Bundestagswahl 2025 - Das planen die Parteien zum Mindestlohn

Fr 07.02.25 | 08:09 Uhr
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Symbolbild: Eine Frau zählt ihre Geldscheine ihrem Portemonnaie. (Quelle: dpa/Korb)
Bild: dpa/Korb

Seit 2015 gibt es in Deutschland den gesetzlichen Mindestlohn. Aktuell liegt er bei 12,82 Euro pro Stunde. Die Höhe wird normalerweise von der Mindestlohnkommission festgelegt. Einige Parteien haben jedoch eigene Vorschläge. Von Michael Schon

Auch zehn Jahre nach seiner Einführung sorgt der Mindestlohn für Debatten. Für die einen ist er ein wichtiger Schutz vor Ausbeutung und Dumpinglöhnen. Andere sehen darin eine Gefahr für Betriebe.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) gehört selbstverständlich zur ersten Gruppe. Aus seiner Sicht ist der aktuelle Mindestlohn von 12,82 Euro sogar viel zu niedrig. Der DGB fordert mit Blick auf eine Richtlinie der EU, dass Arbeitgeber mindestens 60 Prozent des mittleren Lohns, des sogenannten Medianlohns, bezahlen sollen. Das würde in Deutschland einem Mindestlohn von etwa 15 Euro entsprechen, so der DGB. Der Medianlohn ist der Lohn, bei dem es genauso viele Menschen mit einem höheren wie mit einem niedrigeren Lohn gibt. In Deutschland liegt er laut dem Stepstone Gehaltsreport bei rund 45.800 Euro.

Viele Arbeitgeber stehen dem Mindestlohn skeptisch, kritisch oder ablehnend gegenüber – vor allem dann, wenn er politisch festgelegt wird. Branchen wie die Gastronomie warnen, dass ein hoher Mindestlohn in vielen Unternehmen kaum zu erwirtschaften sei. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) warnt regelmäßig vor einer Einmischung der Politik bei der Festlegung des Mindestlohns.

In Brandenburg hat der Mindestlohn eine große Bedeutung

Diesen Fall gab es bislang einmal: Am 1. Oktober 2022 wurde der Mindestlohn auf 12 Euro erhöht. Dafür wurde das Mindestlohngesetzes geändert. Die Mindestlohnkommission blieb außen vor.

In Berlin und Brandenburg spielt der Mindestlohn eine unterschiedlich große Rolle. Das statistische Bundesamt ermittelt, wie viele Menschen in einer Region potenziell vom Mindestlohn betroffen sind. Berlin liegt dabei im unteren Mittelfeld. Brandenburg gehört zu den Bundesländern, in denen der Mindestlohn eine größere Bedeutung hat – wie alle Bundesländer im Osten Deutschlands. Doch auch in Brandenburg gibt es regionale Unterschiede: Vor allem im Norden und im Süden ist der Mindestlohn eine wichtige Größe. Landkreise im Westen und Osten liegen eher im Mittelfeld.

Erhöhung auf 15 Euro?

Die entscheidende Zahl zum Mindestlohn im Bundestagswahlkampf ist die 15: Einige Parteien fordern eine Erhöhung auf 15 Euro oder mehr und berufen sich dabei ebenfalls auf die EU-Richtlinie zu angemessenen Mindestlöhnen. Darin heißt es, dass Mitgliedsstaaten den Mindestlohn anhand von bestimmten Referenzwerten festlegen sollen. Unter den Beispielen taucht auch die Zahl auf, die der DGB fordert: 60 Prozent des Medianlohns. Ein bestimmtes Mindestlohnniveau schreibt die EU aber ausdrücklich nicht vor.

Das planen die Parteien

Die SPD möchte, dass der gesetzliche Mindestlohn spätestens ab 2026 bei 15 Euro liegt. Sie versteht das Beispiel aus der EU-Richtlinie als Empfehlung. Das Versprechen im Wahlprogramm lautet: Die SPD werde dafür sorgen, dass die EU-Richtlinie von der Mindestlohnkommission berücksichtigt wird. Die Partei verweist darauf, dass der Mindestlohn aus ihrer Sicht gerade für Ostdeutschland eine besondere Bedeutung habe. Als Gründe führt sie niedrige Durchschnittslöhne und eine geringe Tarifbindung an. Auch für schlecht bezahlte Berufe, die viele Frauen ausübten, sei der Mindestlohn von Bedeutung.

