Elon Musk neben einem X, dem Symbol der Plattform X.

Bremen Nach Werders X-Rückzug: Wer aus Bremen noch da ist – und warum

Stand: 24.11.2024 17:09 Uhr

Zwar beobachten unter anderem auch Bürgermeister Bovenschulte, die Stadt Bremerhaven und die Bremer Feuerwehr die Plattform kritisch. Ihnen mangelt es aber teils an Alternativen.

Von Julian Beimdiecke

Seit Elon Musk im Oktober 2022 die Plattform Twitter gekauft hat, hat sich dort doch einiges verändert: Nicht nur, dass Musk das Soziale Netzwerk in X umgetauft hat und ein X nun auch statt des zwitschernden, blau-weißen Vogels das Logo ziert. Laut Experten hat sich seitdem die Menge an Hass, Hetze und Falschinformationen, die auf der Plattform kursieren, massiv erhöht.

Werder Bremen hat sich im Zuge seiner Mitgliederversammlung am Montagabend deshalb auch von X zurückgezogen: Im Abschiedspost heißt es, auf X hätten "unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit Hate Speech, Hass gegen Minderheiten, rechtsextreme Posts und Verschwörungstheorien in unglaublichem Tempo zugenommen".

Im Profi-Fußball ist Werder mit seinem Schritt nicht allein: Neben Werder haben sich kürzlich etwa auch der FC St. Pauli und Hansa Rostock von X zurückgezogen. Im Land Bremen aber sind einige Institutionen auf der Plattform noch aktiv – auch wenn sich manche schon zurückgezogen haben.

1. Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD)

Bovenschulte – auf der Plattform laut eigener Profil-Info "selbstgestrickt unterwegs" – sehe die Veränderung des Algorithmus in den vergangenen Monaten und Jahren sehr kritisch und beobachte ihn genau, heißt es von Christian Dohle, Sprecher des Bremer Senats. Bovenschulte sei aber weiterhin auf der Plattform vertreten, "weil er einen Teil der Menschen nur dort erreicht. Wie lange das noch sein wird, vermag ich derzeit aber nicht zu sagen", so Dohle.

2. Presseabteilung des Bremer Senats

Ähnlich sieht es bei der Presseabteilung des Bremer Senats aus, die ebenfalls auf X aktiv ist und von Dohle verantwortet wird. "Meine Abteilung beobachtet die Entwicklung der Plattform X mit Sorge und bewertet regelmäßig, ob wir dort noch vertreten sein sollen. Gerade die Pandemie, die Energiepreiskrise und ganz aktuell das Winterhochwasser von vor einem Jahr haben uns aber gezeigt: Einen nicht unerheblichen Teil erreichen wir gerade in Krisenzeiten dort." Schwerpunktmäßig kommuniziere der Senat aber nicht mehr über X, sondern über Instagram, Linkedin, Facebook und Whatsapp.

3. Stadt Bremen

Der X-Account der Stadt Bremen dagegen ist bereits vor gut einem Jahr stillgelegt worden. "Unsere Hoffnung, dass es noch einen Weg zurück zu dem geben könnte, was Twitter einst ausgemacht hat, hat sich nicht erfüllt", erklärt Juliane Scholz, Sprecherin der Wirtschaftsförderung Bremen, die den Account betrieben hat. "Das ist kein Umfeld, das sich mit den Werten, für die wir stehen, vereinbaren lässt." Vollends gelöscht worden ist der Account laut Scholz nur deshalb nicht, weil verhindert werden soll, dass sich jemand auf X als "Stadt Bremen" ausgeben kann.

4. Stadt Bremerhaven

So weit ist man in der Entscheidungsfindung bei der Stadt Bremerhaven noch nicht: Dort verfolge man die Debatte um X und sei in Abstimmung zum weiteren Vorgehen. "Wir sind allerdings noch zu keiner Entscheidung gelangt, wie wir uns künftig zu X verhalten, weil beispielsweise die Entscheidung, die Krisenkommunikation über etwaige andere Kanäle laufen zu lassen, gründlich abgewogen und mit anderen Organisationseinheiten abgestimmt werden muss", sagt Sprecherin Laura Bohlmann.

