Rosa-Luxemburg-Platz - Matthias Lilienthal übernimmt Leitung der Berliner Volksbühne

Fr 07.02.25 | 14:59 Uhr
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Matthias Lilienthal, neuer Intendant der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, aufgenommen während der Pressekonferenz anlässlich seiner Vorstellung am 07.02.2025. (Quelle: picture alliance/dpa/Soeren Stache)
Video: rbb24 Abendschau | 07.02.2025 | Thomas Rostek | Bild: picture alliance/dpa/Soeren Stache

Der Dramaturg Matthias Lilienthal wird neuer Intendant der Berliner Volksbühne. Der frühere Leiter des HAU und der Münchner Kammerspiele tritt damit die Nachfolge von René Pollesch an, der 2024 verstorben war.

Der Theatermacher Matthias Lilienthal übernimmt ab der Spielzeit 2026/2027 die Intendanz der Berliner Volksbühne. Er soll von einem beratenden Team unterstützt werden, das aus der österreichischen Performance-Künstlerin Florentina Holzinger und der kapverdischen Choreographin Marlene Monteiro Freitas besteht, wie Berlins Kultursenator Joe Chialo (CDU) mitteilte.

"Wir möchten die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz zu einem internationalen Ort des Theaters machen. Das ist unser Widerstand gegen eine Politik der Renationalisierung, ein lustvoller Widerstand", erklärte Lilienthal in einer Pressemitteilung.

Lilienthal bereits in den 90ern an der Volksbühne

Er habe die Volksbühne "bereits in der Ära Castorf als Labor künstlerischer Innovation mitgeprägt", teilte die Kulturverwaltung über den designierten Intendanten mit.

Holzinger, die schon mehrfach an der Volksbühne inszeniert hat, bildet mit Freitas ein sogenanntes Artistic Board. Die mehrfach ausgezeichnete Österreicherin ist bekannt für ihre spektakulären Bühnenstücke - zuletzt etwa für die blutige und provokante Opernperformance "Sancta".

Als Frank Castorfs Chefdramaturg und Stellvertreter hatte Lilienthal zwischen 1991 und 1998 bereits an der Volksbühne gearbeitet. Von 2003 bis 2012 leitete er das HAU Hebbel am Ufer in Berlin. Er war auch Intendant der Münchner Kammerspiele.

Bekannt für experimentelles und avantgardistisches Theater

Lilienthal wurde 1959 in Berlin geboren und studierte Theaterwissenschaft an der Freien Universität. Nach ersten Engagements in Basel kam er Anfang der 1990er Jahre an die Volksbühne Berlin als Chefdramaturg und stellvertretender Intendant.

Der 65-Jährige ist bekannt für experimentelles und avantgardistisches Theater. Er setzt auf interdisziplinäre und performative Formate, die oft den traditionellen Theaterrahmen sprengen. Das kam bei Teilen des Münchner Publikums und der bayerischen Politik nicht immer gut an - aber bei der Kritik und Fachleuten, die die Kammerspiele unter Lilienthal zweimal in Folge zum "Theater des Jahres" wählten.

Sein Vorgänger Pollesch hatte die Leitung der Bühne 2021 übernommen. Zuvor war er dort seit 2001 als Autor und Regisseur unter der Intendanz von Frank Castorf tätig. Pollesch starb im Februar 2024 unerwartet. Eine Übergangsintendanz am Theater scheiterte daraufhin. Das deutsch-norwegische Künstlerduo Ida Müller und Vegard Vinge sollte ein Interims-Team bilden, sagte aber ab - spekuliert wurde, dass dies an den Kürzungen im Berliner Kulturetat lag.

Volksbühne streicht Produktionen

Das Dreierteam übernimmt keine leichte Aufgabe. Wie viele andere Kultureinrichtungen ist die Volksbühne von Sparmaßnahmen in der Hauptstadt betroffen. Das Haus muss in diesem Jahr zwei Millionen Euro einsparen. Er missbillige das extrem, sagte Lilienthal. Er versuche, dagegen zu lobbyieren und mit Chialo Lösungen für das Budget zu finden.

Die Kulturszene in Berlin ist in großer Sorge, seit der Berliner Senat bekannt gab, im Landeshaushalt insgesamt drei Milliarden Euro einsparen zu wollen. Als Reaktion auf die Sparmaßnahmen im Berliner Kulturetat hatte die Volksbühne angekündigt, zwei Produktionen für dieses Jahr zu streichen. "Wir werden im 1. Halbjahr in 2025 auf eine Produktion verzichten müssen und auf eine weitere in der 1. Hälfte der Spielzeit 25/26", hatte das Theater mitgeteilt. Dabei handle es sich um Stücke, die für das Große Haus im Kalenderjahr 2025 geplant waren.

Sendung: rbb24 Abendschau, 07.02.2025, 19:30 Uhr

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17 Kommentare

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  1. 17.

    Bin ja gespannt, mit was die Volksbühne jetzt, nach der Zeit von Blut, Fäkalien, Perversion unendlichem Geschrei, noch kommt.

  2. 16.

    So gepflegt wie Lindner oder Weidel sieht er nicht aus. Wer‘s mag.

  3. 15.

    Das muss so sein, damit er für sein Klientel persönlich glaubwürdig erscheint.

  4. 13.

