Menschen feiern auf dem CSD (Christopher Street Day) am 22.07.2023 in Berlin. (Quelle: Picture Alliance/ZUMA Press Wire/Michael Kuenne)

500.000 Teilnehmer erwartet CSD-Parade zieht durch Berlin

Stand: 27.07.2024 13:13 Uhr

In Berlin hat die Demo zum Christopher Street Day begonnen. Das Motto lautet "Nur gemeinsam stark - für Demokratie und Vielfalt". Berlins Regierender Bürgermeister Wegner rief zur Verteidigung von Vielfalt und Toleranz in der Gesellschaft auf.

  • CSD-Route führt von Leipziger Straße über Nollendorfplatz und Urania zur Siegessäule
  • Abschlusskundgebung zwischen Siegessäule und Brandenburger Tor, Ende ist um Mitternacht
  • Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hält nicht die Eröffnungsrede
  • Herbert Grönemeyer bei Abschlusskundgebung

Beim Christopher Street Day (CSD) ziehen seit Samstagmittag mehrere tausend Menschen durch die Berliner Innenstadt, um für die Rechte queerer Personen zu demonstrieren. Der Berliner CSD, zu dem weit mehr als der Demonstrationszug gehört, ist eine der größten Veranstaltungen der lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans-, intergeschlechtlichen und queeren (LGBTIQ) Community in Europa. Genaue Teilnehmerzahlen liegen noch nicht vor. Die Organisatoren hatten im Vorfeld bis zu 500.000 Menschen erwartet.

Die geplante Berliner Demo führt von der Leipziger Straße über den Nollendorfplatz über die Urania zur Siegessäule. Startpunkt war um 11:30 Uhr auf der Leipziger Straße, Ecke Spittelmarkt. Der Berliner Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hielt in diesem Jahr zwar nicht die Eröffnungsrede, hatte aber sein Kommen angekündigt.
 
Zum Auftakt des CSD rief er zur Verteidigung von Vielfalt und Toleranz in der Gesellschaft auf. "Berlin ist und bleibt die Stadt der Freiheit und der Menschenrechte", sagte der Regierende am Vormittag. Er verwies darauf, dass in der queeren Community viele Menschen aktuell beunruhigt seien, "dass Berlins weltoffenes, tolerantes Klima in Gefahr ist".
 
Eröffnet wurde die diesjährige Veranstaltung vom CSD-Vorstand und von der Aktivistin Sophie Koch von der "LAG Queeres Netzwerk Sachsen". Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) hielt ein Grußwort. Eigentlich ist die Eröffnung durch die Senatsspitze Tradition, doch es hatte im Vorfeld Unstimmigkeiten wegen Forderungen seitens des Trägervereins des CSD gegeben, die der CDU-Politiker und der Senat erfüllen sollten.

Grönemeyer bei Abschlusskundgebung

Die Abschlusskundgebung, die nach Angaben der Veranstalter in diesem Jahr deutlich länger ausfallen soll als in den Vorjahren, ist ab 15:30 Uhr für den Bereich zwischen Siegessäule und Brandenburger Tor geplant, der CSD endet dann gegen Mitternacht.
 
Als Special Guest wird dabei Musiker Herbert Grönemeyer erwartet. Der Sänger werde auf der Bühne der Abschlusskundgebung am Brandenburger Tor dabei sein, gaben die Veranstalter bekannt. "Er steht wie kein anderer für das diesjährige CSD-Motto "Demokratie und Vielfalt" ein", hieß es. Grönemeyer engagiere sich seit Jahrzehnten sozial und politisch, gerade auch für dieses Land und seine Demokratie. Der Musiker soll ab 22:30 Uhr auf der Bühne auftreten.

Dunkle Regen- und Gewitterwolken sind über dem Strausberger Platz und dem Fernsehturm zu sehen. (Quelle: dpa/Wolfgang Kumm)
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Regen und warme Temperaturen erwartet

Die Teilnehmer werden wohl bei trübem Wetter demonstrieren und feiern müssen. Zum Mittag rechnete der Metereologe Roland Vögtlin mit Regen in der Hauptstadtregion. Wo genau ein erwartetes Starkregenband durchziehe, sei hingegen noch offen. Die gute Nachricht: Es bleibt mit etwa 23 Grad Celsius relativ warm und mild – und ab dem Nachmittag ziehen die Wolken samt Regen dann erst einmal Richtung Osten ab. Dann könnte es, wenn auch recht kurz, etwas Sonne geben. Zum Samstagabend hin steige dann die Schauer- und Gewitterneigung erneut an, so der Metereologe. "Und dann wiederholt sich das Ganze".

Blick auf Gefahren durch rechte Gruppierungen

75 Trucks sollen in diesem Jahr mitfahren, etwa 100 Fußgruppen seien auf den siebeneinhalb Kilometern dabei, so die Veranstalter. Das Motto für 2024 lautet "Nur gemeinsam stark – Für Demokratie und Vielfalt". Denn man merke, so CSD-Vorstandsmitglied Marcel Voges auf Nachfrage des rbb, dass "der Ton gegen die queere Community immer rauer wird und ein regelrechter Kulturkampf gegen uns geführt wird".
 
