rohstoffe diskutiert.

Der Bundeslandwirtschaftsminister erklärte, dass er große Chancen einer breiteren Verwendung nachwachsender Rohstoffe - aber auch einen klaren Vorrang für die Lebensmittelproduktion. "Der Teller muss immer an erster Stelle kommen, dann kommen die anderen Nutzungen", sagte der Grünen-Politiker. Biobasierte Innovationen seien "echte Gamechanger", die fossilen Rohstoffen den Rang ablaufen könnten.

EU-Agrarkommissar wandte sich gegen Forderungen

EU-Agrarkommissar Christophe Hansen sagte, es gebe für die Branche viel Potenzial, neben der klassischen Landwirtschaft zu einer Kreislaufwirtschaft beizutragen. Dies bedeute auch zusätzliche Einkommensquellen, erläuterte er etwa mit Blick auf Bioenergie. Bei Bioökonomie geht es

Anlässlich einer Demonstration für mehr Klima-, Umwelt und Tierschutz in der Landwirtschaft am Rande der Grünen Woche wandte sich der EU-Kommissar gegen Forderungen, Gesetze in diesem Bereich zurückzudrehen. Man müsse es aber fertigbringen, die Landwirte über finanzielle Anreize auf dem Weg zu Praktiken mitzunehmen, die dem Klima und der Biodiversität zugutekommen. "Unsere Landwirte sind bereit, das zu tun. Wir dürfen das nur nicht von oben nach unten machen." Özdemir sprach sich für praktisch umsetzbare Lösungen aus. Auch Einheitslösungen funktionierten in einer vielfältigen EU nicht.

 

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 18.01.2025, 19:30 Uhr

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73 Kommentare

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  1. 73.

    Wieviel Agraprodukte kommen denn all unseren geliebten Haustieren zu Gute?
    Da gibt es schließlich auch Bevölkerungsgruppen die da ganz neidisch werden.
    Oder sollten Tier und Mensch da doch dieses eine Gen von Meerschweinchen verpasst bekommen, so das man Nahrung noch 2 bis 3 mal wieder zu sich nehmen kann.

  2. 72.

    Ich verstehe ihre Antwort auf meinen Kommentar nicht, der wiederum eine Antwort auf eine völlig unsinnige Behauptung war, in der es hieß ökologische Landwirtschaft wäre "grüne Ideologie".

    Ich habe darauf hingewiesen seit wann ökologische Landwirtschaft existiert. Ich habe in keinster Weise mich für, noch gegen konventionelle Landwirtschaft ausgesprochen.

  3. 71.

    Da lebe ich wohl in einer völlig anderen Welt. Ich sehe die Grünen als Partei der bürgerlichen Mitte, die - zugespitzt gesagt - aus welchen Gründen auch immer im Bioladen einkauft und dagegen ist im Grunde nichts verwerfliches. Als Gewerkschafter ist mir die Partei mangels Sozialer Flügel fremd, für was alles sie aber in jüngster Zeit herhalten muss, ist gelinde gesagt feindliche Verdummungspropaganda, dagegen nehme ich sie in Schutz und für ihre Aussen- und Aufrüstungspolitik kritisiere ich sie.
    Und bitteschön, wo hat die von ihnen genannte Partei "Machtoptionen"? Ich rede die zweistelligen Prozente keineswegs klein, aber im Osten wird sie von 70 Prozent der Wählenden nicht gewählt, bei der Bundestagswahl werden es 80 Prozent sein. Dennoch ist Gefahr in Verzug, gegen die die Brandmauer hoffentlich schützt. Dass die Grünen den rechten Rand stärken, ist Unfug; der rechte Rand ist m. E. stark, weil die bürgerliche Mitte 30 Prozent der Bevölkerung vergessen hat.

  4. 70.

    Gründüngung gibt es auch in der konventionellen Landwirtschaft. Der Anbau von Lupine bringt Vorteile für die Böden und die Frucht findet Verwendung in vegetarischen und veganen Lebensmitteln. Es ist ja nicht so, dass die heutige Urbanisierung zur Abschwächung sozialer Probleme führte. Gegen Hunger kann sowohl ökologische als auch konventionelle Landwirtschaft helfen, alle anderen sozialen Probleme löst sie nicht. Ich halte es für falsch, die konventionelle Landwirtschaft zu verteufeln. Gerade die kümmert sich nicht nur um das, was auf dem Teller landet, sondern produziert viele Erzeunisse, die industriell weiterverarbeitet werden. Genau das ist vielen Menschen nicht bewusst.

  5. 69.

    Lenken Sie mit Ihrem Geschwurbel nicht vom Thema ab. Die Grünen haben mit der Demo nicht unmittelbar was zu tun. Und wer sich dem Thema wertneutral nähert, erkennt, dass Massentierhaltung, Qualtransporte und Kunstdünger nicht die Lösung sind, sein können.

  6. 68.

    Wie weit rechts muß man eigentlich stehen um ökologische Landwirtschaft als "grüne Ideologie" zu diffamieren?

    Ökologische Landwirtschaft gab es schon, da war an die Grünen und die Bundesrepublik noch überhaupt nicht zu denken.

    "Abgesehen von der bereits 1786 von Johann Christian Schubart eingeführten Fruchtfolgewirtschaft mit Kleeanbau als Gründünger und Beginn der Düngung mit Dung durch Stephan Gugenmus (um 1769) reichen die Anfänge des ökologischen Landbaus im engeren Sinne in die 1920er Jahre zurück, die Zeit der sogenannten Lebensreform-Bewegung. Diese war eine Reaktion auf die zunehmende Urbanisierung und Industrialisierung um die Jahrhundertwende und die damit einhergehenden sozialen Probleme."

