Brandenburg - SPD und BSW billigen Koalitionsgespräche

Di 29.10.24 | 08:06 Uhr
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Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD, r.) schüttelt am 28.10.2024 Robert Crumbach, Landesvorsitzender des BSW Brandenburg, die Hand. (Quelle: dpa/Bahlo)
Video: rbb24 Brandenburg Aktuell | 29.10.2024 | H. Christ / H. Kessler / K. Neumann | Bild: dpa/Bahlo

Der Weg für Koalitionsgespräche zwischen der SPD und dem Bündnis Sahra Wagenknecht in Brandenburg ist frei. Beide Parteien stimmten am Montag entsprechenden Verhandlungen zu. Grundlage ist ein gemeinsam erarbeitetes Sondierungspapier.

  • Die SPD und das BSW in Brandenburg haben sich für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen ausgesprochen
  • Gespräche sollen kommenden Montag beginnen
  • Beim zentralen Thema Friedensbemühungen in der Ukraine zeigen sich beide Seiten einig

Die SPD und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) in Brandenburg können Koalitionsgespräche aufnehmen. Nach den Spitzengremien der SPD stimmte am Montagabend auch der Landesvorstand des BSW entsprechenden Verhandlungen zu, wie dessen Spitzenkandidat und Landtagsfraktionschef Robert Crumbach dem rbb mitteilte.

Basis der Koalitionsgespräche ist ein am Montag von den Unterhändlern von SPD und BSW vorgestelltes gemeinsames Sondierungspapier.

Am Vormittag hatten die beiden Parteichefs Dietmar Woidke und Robert Crumbach die Ergebnisse der mehrwöchigen Sondierungsgespräche vorgestellt und Koalitionsverhandlungen empfohlen. Die Verhandlungen sollen am kommenden Montag beginnen.

Woidke: "Wollen das Vertrauen in Politik umsetzen"

"Es gab nur eine Möglichkeit, eine Regierung zu bilden, wenn man nicht mit der AfD koalieren will", sagte Woidke bei der Pressekonferenz. "Das Vertrauen, das uns Wähler mit der Wahl geschenkt haben, müssen wir jetzt in Politik umsetzen."

Woidke betonte zugleich, dass bislang noch keine Regierungsbildung beschlossen sei. "Es ist erstmal nicht mehr als ein Vorschlag", so Woidke. "Wir haben uns darauf geeinigt, dass wir alles dafür tun wollen, dass es den Menschen in Brandenburg besser geht", auch wenn SPD und BSW in manchen Punkten unterschiedlicher Meinung seien.

BSW-Landeschef Crumbach sieht "erhebliche Schnittmengen"

BSW-Parteichef Crumbach sprach auf der Pressekonferenz von "vertrauensvollen Gesprächen" in den vergangenen Wochen. Für das neu gegründete BSW seien die anstehenden Aufgaben eine Herausforderung. "In den Sondierungsgesprächen galt es auszuloten, ob wir verlässlich und fair behandelt werden vom Partner", so Crumbach. Es gebe zwischen den Positionen der SPD und des BSW "erhebliche Schnittmengen, wie man Probleme, die da sind – wie Bildung oder andere Dinge" analysieren und lösen wolle.

Auf die Frage, wie die Bundesvorsitzende Sahra Wagenknecht zur Aufnahme von Koalitionsverhandlungen stehe, betonte Crumbach: "Das BSW Brandenburg ist das BSW Brandenburg." Man habe sich mit der Bundespartei allerdings immer "eng und gut" über den Verlauf der Sondierungsgespräche abgestimmt. "Sie können davon ausgehen, dass nicht nur Frau Wagenknecht diese Ergebnisse kennt."

BSW und SPD in Brandenburg einig beim Thema Frieden

Die Sondierungsgruppen haben sich zudem auf eine gemeinsame Position zum Krieg in der Ukraine geeinigt. Man wolle sich für eine diplomatische Lösung "durch Verhandlungen mit den Konfliktparteien mit dem Ziel von Waffenstillstand und dauerhaftem Frieden" einsetzen, hieß es im Entwurf des gemeinsamen Sondierungspapiers. Über konkrete Maßnahmen wolle man sich in Koalitionsgesprächen verständigen, ergänzte Woidke. BSW-Chefin Sahra Wagenknecht fordert eine klare Position zur Aufstellung von US-Mittelstreckenraketen und ein Eintreten für einen Waffenstillstand zwischen Russland und der Ukraine.