Auch Bündnis 90/Die Grünen berufen sich auf den Referenzwert der EU. Die Partei will ihn im Mindestlohngesetz verankern. Die Grünen versprechen die Erhöhung auf 15 Euro bereits in diesem Jahr und wollen, dass er auch für unter 18-Jährige gilt. Auch Menschen mit Behinderung sollen wenigstens den Mindestlohn verdienen. Dazu sollen Werkstätten für Behinderte in sogenannte Inklusionsunternehmen weiterentwickelt werden, in denen Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam arbeiten.

Die Linke leitet aus der EU-Richtlinie einen Mindestlohn von 15 Euro in diesem Jahr und 16 Euro spätestens 2026 ab. Der Mindestlohn soll dauerhaft an die Entwicklung des Medianlohns angepasst werden, aber mindestens jährlich um die Inflationsrate steigen. Die Gewerkschaften sollen in der Mindestlohnkommission ein Veto einlegen können. Außerdem soll es keine Ausnahmen mehr geben: Auch Menschen mit Behinderung, Personen unter 18 Jahren, ohne Berufsausbildung oder Langzeitarbeitslose sollen nach Mindestlohn bezahlt werden. Die Einhaltung des Mindestlohns soll häufiger und flächendeckend kontrolliert werden.

Das Bündnis Sahra Wagenknecht will den Mindestlohn "unverzüglich" anheben – ebenfalls auf 15 Euro. Künftige Anpassungen sollen sich mit Blick auf die EU-Richtlinie ebenfalls an 60 Prozent des Median-Einkommens orientieren.

Andere Parteien legen sich nicht auf eine konkrete Höhe des Mindestlohns fest:

Die Unionsparteien CDU/CSU bekennen sich zwar zum gesetzlichen Mindestlohn. Sie betonen allerdings die Unabhängigkeit der Mindestlohnkommission. Im Sinne wirtschaftlicher Vernunft sei die Lohnfindung Sache der Sozialpartner und nicht der Politik. Eine Mindestlohnentscheidung im Bundestag, also per Gesetz wie 2022, lehnt die Union ab.

Die FDP stellt sich gegen politische Eingriffe in die Arbeit der Mindestlohnkommission und fordert, dass Löhne und Gehälter in der sozialen Marktwirtschaft zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern ausgehandelt werden sollen. Die Partei will Dokumentationspflichten beim Mindestlohn vereinfachen.

Die AfD äußert sich in ihrem Wahlprogramm nicht explizit zum Mindestlohn, will ihn aber für Menschen mit Behinderung in Werkstätten ermöglichen. Für Menschen, die im Niedriglohnsektor beschäftigt sind, will die Partei den Grundfreibetrag bei der Einkommenssteuer auf 15.000 Euro erhöhen.

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81 Kommentare

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  1. 81.

    Der Mindestlohn kurbelt den Binnenmarkt an. Überspitzt gesagt kaufen sich die Superreichen die nächste Jacht oder Privatinsel, der Mindestlohnbezieher gibt sein Geld im Inland aus.

    VWL, nicht mal erstes Halbsemester. Traurig, dass man das immer wieder erklären muss.

  2. 80.

    "Menschen ohne Ausbildung zu sobeinem hohen Stundenlohn beschäftigen zu müssen, vernichtet Jobs für Schlecht- oder garnicht-Qualifizierte."

    Das Märchen wurde uns auch schon bei der Einführung des Mindestlohns erzählt. Das Gegenteil ist eingetreten.

    Warum sollte der Steuerzahler Firmen quersubventionieren die sich nur mit Billiglöhnen am Markt halten können?

  3. 79.

    Und solche "Mitarbeiter" sind es die das Jobcenter so überflüssig machen. Nichts gelernt werden solche auf die Menschheit losgelassen und machen alles noch schlimmer.

    Vermitteln? Bedarfe erkennen? Fehlanzeige. Vom Intellekt reicht es gerade so zum Schikanieren. BEG und wir wären nicht nur den überflüssigen Verwaltungapparat los, sondern jede Menge überflüssiger Apparatschiks.