  7. 67.

    „Aber links sind die Grünen nicht.“
    Die Grünen sind soweit links, dass sie als Bedrohung angesehen werden und den rechten Rand stärken. Die daraus folgende Machtoption für die AfD kann nur noch mit einer „Brandmauer gegen Grüne“ der demokratischen Mitte verhindert werden.

  8. 66.

    Liegt da womöglich eine Verwechslung vor? Ich kann nicht nachvollziehen, an welcher Stelle mein Statement "einseitig und verbittert" ist. Und gegen die Demo habe mich mich schon gar nicht ausgesprochen - ganz im Gegenteil, ich teile das Anliegen. Weiter unten habe ich mich zu einem Kommentar von "Totti" geäussert, den ich gruselig finde, weil da ganz viel vom von ihnen zu recht monierten "Weiter so auf Kosten der jungen Generation und der Tiere" drinsteckt.

  9. 65.

    Was passiert denn dann an den Grenzen ? Die verbrauchssteuerpflichtigen Anlieger kaufen dann günstig im Ausland ? Die heute schon alle Polen einkaufen, verursachen ja schon große Löcher im Steuersäckel.

  10. 64.

    Die Förderung einer umweltfreundlichen und klimaschonenden Landwirtschaft kommt den Landwirten und den Verbrauchern zu Gute. Bei der Herstellung von Lebensmitteln müssen die Umweltfolgekosten berücksichtigt werden und Kostenwahrheit hergestellt werden.

  11. 63.

    Wie Sie darauf kommen, dass ich die Demo herablassend bewerte, ist mir ein Rätsel! Ich tue vielmehr das Gegenteil und habe die Demo - deren Anliegen ich teile - gegen einen in der Tat abwegigen Kommentar weiter unten verteidigt. Meine neuerliche Äusserung bezieht sich auf abermaligen Unfug des Kommentators.

  12. 61.

    Es kann doch jeder essen, was er für richtig hält. Beim pro-Kopf-Fleischverbrauch sind wir nur auf Platz 33 weltweit. Soviel zu den 'feisten' Deutschen.

  13. 60.

    Wie einseitig und verbittert ihr Kommentar ist.
    Weiter so auf Kosten der jungen Generation und der Tiere.
    Gruselig.

  14. 59.

    Fakt ist, dass Sie ihre Zahlen aus der Glaskugel haben. Laut jüngstem ARD-Deutschlandtrend käme die SPD auf 15 und die Grünen auf 14 Prozent - ihren 87 stehen somit 71 Prozent gegenüber. Die 20 Prozent für die von ihrnen favorisierte Partei sind gegenüber den 80 Prozent, die andere Parteien wählen, vorläufig zu vernachlässigen. Da ist nichts fiktiv, das sind belastbare Zahlen. Die 48 Prozent unentschlossener Wähler von Forsa werden sich proportionl auf alle Parteien verteilen, so dass sich das Ergebnis nicht signikikant verändert.
    Lustig finde ich, dass ihnen zu meinem Argumet bezüglich nicht an der Demo teilnehmender Landwirte nichts einfällt Macht aber nichts, mit der heißen Luft, die Sie da ablassen, können Sie ja ihre Wohnung heizen und das wäre dann fürs Klima gut.

  15. 58.

    Unsere Politiker begreifen es doch nicht um was es geht, es wird wieder viel versprochen was nachher nicht eingehalten wird schon gar nicht jetzt im Wahlkampf.

  16. 57.

    Selbst wenn alle Abschreibungen, Vergünstigungen, legale und halblegale Tricksereien wegfallen treffen diese genannten 25% die Omma mit Minirente ungleich schwerer wie den jungen, erfolglosen Investmentbanker. Erstere muss mit dem Hunni ein oder zwei Wochen auskommen, letzterer wischt sich mit diesem Hunni den Allerwertesten. Das wäre die menschliche Seite. Die Wirtschaftliche wären die Einkaufsmöglichkeiten in angrenzenden Ländern mit geringeren Steuersätzen und damit einhergehenden Verlusten im hiesigen Handel. Je lohnender der Steuerunterschied, je höher der persönliche Sparerfolg, desto größer die "Wanderungsbewegung".

  17. 56.

    Bingo! So sieht es aus! wir (mit Grundsicherung) zahlen über die Hälfte für Lebensmittel. Merz und Lindner erzählen Märchen!

  18. 55.

    "Lesen Sie doch einfach mal die sehr informative Seite mit dem Demo-Aufruf."
    Done. Da steht "Sozial gerechte Agrarwende". Die "Agrarwende" würde Nahrung verteuern, also Armut verschärfen. Die Armut wollen sie dann aber gerecht verteilen? Nein Danke :)

  19. 54.

    "Verbrauchssteuer. Das ist das Gerechteste, was es gibt, weil jeder dann entsprechend seines Konsums besteuert wird."
    Das ist das Ungerechteste was es gibt, weil arme Menschen fast ihr gesamtes Einkommen ausgeben müssen und deshalb hoch besteuert würden, während Reiche nur einen geringen Anteil ihres Einkommens für Konsum ausgeben. Der Löwenanteil bliebe unversteuert.