"Der Krieg wird nicht durch weitere Waffenlieferungen beendet werden können", heißt es in dem Papier der Sondierer. Ministerpräsident Woidke ergänzte, Waffenstärke genüge nicht, "das muss mit diplomatischer Klugheit kombiniert werden". Diese BSW-Forderung solle vertraglich im Koalitionsvertrag festgehalten werden.

Generalsekretär Kolesnyk: Formulierung zur Ukraine ist ein Kompromiss

Der Generalsekretär der Brandenburger SPD, David Kolesnyk, betonte am Dienstag im rbb24 Inforadio, in der Brandenburger Landesverfassung sei die Aufgabe der Landesregierung festgeschrieben, sich für Frieden und Verständigung einzusetzen. Deshalb hätten sich SPD und BSW auf eine Position zur Ukraine verständigt, auch wenn das Land Brandenburg selbst nicht über Waffenlieferungen zu entscheiden habe. Die gefundene Formulierung sei ein Kompromiss zwischen SPD und BSW. "Russland hat die Ukraine völkerrechtswidrig angegriffen, daher rührt auch das Recht und auch moralisch die Pflicht, warum man die Ukraine mit Waffenlieferungen unterstützen kann. Wir müssen trotzdem weiter alles tun, um diesen Krieg zu beenden."

SPD-Finanzministerin Katrin Lange betonte, dass der Entwurf des Sondierungspapiers als Grundlage der Koalitionsverhandlungen die Bemühungen schriftlich festhalte. BSW-Parteichefin Wagenknecht hatte gefordert, das Thema Friedenspolitik in die Präambel von möglichen Koalitionsverträgen aufzunehmen.

Bereits vor der Landtagswahl in Brandenburg hatte sich Dietmar Woidke mit Sachsens CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer sowie Thüringens CDU-Chef Voigt in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" Anfang Oktober für mehr diplomatisches Engagement Deutschlands zur Beendigung des russischen Kriegs gegen die Ukraine ausgesprochen. Woidke machte später aber auch deutlich, dass er Waffenlieferungen für die Ukraine weiter für notwendig hält.

SPD und BSW wollen Energiekosten senken

In ihrem Sondierungspapier erklären die Parteivertreter zudem, die Qualität in Kitas und Schulen zu verbessern und verbindliche Lehrpläne einführen zu wollen. Die berufliche Orientierung in Schulen soll gestärkt und die Beitragsentlastung aus dem Brandenburg-Paket entfristet werden.

Ziel sei außerdem die Senkung der Energiekosten, um den Wohlstand der Bürgerinnen und Bürger in Brandenburg zu sichern und auszubauen.

Wie aus dem Sondierungspapier hervorgeht, unterstützen SPD und BSW darüber hinaus die Zuwanderung von Fach- und Arbeitskräften, Brandenburg solle Asylberechtigten Schutz bieten. "Maßnahmen zur Eindämmung und Verhinderung irregulärer Migration werden unterstützt", heißt es.

Zudem betonten die Sondierer in ihrer Vereinbarung, alle Krankenhausstandorte erhalten zu wollen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte nach der Verabschiedung der umstrittenen Krankenhausreform eine Schließung von zahlreichen Krankenhäusern für nötig gehalten, da insbesondere auf dem Land viele Betten leer stünden, es an medizinischem Bedarf mangele und eine stärkere Spezialisierung erfolgen müsse.

Beratungen über Brombeer-Koalition schwierig

Eine Koalition aus SPD und BSW wäre neu in Deutschland. Seit Anfang Oktober haben die SPD unter Ministerpräsident Dietmar Woidke und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) unter Landeschef Robert Crumbach eine mögliche Regierungskoalition für Brandenburg ausgelotet. Nun müssen die Spitzen der Landesverbände von SPD und BSW der Aufnahme von Koalitionsgesprächen zustimmen.

