Einigung bei VW-Tarifverhandlungen: Vorerst keine Werksschließungen

Stand: 21.12.2024 12:20 Uhr

Nach mehr als 70 Stunden Verhandlungsmarathon haben sich VW und die IG Metall geeinigt: Betriebsbedingte Kündigungen oder Werksschließungen wird es nicht geben. Aus der Politik kommen Reaktionen der Erleichterung.

Im Tarifstreit mit Volkswagen ist der IG Metall nach eigenen Angaben ein Durchbruch gelungen. Demnach haben sich die Tarifparteien auf eine Jobgarantie bis Ende 2030 verständigt. Gleichzeitig will Volkswagen nach eigenen Angaben in diesem Zeitraum mehr als 35.000 Stellen abbauen. Der Stellenabbau solle sozialverträglich erfolgen, teilte der Konzern am Freitag in Berlin mit. Zudem einigten sich VW und die IG Metall darauf, dass es bis 2027 keine Entgelterhöhungen geben soll. Das monatliche Entgelt bleibt laut der Gewerkschaft unberührt. Volkswagen hatte zuvor ein pauschales Gehaltsminus von zehn Prozent gefordert. Das bisher gezahlte erhöhte Urlaubsgeld entfällt den Angaben zufolge.

Video: VW-Tarifeinigung: Der Tag nach dem Abschluss (3 Min)

Das soll sich an den einzelnen VW-Standorten ändern

Rote Linien der IG Metall konnten eingehalten werden

Video: IG Metall und Betriebsrat Volkswagen zur Tarifeinigung (38 Min)

Die IG Metall sei mit klaren Zielen in die Tarifverhandlungen gegangen, sagte IG Metall-Verhandlungsführer Thorsten Gröger bei der Pressekonferenz am Freitag in Hannover. Demnach ist die Gewerkschaft froh, dass die von ihr gesetzten roten Linien eingehalten wurden: keine Massenentlassungen, keine Werksschließungen, keine Reduzierung des monatlichen Entgelts. "Wir haben in großer Verantwortung nun ein Paket geschnürt, das schmerzliche Beiträge der Beschäftigten beinhaltet, aber im gleichen Atemzug Perspektiven für die Belegschaften schafft", so Gröger. Zudem konnte ein Zukunfts-Tarifvertrag vereinbart werden. Mit diesem habe sich VW dazu verpflichtet, eine Milliarde Euro in der ersten Jahreshälfte 2031 an seine Beschäftigten auszuzahlen, wenn es keine Anschlussregelung an den Tarifvertrag geben sollte.

Volkswagen spricht von "guter Einigung"

Video: VW-Marken-Chef Schäfer: "Wir haben eine gute Einigung erzielt" (1 Min)

Zeitgleich zum Statement der IG Metall äußerte sich der VW-Vorstand vor der Presse. Marken-Chef Thomas Schäfer sagte, man habe mit dem Betriebsrat und der IG Metall um Lösungen gerungen und nun eine "gute Einigung erzielt". "Wir hatten bei den Verhandlungen drei Prioritäten: Überkapazitäten an den deutschen Standorten abbauen, Arbeitskosten senken und Entwicklungskosten auf wettbewerbsfähiges Niveau senken", sagte Schäfer in Berlin. "Wir haben bei allen drei Themen tragfähige Lösungen erzielt." Mit den jetzt erzielten Vereinbarungen bringe man "die Entwicklungs- und Arbeitskosten auf ein wettbewerbsfähiges Niveau". Damit schaffe man die "Grundlage, um Volkswagen bis 2030 zum technisch führendem Volumenhersteller aufzustellen - mit einem starken Plan, mit tollen Produkten und mit einem klaren Bekenntnis zum Standort Deutschland".

Bundesregierung begrüßt Tarifeinigung

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat die Tarifeinigung bei Volkswagen am Abend als eine "gute, sozial verträgliche Lösung" begrüßt. Der Kompromiss stelle bei allen Härten sicher, dass der Konzern und seine Beschäftigten in eine sichere Zukunft gingen.

Wirtschaftsminister Robert Habeck sagte, jeder Arbeitsplatz, der nicht erhalten werden könne, sei ein Verlust. "Es muss jetzt gemeinsam darum gehen, die Wettbewerbsfähigkeit der Automobilindustrie zu erneuern und zu stärken und dem Hochlauf der Elektromobilität neuen Schwung zu gebe", so der Grünen-Politiker in einer Mitteilung.

Weil: Positives Ergebnis - aber kein Grund zum Jubel

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sagte am Abend, den Parteien sei ein Tarifwerk gelungen, "dessen Umfang und dessen Tragweite beeindruckend sind". Das Verhandlungsergebnis sei "sehr positiv zu bewerten". Grund zum Jubel bestehe jedoch nicht. Von den abzubauenden Arbeitsplätzen waren etwa zwei Drittel vorgesehen - etwa ein Drittel sei neu vereinbart worden. "Eine deutliche Mehrzahl dieser Arbeitsplätze wird sich in Niedersachsen befinden. Dieser Verlust ist schmerzlich und daran kann auch der vereinbarte sozialverträgliche Abbau nichts ändern", so der SPD-Politiker.

Oberbürgermeisterin von Osnabrück erleichtert

Die Oberbürgermeisterin von Osnabrück, Katharina Pötter (CDU), zeigte sich erleichtert über den Erhalt des VW-Werks in Osnabrück. "Die gesamte Stadt hat mit der VW-Belegschaft gebangt und gezittert. Am Ende war es für den Standort äußerst knapp", sagte Pötter. Sie betonte die Notwendigkeit, nun in Ruhe zu prüfen, wie sich das Werk zukunftsfähig weiterentwickeln könne: "Die Belegschaft ist hochmotiviert und leistet hervorragende Arbeit." Pötter appellierte, den gewonnenen Aufschub in den kommenden Monaten zu nutzen, um den Vorstand und den Aufsichtsrat des VW-Konzerns nachhaltig zu überzeugen.

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NDR Info | Aktuell | 21.12.2024 | 07:30 Uhr

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