Eine niederländische Flagge ist inmitten von Türkei-Fans zu sehen

Nordrhein-Westfalen EM-Viertelfinale: Wie türkische und niederländische Fans mit ihren Mannschaft mitfiebern

Stand: 06.07.2024 21:33 Uhr

England hat es geschafft. Mit einem Sieg gegen die Schweiz sind die "Three Lions" ins EM-Halbfinale eingezogen. Nun schaut alles gespannt auf Berlin, wo die Türkei gegen die Niederlande spielt.

Es geht allmählich in Richtung Endspiel – heute entscheidet sich, welche weiteren Länder ins Halbfinale der Fußball-EM einziehen. England hat es bereits geschafft. Die "Three Lions" besiegten in Düsseldorf die Schweiz im Elfmeterschießen mit 5:3. Für die britischen Fans bedeutet das, dass sie da weitermachen werden, wo viele von ihnen bereits heute Mittag begonnen hatten: feiernd in der Düsseldorfer Altstadt.

Englische Fans in der Düsseldorfer Altstadt feiern vor dem Spiel

Englische Fans in der Düsseldorfer Altstadt feiern vor dem Spiel

Auch Schweizer Fans waren am Nachmittag zu tausenden in den Nationalfarben gekleidet zum Stadion marschiert. Es wurde sogar Käsefondue auf der Straße zubereitet. Tolle Stimmung herrschte auch in der Fanzone am Rhein.

Fanzonen in Berlin wegen Unwetter und Sturmböen temporär geschlossen

In Berlin hingegen war die Stimmung schon Tage vor dem Viertelfinale angespannt. Grund dafür war vor allem die Diskussion rund um den Wolfsgruß, den der türkische Nationalspieler Merih Demiral nach seinem zweiten Tor im Achtelfinale gezeigt hatte. Die UEFA sperrte ihn daraufhin für zwei Spiele, was von der Türkei scharf kritisiert wurde.

Und auch der Tag des Viertelfinals in der Bundeshauptstadt wurde von der Geste überschattet. Zwar war es nach Polizeiangebane nicht zu Zwischenfällen gekommen, als sich tausende türkische und niederländische Fans am Nachmittag trafen, um in gesonderten Gruppen Richtung Olympiastadion zu marschieren. Während des Fanmarschs türkischer Anhänger wurde laut Polizei dann aber massiv der sogenannte Wolfsgruß gezeigt. Einsatzkräfte beendeten deswegen den Zug. "Ein Fanwalk ist keine Plattform für politische Botschaften", so die Polizei.

Tausende Türkei-Fans beim Public Viewing in NRW

Türkei-Fans beim Public Viewing in Dortmund

Public Viewing in Dortmund

Und auch bei den Public Viewings in NRW war das Erkennungssymbol der rechtsextremen türkischen Gruppe "Graue Wölfe" Gesprächsthema. Ein türkischer Fan auf dem Dortmunder Friedensplatz, der namentlich nicht genannt werden möchte, sagte dem WDR, für ihn sei das Symbol des Wolfsgrußes nicht rechtsextrem. "Ich kann’s nicht verstehen, bei dem Symbol geht’s um die türkische Geschichte und nicht um Politik", meinte er. Ein anderer Fan erklärte: "Natürlich ist es schade, dass wir jetzt über dieses Symbol diskutieren müssen, aber wir lassen uns nicht die Stimmung verderben." Die EM sollte Menschen zusammenbringen und ohne Politik auskommen.

Mustafa, Ali und Arda aus Essen sagten dem WDR, für sie sei der Wolfsgruß ein geschichtliches Symbol der Türkei. "Nur weil es ein paar rechtsextreme Idioten übernommen haben, sind die meisten, die es machen, nicht rechtsextrem", erklärten sie. Die Stimmung ließen sie sich aber nicht kaputtmachen. Es sei schön, so einen Erfolg der türkischen Mannschaft in dem Land zu erleben, das Heimat für einen ist.

Vorfreude auf den Fußballabend auch in Bielefeld

Murat Boga (48), Cansel Boga (50), Aleyna Boga (16), Mehmet Miral (47), Yasemin Miral (48)

Aleyna, Mehmet und Yasemin Miral mit ihren Freunden Murat und Cansel Boga.

Auch die Familien Miral und Boga aus Bielefeld halten die politische Diskussion für übertrieben. Mit Türkei-Trikot und türkischen Flaggen sitzen sie in einer Sportsbar und warten auf den Anpfiff. "Wir Türken benutzen den Wolfsgruß nicht als politische Angehörigkeit, sondern weil wir stolz sind, Türken zu sein", sagt Yasemin Miral. "Aber es gehört nicht aufs Spielfeld." Welchen Hintergrund das Handzeichen habe, sei der 48-Jährigen allerdings erst klar geworden, als darüber in den Medien berichtet wurde.

Ihre Freundin Cansel Boga pflichtet ihr bei: "Wir sind die Generation, die hier geboren wurde. Und da ist dieser Gedanke gar nicht mehr da." Das zeige sich auch daran, dass ihre 16-Jährige Tochter dachte, der Wolfsgruß sei der Schweigefuchs. "Da mussten wir sie erstmal aufklären – aber ich musste auch googeln", so Boga.  

Die EM-Stimmung der Freunde wird davon aber nicht getrübt: Für die Mirals und Bogas geht es um den Sport, um das Mitfiebern. Es hinterlässt zwar einen bitteren Nachgeschmack, muss Yasemin zugeben. "Aber eigentlich haben wir alle dasselbe Ziel: dass die Türken im Finale stehen. Mehr wollen wir gar nicht." 

Quellen:

  • WDR-Reporter
  • Nachrichtenagentur dpa

Über dieses Thema haben wir am 06.07.2024 auch im TV berichtet, unter anderem in der Aktuellen Stunde um 18.45 Uhr.