In Sachsen und Thüringen geht es für das BSW ebenfalls um eine mögliche Regierungsbeteiligung, hier aber in einer Brombeer-Koalition, also aus CDU, BSW und SPD. In Sachsen wurden die Sondierungsgespräche vorerst unterbrochen, weil auch Abgeordnete aus der BSW-Fraktion einem Antrag der AfD auf einen Corona-Untersuchungsausschuss im Landtag zustimmten.

In Thüringen steht das Projekt auf der Kippe: Die Suche nach einem Kompromiss zu friedenspolitischen Forderungen, die Wagenknecht zur Voraussetzung für den Start von Koalitionsverhandlungen gemacht hat, war bisher erfolglos.

Sendung: Inforadio, 28.10.2024, 14:40 Uhr

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120 Kommentare

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  1. 120.

    „Bewährtes weiterführen wollen“
    Brandenburg ist im Vergleich zu den Letzten gehörig... seit über 3 Jahrzehnten. Demnach wissen Kenntnisreiche was sich nicht bewährt hat.

  2. 119.

    Immer noch besser, als die blauen Bonzen, mit ihrer Gier und Verlogenheit.

  3. 118.

    >"wenn beide Seiten Bewährtes weiterführen wollen, nee?"
    Bewährtes heißt ja nicht, dass alles gleich bleibt. Ja es gibt schon bewährte Strategien, Konzepte oder laufende Projekte, die nicht abgebrochen werden sollten. Auf anderen Gebieten hat sich eben auch einiges nicht bewährt und sollte verbessert werden bzw. zurück zu den Wurzeln. Bildung ist so ein Thema.

  4. 117.

    Selbstverständlich sitze ich im sicheren Berlin und darüber bin ich auch dankbar, da die NATO meinen Schutz garantiert. Ihren übrigens auch, es sei denn sie schreiben aus St. Petersburg.

  5. 116.

    Die AFD ist rechtsextrem und grenzt aus, deswegen will keine der demokratischen Parteien mit ihr koalieren. Sollten Rechtsextremisten Ihrer Meinung nach nicht ausgegrenzt werden?

  6. 115.

    >"das ich Kontakt zu Russen habe, denen erzähle ich immer was deutsche Medien so ablassen...und die lachen darüber...;-)"
    Das ist logisch, dass Russen, die nur Putins Propaganda empfangen, über uns hier lachen.
    Das ist ein Markenkern von Diktaturen, dass die auch sämtliche Medien in ihrer Gewalt haben und damit die Meinung beeinflussen. Doof nur für die Russen, dass die allermeisten eben außer Russisch keine andere Sprache kennen und damit auch andere Medien im Internet verfolgen können oder auch wollen. Da hatten wir Deutschen Glück. In der DDR Staatsmedien hier, aber in selber Sprache die andere Sicht von der anderen Seite.

  7. 114.

    Wolfgang helfen sie mir, Ich würde mir auch gern Putins Reden anhören. Das haben sie doch sicher gemacht, wenn sie das behaupten. Wo finde ich diese Reden? Leider sind meine Russischkenntnisse nur sehr dürftig, sodass ich sicher Verständnisprobleme haben werde. Schöner wäre deutsch. Putin soll ja recht gut die deutsche Sprache beherrschen. Da würde ich gern mal reinhören. Nur befürchte, wenn er öffentlich auftritt, nimmt er es wie fast alle Politiker , nicht ganz ernst mit der Wahrheit.
    Bitte keine Talk-Shows empfehlen. Diese Veranstaltungen sind nicht geeignet, um sich eine Meinung zu bilden. In der Regel dienen sie zur Meinungsmanipulation.

  8. 113.

    Und Sie können aus dem sicheren Berlin leichtfertig einen Siegfrieden verlangen, Sie sitzen ja nicht im Schützengraben. Wenn ein Waffenstillstand ausgehandelt wäre, würden auch die Angriffe mit Drohnen und Marschflugkörpern aufhören. Auch eine Eroberung der kompletten Ukraine wäre ausgeschlossen. Zwar hält Russland einen Grenzstreifen im Osten der Ukraine besetzt, doch umgekehrt steht auch ein Teil des Kursker Gebiets unter ukrainischer Kontrolle. Es wäre also Verhandlungsmasse vorhanden.