Es gebe, so Voges weiter, große Unsicherheit und Angst innerhalb der queeren Community, dass sich das Erstarken von Parteien wie der AfD irgendwann auch in queerfeindlichen Gesetzen widerspiegeln könne. Davor wolle man rechtzeitig warnen und mit dem diesjährigen Motto ein klares Zeichen setzen. "Wir alle blicken mit großer Sorge auf den zunehmenden Hass".
 
Der Berliner CSD lenke mit dem Motto den Blick "auf die Gefahren der AfD und jeder anderen rechten Gruppierung, unabhängig von ihrem religiösen oder kulturellen Hintergrund", heißt es auf der Website des CSD. [csd-berlin.de].

Wir merken, dass der Ton gegen die queere Community immer rauer und ein regelrechter Kulturkampf gegen uns geführt wird

Berlin feiert den CSD seit 1979

Der erste "Christopher Street Day" in Berlin fand am 30. Juni 1979 statt. "Gay Pride" war das Motto, unter dem in West-Berlin 450 Demonstranten auf die Straße gingen. Ziel des CSD Berlin war es, die Sichtbarkeit von LGBTIQ in der Stadt und in Deutschland insgesamt zu fördern und für gleiche Rechte und gegen Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung zu demonstrieren.
 
Mit dem CSD wird vielerorts an Ereignisse im Juni im Jahr 1969 in New York City erinnert: Dort hatten in der Bar "Stonewall Inn" in der Christopher Street Schwulen, Lesben und trans Personen gegen immer wieder stattfindende gewalttätige Razzien der Polizei protestiert. Der Aufstand mündete in tagelange Straßenschlachten mit der Polizei.

Berlins erster Queerbeauftragter, Alfonso Pantisano (r-l), Joe Chialo (CDU), Berliner Senator für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt, Kai Wegner (CDU), Regierender Bürgermeister von Berlin, und Bärbel Bas (SPD), Präsidentin des Deutschen Bundestages, stehen bei der 45. Berlin Pride-Parade zum Christopher Street Day (CSD) auf einem Wagen zusammen. (Quelle: dpa/Fabian Sommer)
CSD geht für Aufnahme queerer Menschen in Gleichberechtigungs-Artikel auf die Straße

In der kommenden Woche nehmen voraussichtlich eine halbe Million Menschen am Christopher Street Day in Berlin teil. Die Organisatoren erwarten vom Regierenden Bürgermeister Kai Wegner mehr Einsatz für ihre Kernforderungen.mehr

Viele CSDs sorgen für viel Sichtbarkeit

Seither wird in New York am letzten Samstag im Juni mit einem Straßenumzug daran erinnert. Daraus ist eine internationale Tradition geworden. In Deutschland gibt es inzwischen in beinahe jeder größeren Stadt einen CSD.
 
Konkurrenz mache man sich da aber nicht. "Viele von uns gehen zu mehreren CSDs", sagt der Berliner CSD-Vorstand Marcel Voges. Man stärke sich eher gegenseitig. "Sichtbarkeit ist überall wichtig, egal ob auf dem Land oder in der Stadt".
 
Allerdings seien die Herausforderungen häufig unterschiedlich. In diesem Jahr habe man beispielsweise das Thema Ostdeutschland im Rahmen des Pride Month "stärker gesetzt". Denn die Community in den ostdeutschen Bundesländern habe große Sorge bezüglich der anstehenden Landtagswahlen.
 
Apropos Pride Month: Der CSD Berlin ist mehr als nur die große Demo. Der Pride Month umfasst eine Vielzahl von Veranstaltungen, wobei die abschließende Pride Week viele Festivitäten beinhaltet - von Filmvorführungen bis hin zu Pride-Boat-Partys.

Menschen mit Regenbogenfahnen beim Queensday Straflenfest im Holländischen Viertel im Rahmen des Christopher Street Days in Potsdam, 11. Mai 2024.(Quelle:imago images/M.Müller)
Berlin und Brandenburg starten in die Pride-Saison

Der Juni ist seit vielen Jahren in der queeren Szene als "Pride-Monat" etabliert. Dabei geht es um Sichtbarkeit, Toleranz und Selbstbewusstsein von LSBTI-Personen. In Berlin und Brandenburg finden zahlreiche Veranstaltungen und Demos statt.mehr

Weitere CSD-Demonstrationen 2024 in der Region
 

    14. September: CSD in Frankfurt (Oder)
     
    Grenzüberschreitend ist der Pride in Frankfurt (Oder) und der polnischen Nachbarstadt Slubice. Das genaue Programm ist noch nicht bekannt, aber es soll wieder eine Demo-Route über die Oderbrücke zwischen den beiden Ländern geben.


     
    21. September: CSD in Oranienburg (Oberhavel)
    Der letzte CSD in diesem Jahr in der Region findet in Oranienburg statt. Geplant ist eine Demo ab 13 Uhr an der Lehnitzstraße/Lindenstraße.
     

Sendung: rbb24 Inforadio, 27.07.2024, 14 Uhr