    Meine Güte, diese leidliche Posse der Schaubühne lockt doch keinen mehr hervor. Den eigenen Ansprüchen hinterherlaufend, haben die Produktionen eher mit Sitzungen des Regisseurs beim Psychologen zu tun als mit dramaturgisch anspruchsvoller Schauspielerei. Seit nunmehr zwei Jahrzehnten pumpt der Senat Millionen in das Theater. Man stellt sich gerne mit großen internationalen Bühnen auf eine Stufe, doch weit gefehlt. Das ist mitnichten so. An anderen Theatern, selbst in der Provinz, gibt es weitaus anspruchsvollere Bühnenstücke als die der Schaubühne.

  5. 12.

    Wäre schön, wenn regelmäßig Produktionen beispielsweise Samstag - Sonntag Nachmittag gezeigt werden..Es gibt auch Personen außerhalb des Rings, die das nicht so spassig finden nachts am Alex stundenlang auf eine Bahn zu warten. Ist dann nur was für Autofahrer und Mitte- Bewohner.

  6. 11.

    Ich habe gerade seinen Werdegang gelesen, beeindruckend und Sie so?

  7. 10.

    Ich hingegen mache das Können und die Arbeit nie von Äußerlichkeiten abhängig. Gerade Authentizität ist bedeutender als ein Gesicht voller Botox und entsprechenden Filtern. Aber vielleicht würde auch er nicht gern mit oberflächlichen Menschen zu tun haben wollen, wer weiß das schon.

  8. 9.

    Wie kann man sich in der Öffentlichkeit derart ungepflegt präsentieren, dazu noch in dieser Position. Ich möchte mit diesem Herrn nicht zusammenarbeiten.

  9. 8.

    Sie drehen vollkommen Frei, indem sie sich herausnehmen zu wissen wer die breite Masse ist und was sie will. Dieses von ihnen als Maßstab auserkorene Publikum soll Ausschlag gebend dafür sein, was zu fördern sei. Solch ein Kulturbegriff ist, so meine Anmaßung bzw. Unterstellung, angepasst und reaktionär, kunstfern und borniert. Wenn nur förderungswürdig ist was Massen befriedigt, gleicht das den mundgerechten Parolen der alternativlos Vorgestrigen. Leider kann mir das nicht egal sein wie ihnen die Volksbühne. Aber danke für den Kommentar, zeigt er doch sehr eindrücklich wie sehr die Republik mittlerweile von umfreimachenden Gedanken unterwandert ist.

  10. 7.

    Ich weiß ja nicht genau, wo Sie Ihre Informationen her beziehen, aber Antisemitismusvorwürfe gegenüber z.B. der Stiftung Stadtmuseum oder der Opernstiftung wären mir neu.

  11. 6.

    Nein, die Schwimmbäder sind auch Zuschussbetriebe.
    Wie auch viele Sportstätten.
    Das ist einfach öffentliche Daseinsvorsorge.

    Im übrigen hat das BVerG allen Menschen ein Recht auf kulturelle Teilhabe zugesichert. Und damit ist nicht nur YouTube gemeint.
    Darum gibt es in allen öffentlichen Theatern auch sehr günstige Karten für Senioren, Studierende, Bürgergeld-Empfänger etc. Und die werden mitfinanziert durch den Staat.

    Weil nämlich Kultur der Ort ist, an dem ein Land sowohl sich auf seine eigene Tradition besinnt als diese auch weiter entwickelt, in dem über gesellschaftliche Werte nachgedacht, gestritten, verhandelt wird.
    Und das schließt ausdrücklich auch die Produktionen ein, die mir persönlich nicht gefallen. Auch diese sind: notwendig.

  12. 5.

    Ist er sattelfest links? Das wäre mir sehr wichtig!

  13. 4.

    Eine erfreuliche Entscheidung, da Lilienthal ein echterTheatermensch ist und schon viele gute Stücke mit Schauspielern erarbeitet hat! Zwar wäre mir Castorf noch lieber, aber das ist erst mal wieder ein Neubeginn!

  14. 3.

    Mir ist dieses Theater ziemlich egal. Mit den Stücken werden doch nur ein kleines Publikum angesprochen. Teilweise sehr provokant. Wer diese Art von Theater mag, soll es auch finanziell unterstützen. Die breite Masse wünscht sich eine andere Kultur.

  15. 2.

    Betrifft die Einsparung nicht überwiegend jene, die unter dem Verdacht stehen, antisemitisch zu agieren?

    Das ist doch vollkommen richtig.

  16. 1.

    Endlich wieder einmal eine gute Nachricht in diesen schwierigen Zeiten für die Berliner Kultur. Es ist gut, dass auch, wenn die Kultur weit überdurchschnittlich vom finanziellen Kahlschlag des GroKo-Senates betroffen ist (seeehr schlau im übrigen für eine Stadt, deren Steuereinnahmen zu einem guten Teil aus der Tourismus- und damit Kulturwirtschaft stammen), die Stadt und ihre Kulturszene offenbar immer noch attraktiv genug ist, um gute Theaterleute mit einen Gespür für die DNA der Volksbühne anzulocken - die früheren Arbeiten am HAU und auch die neueren Inszenierungen in München waren höchst anspruchsvoll, seine enge Vernetzung mit der freien Szene eröffnet auch hier gute Möglichkeiten, dass diese durch Kooperationsprojekte mit einem der großen Häuser in Berlin weiter Arbeitsmöglichkeiten dem Kahlschlag zumindest ein wenig die Stirn bieten kann.