Ein Frachtschiff fährt auf der Mosel in die Schleuse Lehmen ein (Archivbild). Nach dem Schleusenunfall wird deutlich, dass der Ausbau der Moselschleusen dringend nötig ist. Aber warum dauert das so lange?

Rheinland-Pfalz Darum dauert der Ausbau der Moselschleusen so lange

Stand: 20.12.2024 08:52 Uhr

Nach dem Schleusenunfall in Müden auf der Mosel wird deutlich, wie wichtig der Ausbau der Schleusen wäre. Manches Projekt dauert schon Jahre. Warum geht es nicht voran?

Die Mosel bei Lehmen. Das liegt 18 Flusskilometer unterhalb von Müden. Links neben der bestehenden Lehmener Schleuse - wo derzeit nur loses Baumaterial herumliegt - sollte eigentlich schon längst eine zweite Schleusenkammer entstanden sein. Seit Jahrzehnten sei sie in Planung, erzählt der Bürgermeister, Arnold Waschgler (Freie Wähler), die Baustelle hier gebe es bereits seit mehr als acht Jahren. Von einer zweiten Kammer ist aber weit und breit nichts zu sehen.

Warum der Ausbau der Lehmener Moselschleuse nur im Schneckentempo vorankommt, kann Waschgler nicht nachvollziehen. "Wenn man bedenkt, dass diese Staustufe vor 40, 50 Jahren errichtet worden ist, innerhalb kürzester Zeit bei denkbar schlechteren Bedingungen, dann ist das ja fast schon gruselig, wenn man heute sieht, wie behäbig wir uns hier bewegen."

Die zweite Kammer für die Moselschleuse in Lehmen ist seit 2003 geplant und immer noch nicht fertig gebaut.

Die Vorarbeiten an der Moselschleuse Lehmen haben schon vor Jahren begonnen, aber der Bau der zweiten Schleusenkammer geht nicht voran.

IHK fordert schnelleren Ausbau der Schleusen

Der Ausbau der Moselschleuse Lehmen steht seit 2003 im Bundesverkehrswegeplan, sagt Arne Rössel von der Industrie- und Handelskammer aus Koblenz. Er kämpft aber schon viel länger für einen Ausbau der Moselschleusen. "Seit über 30 Jahren drängen wir als Wirtschaftsvertretung, ob das die Verbände oder die Kammern sind, darauf, dass diese zweiten Schleusenkammern gebaut werden. Und ja, es dauert einfach zu lang."

Nach dem Unfall an der Schleuse Müden vor knapp zwei Wochen stauten sich mehr als 70 Binnenschiffe auf der Mosel. Nur mit einer Notschleusung, die so noch nie zuvor durchgeführt wurde, gelingt es nach und nach, die mehr als 70 Frachter durch die defekte Schleuse zu leiten.

Die Wirtschaft einer ganzen Region leide darunter, erklärt Arne Rössel von der IHK die Auswirkungen. "Das Saarland hängt dran. Luxemburg hängt dran. Kohlekraftwerke, die wir ja weiter noch für die Dunkelflaute brauchen, in Ensheim zum Beispiel", redet Rössel sich in Rage. "Wo kriegen wir ihre Kohle her? Das Stahlwerk Dillinger Hütte, die sehr große Schmiedeteile haben, die eigentlich nicht auf Lkw oder Schiene umgeladen werden können. Die brauchen das Schiff. Was machen die?" Politiker würden sich über diese Folgen viel zu wenig Gedanken machen, meint er.

FDP macht Grüne für langsamen Ausbau verantwortlich

Zumindest am Mittwoch im Verkehrsausschuss des Bundestages lag das Thema Moselschleusen auf dem Tisch. Carina Konrad, FDP-Bundestagsabgeordnete aus dem Hunsrück gibt zu, auch während der drei Jahre Ampelregierung mit dem damaligen FDP-Verkehrsminister Wissing ging der Schleusenausbau nicht voran.

"Da muss man leider sagen, da ist nicht so wahnsinnig viel passiert" gibt Konrad zu. "Wir hatten die Planungsbeschleunigungsgesetzgebung gehabt, das war im außerordentlichen Interesse der FDP, um auch Wasserstraßen auszubauen."

Am Widerstand von Umweltschützern wird es nicht gelegen haben, denn auch der Naturschutzbund Deutschland (NABU) ist für den Schleusenausbau. Der Fluss- und Auen-Experte Robert Egling vom NABU mahnt aber, dass bei beschleunigten Planungsverfahren der Naturschutz oft hinten runterfalle.

NABU ist für Ausbau der Moselschleusen

"Wir begrüßen den Ausbau der Moselschleusen, wenn gleichzeitig auch die Durchgängigkeit des Flusses für Fische verbessert wird", sagt er auf SWR-Anfrage. "Dazu hat die Bundesregierung sich im Bundesverkehrswegeplan 2030 verpflichtet." Parallel zum Ausbau der Moselschleusen mit einer zweiten Kammer müssten dann Möglichkeiten geschaffen werden, dass Fische zu ihren Laichgebieten in der Obermosel schwimmen können, etwa durch Gerinne an den Seiten der Mosel oder durch Fischtreppen, fordert Egling. "Derzeit gleicht die Mosel eher aneinandergereihten Stauseen, als einem Fluss mit fließendem Gewässer."

SPD-Verkehrspolitiker macht CSU verantwortlich

Der SPD-Verkehrspolitiker Christian Schreider aus Ludwigshafen macht die CSU für den verschleppten Ausbau der Moselschleusen verantwortlich. Als die SPD noch das Bundesverkehrsministerium geführt habe, seien die Schleusen in Zeltingen und Fankel ausgebaut worden. "Dann ist es ein bisschen abgeebbt", sagt Schreider. "Wir haben leider erleben müssen, dass unter CSU-Verkehrsministern überproportional viele Mittel nach Bayern gegangen sind, die dann an anderer Stelle fehlen."

Schleusenausbau konkurriert mit dringenden Verkehrsprojekten

Auf die Frage, wann denn zumindest der Schleusenausbau in Lehmen weitergehe, teilte das Bundesverkehrsministerium mit:

"Die zweite Schleuse in Lehmen hat Baureife und könnte demnächst begonnen werden. Allerdings steht auch dieses Projekt bei knappen Finanzmitteln in Konkurrenz zu anderen dringenden Infrastrukturprojekten an Straße, Schiene und Wasserstraße."

Die Liste mit dringend sanierungsbedürftigen Autobahnbrücken, Bundesstraßen und Bahnstrecken ist lang. Da schien die Mosel bisher das kleinste Problem zu sein. Dieser Eindruck hat sich nach dem Schleusenunfall in Müden möglicherweise geändert. Auf dem deutschen Abschnitt der Mosel gibt es zehn Schleusen. Bis heute sind nur drei davon mit einer zweiten Schleusenkammer ausgebaut worden, nämlich in Trier, Zeltingen und Fankel.

Sendung am Do., 19.12.2024 20:15 Uhr, Zur Sache Rheinland-Pfalz, SWR RP

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