Günstigste Wohnungen in NRW

Nordrhein-Westfalen Mieten und Wohnraum: In diesen Städten ist ein Umzug besonders teuer

Stand: 27.07.2024 06:00 Uhr

Wo gibt es noch günstige Mietwohnungen? Wo sind neue Mietverträge am teuersten? Und in welchen Städten wird der Wohnungsbau vorangetrieben? Der Zensus 2022 gewährt neue Einblicke.

Von Julian Budjan

Mehr als zehn Jahre sind seit der letzten Volksbefragung in Deutschland vergangen. Nun sind mit dem Zensus 2022 neue Daten über die Lebensumstände der Deutschen erschienen. Auch dazu, wie die Menschen wohnen und was das kostet.

Erstmals hat das Statistische Bundesamt für jede Stadt ermittelt, wie hoch die durchschnittliche Kaltmiete pro Quadratmeter liegt - also der monatliche Preis ohne Nebenkosten. Stichtag dafür war der 15. Mai 2022. Bisher mussten meist nur die großen Städte einen Mietspiegel erstellen.

Zweiklassengesellschaft bei Mieten in NRW

Die Daten bestätigen, was sich seit Jahren in den öffentlichen Debatten um mangelnden Wohnraum und steigende Mieten andeutet: Beim Wohnen in NRW ist eine regionale Zweiklassengesellschaft entstanden, die über das reine Stadt-Land-Gefälle hinausgeht.

Besonders in den Metropolen des Rheinlands, aber auch in umliegenden, ländlichen rheinischen Gemeinden sowie am Niederrhein und in westfälischen Großstädten liegen die Mietpreise um ein Vielfaches über denen des Ruhrgebiets, des Sauerlands oder der Nordeifel.

Unter den 50 NRW-Gemeinden mit den teuersten Mietpreisen befinden sich mit Münster (Platz 5) und Bielefeld (Platz 38) lediglich zwei Städte, die nicht im Rheinland liegen.

Kaum noch günstiger Wohnraum im Rheinland

Mietpreise im Bereich der Obergrenze für Sozialwohnungen (Sechs Euro pro Quadratmeter zum Zeitpunkt der Zensus-Datenerhebung) machen im Rheinland meist nicht einmal ein Drittel des vermieteten Wohnraums aus. Selbst am ländlichen unteren Niederrhein sind weniger als die Hälfte der Wohnungen günstig. Am wenigsten bezahlbaren Wohnraum gibt es in Düsseldorf. Hier bezahlte 2022 nur jeder neunte Mieter weniger als sechs Euro pro Quadratmeter. In Köln ist es jeder achte, in Bonn jeder siebte, in Münster etwas mehr als jeder fünfte Mieter.

In fast allen Ruhrgebietsstädten, darunter auch Dortmund und Bochum, lebt dagegen einer von zwei Mietern in einer günstigen Wohnung, in manchen Städten sind es gar drei von vier Mietern.

Hinzu kommt: Freigewordene oder neue Wohnungen werden zu erheblich höheren Mietpreisen angeboten (man spricht auch von der Angebotsmiete) als die vom Zensus erfassten sogenannten Bestandsmieten. Das zeigt ein Vergleich des Norddeutschen Rundfunks auf Basis der Value-Marktdatenbank.

Warum ein Umzug so teuer ist

Unter den Großstädten gibt es die größte Spanne zwischen bestehenden Mietverträgen und Angebotsmieten in Köln: Die Quadratmeterpreis der Wohnungsanzeigen lag 2022 bei durchschnittlich mehr als 13 Euro, das Mietniveau unter den vermieteten Wohnungen bei 9,40 Euro pro Quadratmeter. Wer innerhalb Kölns umzieht, muss also mit einer mehr als 40 Prozent höheren Miete rechnen.

Aber auch in vielen ländlichen Regionen wie in Teilen der Eifel, im Umland von Paderborn oder in einigen Gemeinden nördlich von Münster werden verfügbare Wohnungen zu Mietpreisen angeboten, die sich mehr als 40, teilweise bis zu 60 Prozent über den Bestandsmieten bewegen.

Während das Wohnen im Rheinland bereits mit bestehenden Mietverträgen mit Abstand am teuersten ist, klettern die Mieten der auf dem Markt angebotenen Wohnungen noch weiter. 2022 waren in mehr als 50 rheinischen Gemeinden die Quadratmeter-Preise der Wohnungsinserate mehr als zwei Euro teurer als das durchschnittliche Mietniveau des Zensus. In sieben Gemeinden davon sogar mehr als drei Euro.

Es steht zu vermuten, dass die in 18 NRW-Kommunen verordnete Mietpreisbremse in Einzelfällen umgangen wird. Mieten dürfen demnach eigentlich nicht mehr als zehn Prozent über dem liegen, was laut Mietspiegel als ortsüblich gilt. Neubauten und modernisierte Wohnungen sind ausgenommen. In Metropolen wie München, Hamburg, Frankfurt oder Stuttgart sind die Unterschiede noch größer.

Angebotsmieten in Rhein-Metropolen explodieren

In Düsseldorf, Köln, Münster und Bonn lagen die Angebote für Wohnungen 2022 durchschnittlich bei 12 bis 13 Euro pro Quadratmeter - und damit fast doppelt so hoch wie es einem Menschen mit geringem Einkommen bei Sozialwohnungen zugemutet werden darf. Nur gibt es viel zu wenige Sozialwohnungen - und der Bestand schrumpft massiv.