  9. 110.

    Aktuell heißt es:

    »Wir sind übereingekommen, dass wir uns … dafür einsetzen, eine diplomatische Lösung des Ukrainekonflikts und den Abbau der damit verbundenen Spannungen innerhalb Europas durch Verhandlungen mit den Konfliktparteien mit dem Ziel von Waffenstillstand und dauerhaftem Frieden voranzutreiben"

    und

    "Der Krieg wird nicht durch weitere Waffenlieferungen beendet werden können", heißt es in dem Papier der Sondierer. Ministerpräsident Woidke ergänzte, Waffenstärke genüge nicht, "das muss mit diplomatischer Klugheit kombiniert werden". Diese BSW-Forderung solle vertraglich im Koalitionsvertrag festgehalten werden.

    Da sind bestimmt die hiesigen Kriegstreiber enttäuscht.

  10. 109.

    >"wir werden bewärtes weiterführen...blablabla"+
    Ach Kindchen, nun mal ruhig bleiben. Es sind noch lange keine konkreten Ergebnisse in Sicht. Von da aus ist belangloses Blabla usus im Politikgeschäft. Sie können sich hinlegen und weiterschlafen. Wir wecken Sie dann, wenn hier mit einigen Kompromissen eine Koalition zustande kam und dann auch Konkretes in Pressekonferenzen rausgehauen wird.

  11. 108.

    das ich Kontakt zu Russen habe, denen erzähle ich immer was deutsche Medien so ablassen...und die lachen darüber...;-)

  12. 107.

    die von deutschen Medien gar nicht live übertragen werden, also woher haben sie das ?

  13. 106.

    Woikde Pressekonferenz :
    wir werden bewertes weiterführen, wir werden neues machen, wir werden bewärtes weiterführen...blablabla

  14. 105.

    Ich wünsche der Brandenburger SPD und dem Brandenburger BSW, viel Erfolg. Habe die Pressekonferenz heute verfolgt. Mein Eindruck ist sehr positiv, beide Parteien wollen für Brandenburg gute Politik machen.

    Das Bekenntnis zu diplomatischen Friedens-Verhandlungen ist richtig.

    Es ist ein Signal vom Land Brandenburg an die Bundesregierung. Der Krieg gegen die Ukraine wird durch Kompromisse am Verhandlungstisch beendet werden. Möglicherweise durch einen Waffenstillstand im 1. Schritt.

  15. 102.

    „Putin will nicht verhandeln und Putin will auch keinen Frieden.“ SpreeAthen woher wissen sie das? Wer hat mit ihm gesprochen? Sie, würde ich vermuten nicht? Dass Selensky mit ihm verhandelt, ist mir noch nicht zu Ohren gekommen. Sein angeblicher Friedensplan, mit dem er weltweit Reklame fliegt, ist ein abscheuliches Pamphlet. Damit will er weitere Länder in den Krieg ziehen.
    Politiker der führenden Wirtschaftsländer sind ebenfalls passiv und in Hinblick auf Friedensverhandlungen sehr maulfaul. Sie haben daran überhaupt kein Interesse, denn das Kriegsgeschäft ist sehr lukrativ. Norwegen z.B. ist ebenfalls ein großer Gewinner. Das Gasgeschäft boomt und die Preise explodieren. Die USA freut sich ebenfalls, ohne selbst eingreifen zu müssen, wird ein Gegner geschwächt und gleichzeitig kann man noch Profite erzielen.

  16. 101.

    Und für Sie ist es leicht, vom Siegfrieden zu reden. Sie sitzen ja im sicheren Berlin und nicht im Schützengraben. Wenn ein Waffenstillstand ausgehandelt ist, hört auch der Beschuss durch Drohnen und Marschflugkörper auf. Eine Eroberung der kompletten Ukraine wäre dann ebenfalls ausgeschlossen. Russland hält zwar einen Streifen längs der Grenze besetzt, umgekehrt stehen aber auch Teile des Kursker Gebiets unter ukrainischer Kontrolle. Es gibt also Verhandlungsmasse.

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