5. Polizei Bremen

Die Bremer Polizei plant aktuell nicht, X zu verlassen. "Wir nutzen X, um Informationen über aktuelle Ereignisse, Verkehrswarnungen, Sicherheitshinweise und andere relevante Informationen an die Öffentlichkeit weiterzugeben", sagt Pressesprecher Nils Matthiesen. Andersherum könne über X auch die Öffentlichkeit mit der Polizei in Kontakt treten. Matthiesen verweist darauf, dass staatliche Einrichtungen die Pflicht haben, die Bevölkerung über wesentliche Entscheidungen und Geschehnisse zu informieren. "Die Beiträge staatlicher Einrichtungen in sozialen Netzwerken sind ein Beitrag gegen Desinformation und geben den Nutzerinnen und Nutzern die Möglichkeit, Behauptungen Dritter zu überprüfen und sich eine eigene Meinung zu bilden", so der Polizeisprecher.

6. Polizei Bremerhaven

Bei der Bremerhavener Polizei wird aktuell diskutiert, ob sie weiter auf X aktiv sein wird. Grund dafür seien die "seitens des Betreibers gewollte und sogar geförderte Entwicklung negativer Inhalte", sagt Sprecherin Nadine Laue. Unter anderem gehe es in den Diskussionen darum, ob über man andere Plattformen und dem eigenen Internetauftritt genug Menschen erreiche – oder ob man zukünftig neue Plattformen nutzen müsste.

7. Feuerwehr Bremen

Ähnlich sieht es bei der Feuerwehr Bremen aus. Dort beschäftige man sich laut Sprecher Christian Patzelt durchaus intensiv mit der Frage, ob man auf X bleibt. "Wir als Feuerwehr Bremen möchten und können auch mit Blick auf unser Leitbild nicht weiterhin Teil einer Plattform und Community sein, in der zunehmend Raum, für Hass, Pornografie, Diskriminierung und Radikalisierung geboten wird." Gleichzeitig sagt Patzelt auch, dass "für die wichtige Aufgabe der Bevölkerungswarnung in Echtzeit" die Alternative mit entsprechender Reichweite aktuell fehle.

8. Bremer SV

Der Bremer SV hat einen X-Account, der aber seit Januar nicht mehr aktiv betrieben wird. "Auf keiner anderen Plattform haben wir so oft Anfeindungen erlebt und sind so oft angegangen worden", erzählt Sprecher Bastian Fritsch. Die Summe dieser Vorfälle habe die Verantwortlichen schließlich dazu bewogen, den Account nicht mehr zu verwenden.

Wir machen das ja alle ehrenamtlich. So geht einem einfach der Spaß flöten.
(Bastian Fritsch, Bremer SV)

Kommuniziert wird nun hauptsächlich über Facebook und Instagram. Alternativen wie Threads oder Bluesky habe man probiert, "aber da war dann die Relevanz einfach nicht gegeben", so Fritsch.

Auch Radio Bremen ist nicht mehr auf X vertreten
Radio Bremen hat vor gut einem Jahr die Plattform X verlassen. Der Account von buten un binnen ist dementsprechend ebenfalls dort nicht mehr zu finden. Programmdirektor Jan Weyrauch begründete den Schritt so: "Wir gewinnen zunehmend den Eindruck, dass sich die Plattform in eine zweifelhafte Richtung entwickelt. Unserer Beobachtung nach haben Hassrede und Falschaussagen in den vergangenen Monaten so stark zugenommen, dass die Plattform nicht mehr das richtige Umfeld für unsere Radio Bremen-Kanäle ist."

Dieses Thema im Programm:
Bremen Vier, Bremen Vier läuft, 19. November 2024, 12:15 Uhr