Die Miete einer 80-Quadratmeter-Wohnung in Köln betrug 2022 bei Neubezug demnach 1.057 Euro ohne Nebenkosten, in Düsseldorf 970 Euro - im Durchschnitt. Wer in welcher Region oder Stadt leben kann, entscheidet zunehmend der Geldbeutel. Und: Mieter loszuwerden, lohnt sich angesichts der Marktpreise für die Eigentümer. Welche Tricks dabei angewandt werden, zeigt eine ARD-Doku:

In den Grenzregionen Ostwestfalens und des Sauerlands zu Niedersachen und Hessen werden noch rund 80 bis 90 Prozent der Mietwohnungen günstig vermietet - und das, obwohl Mietwohnungen in diesen Regionen nur einen kleinen Teil des Wohnraums ausmachen. Die Quote an Eigentümern, die selbst in ihren gekauften Immobilien wohnen, liegt hier zwischen 50 und 75 Prozent.

Viel Eigentum verknappt den Mietwohnraum zusätzlich

In den großen Ruhrgebiet-Städten wohnt, wie auch in den Rhein-Metropolen, nur etwa jeder Vierte im Eigenheim. Es gibt also viele Mietwohnungen. Im Gegensatz zum Rheinland sind die Mieten im Ruhrgebiet aber bezahlbar. Sie liegen im Durchschnitt zwischen 5,50 und 6,50 Euro pro Quadratmeter.

In anderen großen Städten wie Bielefeld, Paderborn oder Neuss dürfte auch der kleine Mietwohnungsbestand von nur etwas mehr als 60 Prozent das Angebot dagegen zusätzlich verknappen.

Zudem fällt auf: Dort, wo die Mieten niedrig sind, gibt es auch besonders viel Leerstand. Dieser Zusammenhang wird in diesem Beitrag näher beleuchtet:

Zu wenig Wohnungsbau gegen den Wohnraummangel

Klar ist: Die hohen Mieten werden auch durch den Wohnungsmangel befeuert, viel zu wenig wird gebaut. Deutschlandweit fehlen Schätzungen des Pestel-Instituts zufolge rund 800.000 Wohnungen - Tendenz steigend.

Die meisten neuen Wohnungen in NRW wurden in den 2010er Jahren im Münsterland gebaut: Fast überall liegt dort der Anteil an jüngeren Gebäuden bei über zehn Prozent - selbst in einer Großstadt wie Münster. Auch am nördlichen Niederrhein rund um Kleve, im Rheinischen Braunkohlerevier, in den Gemeinden westlich von Köln und Bonn oder im westlichen Teil Ostwestfalens zwischen Paderborn und Bielfeld sind viele neue Wohnungen entstanden.

In den so beliebten Großstädten am Rhein wurde dagegen wenig gebaut. Hier machen seit 2010 gebaute Wohnungen fast immer weniger als zehn Prozent, häufig sogar weniger als sieben Prozent an allen Wohnungen aus.

Wohnungsneubau ist nicht gleich Wohnungszuwachs

Die Zahl neu gebauter Wohnungen gibt jedoch noch keine Auskunft darüber, wie sich der Wohnungsbestand insgesamt entwickelt hat. So wurden in Münster etwa knapp 20.000 Wohnungen gebaut, aber offenbar auch viele abgerissen, denn gestiegen ist die Zahl der Wohnungen seit 2010 um rund 11.000. Auch in Bonn, Köln oder Düsseldorf liegt die Zahl der Neubauten deutlich über dem hinzugewonnenen Wohnraum.

In weiten Teilen des Ruhrgebiets, im Sauerland und im östlichen Ostwestfalen ist die Zahl der neugebauten Wohnungen so marginal, dass in vielen Gemeinden der Wohnungsbestand zurückgegangen ist. Während Bochum, Duisburg und Wuppertal gerade so die Zahl der Wohnungen halten konnten, nimmt sie in Gelsenkirchen, Hattingen oder Hagen ab.

Trotz Wohnungsmangel liegt der Fokus auf großen Wohnungen

Es wird aber nicht nur zu wenig gebaut - sondern auch das falsche: Auch in den großen Städten entstehen vor allem große Wohnungen und Einfamilienhäuser. Seit dem Zensus 2011 ist der Anteil an Wohnungen ab 160 Quadratmetern Wohnfläche im Bestand in den großen Städten teils um 20 bis 40 Prozent gestiegen.

Nur in einer Handvoll der NRW-Städte, in denen es zwischen 2011 und 2022 den größten Zuwachs an Wohnungen gab, sind auch zehn Prozent oder mehr kleine Wohnungen für Singles und Paare dazugekommen. In Dortmund nahm die Zahl der kleinen Wohnungen sogar ab.

Das bedeutet, dass entweder deutlich mehr große Wohnungen und Einfamilienhäuser gebaut wurden als kleine Wohnungen für Singles und Paare – oder, dass zwar viele kleinere Wohnungen gebaut wurden, aber auch viele verschwunden sind.

In den elf Jahren zwischen den Zensus-Runden ist beim Wohnen also durchaus etwas passiert. Es gibt in den Städten mehr Wohnraum als Anfang der 2010er Jahre. Aber nur für diejenigen, die es sich leisten können. Wohnen ist auch in Nordrhein-Westfalen längst zur sozialen Frage geworden.

Unsere Quellen:

  • Zensus 2022 - Statistisches Bundesamt
  • Value Marktdaten (Value AG)
  • Pestel-Institut

Über dieses Thema berichten wir am 27.07.2024 auch in der Aktuelle Stunde im WDR Fernsehen.