Füchse-Trainer Jaron Siewert. Bild: picture alliance/dpa | Andreas Gora

Berlin Dramatisches Unentschieden gegen Magdeburg – Füchse legen Einspruch ein

Stand: 08.12.2024 21:51 Uhr

Die Füchse Berlin haben es verpasst, das Prestigeduell gegen den SC Magdeburg vorzeitig zu entscheiden. Nach einseitiger erster Hälfte verspielten die Berliner einen großen Vorsprung. Nach der Partie legten die Füchse Einspruch gegen das Ergebnis ein.

Remis mit Fragezeichen: Die Füchse Berlin haben in der Handball-Bundesliga einen fast schon sicher geglaubten Sieg gegen den SC Magdeburg noch verspielt. Trotz deutlicher Halbzeitführung mit sechs Toren, reichte es am Ende nur zu einem 31:31-Unentschieden. Bester Torschütze der Berliner war Mathias Gidsel. Die Gäste aus Magdeburg setzten dem eine beeindruckende Aufholjagd nach der Pause entgegen.
 
Nach der Partie teilte der Berliner Handballklub allerdings mit, er werde Einspruch gegen die Wertung einlegen. Grund sei ein nicht gegebenes Tor von Lasse Andersson im zweiten Durchgang.

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Gidsel-Show macht Magdeburgs Abwehr mürbe

Dieses Ostderby erlebte einen flotten Start. Beiden Teams gelangen schnell die ersten Tore in einer sehr lauten und vollen Max-Schmeling-Halle. Die Füchse leisteten sich dann als erstes Team eine kleine Schwächephase im Angriff, nahmen gegen die anfangs gut sortierte Magdeburger Defensive einige wilde Würfe, die weit über das Tor flogen. Aber die Berliner konnten sich auf ihren Torwart verlassen. Dejan Milosavljev meldete sich mit ersten Paraden in der Partie an und sorgte so dafür, dass aus der kleinen Schwäche seiner Vorderleute kein nennenswerter Rückstand entstand.
 
Im Gegenteil: Nach rund zweiminütiger Schaffenskrise wurde die Füchse-Offensive wieder flüssiger. Angeführt vom einmal mehr als großartigen Mathias Gidsel fanden die Berliner Mittel und Wege durch die Magdeburger Abwehr - zur Not durch Einzelaktionen von Gidsel. Der traf mal mit brutal schnellen Würfen aus dem Rückraum – bei einem wurde der Ball mit über 115 Kilometern pro Stunde gemessen, dann wieder artistisch. Als ihn ein Magdeburger Verteidiger umklammerte und mit dem Rücken zum Tor drehte, warf Gidsel einfach aus dem Unterarm hinter sich zum Tor ohne hinzuschauen und traf dennoch. Zur Halbzeit hatte der Welthandballer bereits zehn Tore erzielt.

Mathias Gidsel bei einem Sprungwurf. Bild: IMAGO/Daniel Lakomski

Der Mann der ersten Hälfte: Welthandballer Mathias Gidsel.

Magdeburger Torhüter nur Strohpuppen

Während die Abwehr der Gäste sich zunächst mit viel Härte größte Mühe gab, den Berliner Angreifern die Abschlüsse so schwer wie möglich zu machen, waren die Torhüter des SC nicht in der Berliner Halle angekommen. Nach einer Viertelstunde standen beide Magdeburger Keeper noch gänzlich ohne Parade da. Auf der anderen Seite hatte Dejan Milosavljev da gerade einen Siebenmeter gehalten, es war seine dritte Parade im Spiel, kurz darauf ließ er die vierte folgen.
 
Die Füchse erspielten sich so Stück für Stück einen Vorsprung, erst betrug er zwei Tore, dann drei, nach 25 Spielminuten war er auf vier Tore angewachsen. Da hatten die Magdeburger Torhüter Sergey Hernández Ferrer und Nikola Portner trotz eines munteren Wechselspiels immer noch keinen Ball gehalten. Die Berliner spielten sich langsam in einen Rausch, den auch die Magdeburger Härte nun nichtmehr zu stoppen vermochte. Christian O’Sullivan sah nach einem Foul gegen den ebenfalls stärker werdenden Lasse Andersson sogar die rote Karte. Zur Pause führten die Berliner bereits mit 23:17. Eine in den vergangenen Jahren selten gesehene Dominanz in diesem stets umkämpften Duell.

