Berlin Hertha-Niederlage in Fürth in der Analyse: Alte Dame, alte Leier
Ohne Punkte kehren die Herthaner aus Fürth nach Berlin zurück. Im Zweitliga-Duell mit dem "Kleeblatt" stand die "Alte Dame" vor altbekannten Problemen. Fabian Reese stellt die Willensfrage. Von Anton Fahl
Der Schmerz überwiege den Stolz, hatte Hertha-Trainer Cristian Fiél unter der Woche zu Protokoll gegeben – nach dem bitteren Pokal-Aus in der 121. Minute beim 1. FC Köln und vor dem Auswärtsspiel im Liga-Alltag in Fürth. "Es geht immer darum, zu gewinnen", sagte Fiél über den vielzitierten "Ergebnissport" Fußball und kündigte an: "Wir müssen am Samstag liefern. Das ist unser Job."
Und tatsächlich sah der Coach, wie Hertha BSC gut in das Zweitliga-Duell bei der SpVgg Greuther Fürth startete. Weder von einem mentalen noch von einem physischen Kater war nach der Pokal-Niederlage zunächst etwas zu spüren. Wie schon im Rheinland war es Ibrahim Maza, der in der 5. Minute die erste Großchance nutzte und die Berliner früh in Führung schoss. Eine positive Erkenntnis dieser Woche: Der 19-jährige, hochveranlagte Offensivspieler aus dem eigenen Nachwuchs beweist schon jetzt im wahrsten Sinne des Wortes Führungsqualitäten.
Hertha schaltet zu früh in den Verwaltungsmodus
So war es aus Berliner Sicht ein denkbar günstiger Beginn – wohlgemerkt beim heimschwächsten Team der 2. Bundesliga, das seit fünf Pflichtspielen nicht mehr gewonnen und zuletzt am ersten Spieltag vor heimischer Kulisse einen Dreier gefeiert hatte. "Das Spiel kann für uns kaum schlechter starten", sagte Fürths Trainer Jan Siewert nach dem Abpfiff am "Sportschau"-Mikrofon. "Aber dann so zurückzukommen, die Fans hinter sich zu bringen und die Bereitschaft zu zeigen, dieses Spiel zu gewinnen - da kann ich nur sagen: Chapeau!"
Denn auch wenn in der ersten halben Stunde nahezu alles zu Gunsten der Herthaner lief, schaltete das Team von Trainer Fiél im Laufe der ersten Hälfte zu früh in den reinen Verwaltungsmodus und verfiel zunehmend in altbekannte Muster. Im Zentrum ließ der Berliner Defensivverbund die Fürther, zumal in Strafraumnähe, viel zu unbehelligt gewähren – und gerade nach gegnerischen Standardsituationen stimmte die Mann- und Raumaufteilung zu häufig nicht. Deyovaisio Zeefuik und Jonjoe Kenny verhinderten mit riskanten Abwehraktionen zunächst noch den Ausgleich, doch letztlich belohnte der umtriebige "Kleeblatt"-Stürmer Noel Futkeu die Hausherren mit seinem ersten von zwei Toren an diesem Nachmittag noch vor dem Pausenpfiff (38. Minute). Wenig überraschend: nach einem ruhenden Ball.
Fiél: "Eine Niederlage, die schmerzt"
Im Berliner Offensivspiel war Stoßstürmer Luca Schuler im 4-2-3-1-System dagegen überhaupt kein Faktor, der linke Flügelspieler Jon Dagur Thorsteinsson erneut glücklos. Die wenigen Entlastungsangriffe über die Seite des Isländers verpufften regelrecht. Trainer Fiél reagierte, indem er die beiden Angreifer zum Wiederanpfiff nicht zurück auf den Rasen schickte.
Dennoch blieb Fürth auch in der zweiten Hälfte zunächst spielbestimmend – und Hertha zu harmlos. Futkeu traf in der 55. Minute – im Anschluss an einen Freistoß – zum 1:2 und setzte die Gäste unter Zugzwang. "Es ist eine Niederlage, die schmerzt. Wir beginnen gut und fangen dann an, schlampig und ungenau zu werden", befand ein sichtlich bedienter Fiél nach dem Schlusspfiff. "Wenn wir sehen, wie wir Tore kassieren, können wir nicht über Reisestress diskutieren. Wir machen zu viele Fehler und dann wird es einfach für den Gegner." Die alte Leier, dürfte so mancher Herthaner meinen.
Erst in der letzten halben Stunde bäumten sich die Berliner im Sportpark Ronhof noch einmal auf – und kamen in Gestalt der eingewechselten Florian Niederlechner und Fabian Reese auch zu mehreren vielversprechenden Abschlüssen. Doch das Powerplay der "Alten Dame" blieb ertraglos, woran auch die Ampel-Karte für Fürths Verteidiger Maximilian Dietz in der 77. Minute und die Vielzahl an Möglichkeiten nach Standardsituationen (zehn Ecken) nichts änderten.
Berliner Frust: Florian Niederlechner liegt in Fürth am Boden.
Enttäuschende Bilanz zwei Spieltage vor dem Ende der Hinrunde
"Wir haben den Gegner über weite Strecken des Spiels eingeladen, stark zu werden. Wir haben nicht unseren Matchplan gespielt", analysierte Reese. "Vielleicht hat auch das Quäntchen Wille gefehlt, um wirklich dieses Spiel zu gewinnen. Es ist einzig und allein uns selbst zuzuschreiben, dass wir nicht gewonnen haben."
Nach dem dritten Auswärtsspiel innerhalb von neun Tagen bekommt die "Alte Dame" einmal mehr die Erbarmungslosigkeit des Ergebnissports Fußball zu spüren. Nach einer Englischen Woche, die – vor allem in Form von Fabian Reeses Comeback – auch positive Begleiterscheinungen und Erkenntnisse mit sich brachte, steht unter dem Strich eine enttäuschende Bilanz: ein Sieg, zwei Niederlagen. Der Traum vom Pokalfinale im Olympiastadion bleibt ein Traum, die Aufstiegsränge zwar in Sichtweite – und doch stehen nach aktuellem Stand schon wieder sieben Konkurrenten zwischen Hertha BSC und einer möglichen Rückkehr ins deutsche Fußball-Oberhaus. Es ist die alte Leier.
Bis zur Winterpause und dem Ende der Hinrunde 2024/25 stehen für die Berliner noch das Heimspiel gegen den abstiegsbedrohten Aufsteiger Preußen Münster – was im Fußballjargon wohl als "Pflichtaufgabe" zu betiteln ist – und anschließend, am vierten Advent, das Gastspiel bei Hannover 96 auf dem Programm. "Es ist unser Job, für Punkte unser Bestes zu geben", sagte Cristian Fiél nach der Niederlage in Fürth. "Zwei Spiele sind noch – die wollen wir möglichst erfolgreich bestreiten. Dafür braucht man aber andere Leistungen."
Sendung: Antenne Brandenburg, 07.12.2024, 16:00 Uhr