    Warum wohl sind die Sozialgerichte dermaßen überlastet?

  4. 78.

    Dann sollten als Erstes die leistungsfremden Ausgaben wieder in den Staatshaushalt zurück transferiert werden. Auch ist es nötig, das für das durch Politiker aus der Rentenkasse entnommene Geld jeden Monat aus dem Staatshaushalt Zinsen fällig werden, dann kommen wir noch gut 100 Jahre mit einem Leistungsniveau von 75 % hin. Die Entscheidung der Gerichte, die Gelder der gesetzlichen Versicherungen als öffentliche Gelder zu deklarieren verstößt meiner Meinung nach gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, da damit gesamtgesellschaftliche Ausgaben finanziert werden. Ähnlich ist es bei den gesetzlichen Krankenkassen, die Gesundheitskosten der Bürgergeldempfänger sin auch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, also durch Steuergelder zu finanzieren.

  5. 77.

    Und solche "Mitarbeiter" sind es die das Jobcenter so überflüssig machen. Nichts gelernt werden solche auf die Menschheit losgelassen und machen alles noch schlimmer.

    Vermitteln? Bedarfe erkennen? Fehlanzeige. Vom Intellekt reicht es gerade so zum Schikanieren. BEG und wir wären nicht nur den überflüssigen Verwaltungapparat los, sondern jede Menge überflüssiger Apparatschiks.

    Warum wohl sind die Sozialgerichte dermaßen überlastet?

  6. 76.

    Der Mindestlohn treibt zeitlich versetzt nur die Preise aller Waren und Dienstleistungen in die Höhe. Man sollte hier auf staatliche Vorgaben verzichten, würde auch die immensen Überprüfungskosten senken und bei Verwaltung/Bürokratie Unternehmen spürbar entlasten. In Zeiten von Fachkräftemangel kann man sich ja den Arbeigeber aussuchen.

  7. 75.

    Korrekt! Und beide können dann ein Gehalt entsprechend der individuellen Qualifikation miteinander aushandeln. Menschen ohne Ausbildung zu sobeinem hohen Stundenlohn beschäftigen zu müssen, vernichtet Jobs für Schlecht- oder garnicht-Qualifizierte.

  8. 74.

    Ja, ich finde man sollte den Mindestlohn aktuell abschaffen. Jeder kann sich aktuell seinen Arbeitgeber aussuchen. Es sollte wieder mehr nach Qualifikation bezahlt werden, nicht nach körperlicher Anwesenheit. Der Mindestlohn ist wie das Bürgergeld eine komplett vom Leistungsprinzip entkoppelt Leistung aller Steuerzahlenden. Schluss mit fehlender Ausgabenpriorisierung!

  9. 73.

    Was man Umverteilung will, muss man erst erwirtschaften. Also Schluss mit Bürgergeld und Sozialtransfers ohne zeitlichen Befristung. Es sollte nur eine Überbrückung und keine Endlosschleife sein! Schafft mehr Anreize, dass die Menschen vom Sofa ihren Tv-Platz räumen und arbeiten gehen.

  10. 72.

    Ja, sie haben vollkommen Recht. Danke, dass sie es so klar formuliert haben. Ich befürchte nur, dass viele Menschen Selbstverantwortung und eigenes Denken komplett verlernt haben und deswegen immer nach einem Staat rufen, der einem alles abnimmt! Was ist nur aus Deutschland geworden...

  11. 71.

    Wer ist denn bereit für Waren und Dienstleistungen immer mehr Geld auszugeben? Ich höre nur Gejammer, dass alles immer teurer wird... Die Mietnebenkosten steigen, der Supermarkteinkauf wird teurer... Warum? U.a. Weil die Löhne auch für komplett unausgebildete als Mindestlohn sinnbefreit immer weiter angehoben werden.

  12. 70.

    Und es ist ein Umlagesystem, kein Ansparverein. Also müssen immer mehr Beitragszahler rangeschafft werden, damit immer mehr Menschen stabile oder nicht fallende Rentenzahlungen später erhalten können!

  13. 69.