Magdeburg macht eine ganze Hälfte in 14 Minuten vergessen

Diese Dominanz der Füchse war in der zweiten Hälfte aber schnell dahin. Magdeburg kam gut aus der Kabine und spätestens als fünf Minuten nach Wiederbeginn Sergey Hernández einen Siebenmeter von Tim Freihöfer hielt und damit die erste (!) Torwartparade für den SCM in diesem Spiel beisteuerte, drehte sich das Momentum. Kurz darauf vergab auch der bislang fehlerlose Gidsel zum ersten Mal eine Chance. Im Eins-gegen-Eins scheiterte auch er an Hernández, nach zuvor elf erfolgreichen Versuchen. Magdeburg brauchte keine Viertelstunde, um die überragende erste Hälfte der Berliner vergessen zu machen, in der 45. Minute traf Matthias Musche zum Ausgleich – 27:27.
 
Die Dinge hatten sich gedreht - im Feld, wo statt des alles überstrahlenden Fuchs Mathias Gidsel nun der Magdeburger Magnus Saugstrup im Fokus stand, den die Berliner Abwehr nichtmehr in den Griff bekam - und in den Toren, wo nun der Berliner Trainer Jaron Siewert sein Glück mit Wechseln versuchte, weil Dejan Milosavljev eine gefühlte Ewigkeit ohne Parade blieb, während sein Gegenüber Hernández immer öfter als Sieger aus den Duellen mit Berliner Angreifern hervor ging.

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Beide Teams haben in den Schlusssekunden die Chance auf den Sieg

Kurz wirkten die Berliner geschockt ob des Verlustes dieser deutlichen Führung. Dann begannen sie zu kämpfen. Es entwickelte sich das eigentlich von Beginn an erwartete enge, packende Handball-Duell, in dem auch Bankspieler wie Füchse Urgestein Fabian Wiede ihre Rolle einnahmen. Zehn Minuten vor Schluss brachte er die Berliner wieder mit zwei Toren in Führung (30:28). Auch Ersatz-Torhüter Lasse Ludwig arbeitete sich in die Partie. Seine zweite Parade mündete auf der anderen Spielfeldseite in einem Tor von Lasse Andersson.
 
Zwei Minuten vor Schluss verpasste Fabian Wiede beim Stand von 31:30 in einem Tempogegenstoß alleine vor dem Tor an Hernández die Vorentscheidung. Die Chance zum Ausgleich für die Magdeburger parierte aber Füchse-Torwart Lasse Ludwig und brachte die Max-Schmeling-Halle für die letzten anderthalb Minuten auf emotionale Höchsttemperatur.
 
Wenig zu sehen war in dieser Phase vom Welthandballer Gidsel. Er blieb das ganze Spiel über auf dem Platz und wirkte zusehends erschöpft. Kurz vor Schluss verlor er den Ball, Magdeburg machte das Spiel schnell und traf - 31:31, das Spiel war ausgeglichen. Der vermeintlich letzte Angriff gehörte den Berlinern. Und der endete frustrierend: Ein Stürmerfoul von Nils Lichtlein brachte acht Sekunden vor Schluss noch einmal die Gäste in Ballbesitz. "Wir gehen auf Sieg", sagte Magdeburgs Trainer Bennet Wieger seinen Spielern in der Auszeit. Zum Wurf kamen sie, aber der Versuch von Gisli Kristjansson flog am Berliner Tor vorbei.
 
Es blieb beim Unentschieden, was sich für die Füchse nach der deutlichen Halbzeitführung anfühlen musste wie eine Niederlage.

Nach der Partie: Einspruch

Im Nachgang der Partie legten die Füchse Einspruch gegen die Wertung ein. Fraglich aus Berliner Sicht war eine Szene nach gut 38 Minuten, beim Stand von 25:23 für die Berliner: Füchse-Spieler Lasse Andersson setzte einen Distanzwurf an die Unterkante der Latte, der Ball prallte von da auf den Boden - nach Meinung der Füchse befand sich der Ball dabei hinter der Torlinie. Doch das Spiel lief weiter.
 
Füchse-Manager Bob Hanning sagte hinterher, es habe sich um ein "völlig reguläres Tor" gehandelt. Es sei "von den Schiedsrichtern irregulär nicht gegeben", obwohl "klar erkennbar hinter der Linie".
 
Wann eine Entscheidung über den Einspruch gefällt wird, ist noch offen.
 
Tabellarisch bedeutet der - vorläufige - Punktverlust, dass die Füchse zwei Punkte Rückstand auf Tabellenführer MTV Melsungen und den Zweiten Hannover Burgdorf haben.
 
Sendung: rbb24, 08.12.2024, 21.45 Uhr