    Problematisch daran ist, dass aufgrund der demografischen Entwicklung in Deutschland immer weniger Erwerbstätige für immer mehr Rentnerinnen und Rentner aufkommen müssen. Deshalb wird die Rentenversicherung auch mit Steuermitteln bezuschusst. Sie decken rund 30 Prozent der Ausgaben und machen mehr als ein Viertel des Bundeshaushalts aus. Doch die geburtenstarken Jahrgänge kommen jetzt erst ins Rentenalter

  14. 68.
    Antwort auf [das soll einer vestehen...] vom 07.02.2025 um 17:07

    Ja, den Mindeslohn und die dazugehörige Komission sofort abschaffen. Jeder Arbeitnehmer kann sich aktuell seinen Arbeitgeber frei aussuchen. Das Bürokratiemonster verhindert Arbeitsplätze, steigert die Bürokratie und Kontrollkosten beim Staat. Das Held kann so viel sinnvoller verwendet werden.

  15. 67.
    Antwort auf [Nur Druck und Sanktionen bewirken Eigeninitiative.] vom 07.02.2025 um 17:02

    Nur über das Abdrehen des Geldhanhns funktioniert es, dass die Menschen ihren Hintern vom Sofa bekommen. Habe jahrelang in einem Bereich mit diesen Menschen "gearbeitet".

  16. 65.

    An Lohn kann immer nur maximal das gezahlt werden, was diejenige Tätigkeit abzüglich aller Betriebskosten einbringt. Und da gibt es nun mal leider genügend Jobs, die kaum einen wirtschaftlichen Mehrwert generieren. Wenn man diese Menschen höher entlohnen will, dann steigen die Preise für diese Dienstleistungen und das trifft dann gerade Verdiener mit kleinem bis mittlerem Einkommen am stärksten. Jeder soll fair entlohnt werden, aber fair bemisst sich eben nicht nur daran, dass man davon gut leben kann, sondern auch daran, welchen Mehrwert man geschaffen hat. Wenn das Geld für ein menschenwürdiges Leben trotzdem nicht reicht, dann muss der Sozialstaat unterstützen. Solange dieses System nicht durch Lohndrückerei ausgenutzt wird, ist dies am gerechtesten.

  17. 64.

    Das Thema Mindestlohn wird leider immer wieder für Wahlkampf missbraucht, entgegen aller bisherigen Zusagen. Klar, es kostet die Politik ja selbst nichts und spült ganz nebenbei mehr Steuern und Sozialabgaben in die klammen Kassen. Dass dabei auch die Inflation massiv getrieben wird, ist offenbar egal, es leiden ja nur die Geringverdiener selbst, die die eigene Mindestlohnerhöhung direkt wieder im nächsten Supermarkt lassen. Für den Mindestlohn ist eine Tarifkommission zuständig, nicht die Politik.

  18. 63.

    Natürlich vermehrt der Staat durch den Mindestlohn seine Steuereinnahmen. Traurig ist nur, dass unsere derzeitige Regierung Rekordeinnahmen hat und damit nicht klar kommt und immer noch Schulden ohne Ende machen möchte. Wenn wir privat alle so haushalten würden wie unsere Regierung, wären wir alle Bürgergeldempfänger! Weniger Einmischung und weniger Bürokratie würde auch bedeuten, dass unser Fachkräftemangel reduziert werden würde. Die staatl. Vorgaben beschäftigen die Unternehmer nämlich so sehr, dass dafür extra Mitarbeiter eingestellt werden müssen, um zum Teil Sinnlosigkeiten unseres Staates umsetzen zu müssen und die Stellen besetzen, die Unternehmer sonst mit wichtigeren Arbeiten betrauen würden. Gerade im Arbeitnehmermarkt schauen Arbeitgeber, dass sie ihre Mitarbeitenden ordentlich bezahlen. Aber ständig neue Arbeitsplätze für den Staat besetzen zu müssen hemmt die Produktivität und damit den Umsatz und damit den Gewinn. Dieser ist wiederum nötig, um Arbeitsplätze zu schaffen.

  19. 62.

    Ich sehe es ähnlich. Wenn der Mindestlohn erhöht wird, werden die höheren Gehälter natürlich auch angehoben. Im Grunde genommen ist damit niemandem geholfen, oder? Die Kosten steigern sich natürlich entsprechend, wenn alle Gehälter angehoben werden - und so geht es immer weiter...dann ist der neue Mindestlohn ja auch wieder zu wenig...