Das Deutschlandticket für 58 Euro lohnt sich für Familien mit Kindern über 6 Jahren nicht.

Rheinland-Pfalz Für wen sich das Deutschlandticket noch lohnt - und für wen nicht

Stand: 07.01.2025 21:45 Uhr

Zuletzt haben in Deutschland 13,1 Millionen Menschen das Deutschlandticket genutzt. Nun ist es teurer geworden und viele überlegen sich, ob sich die Kosten noch lohnen.

Seit ersten Januar 2025 kostet das Deutschlandticket 58 Euro pro Monat. Neun Euro mehr als im Jahr davor. Ziel der Verkehrspolitik war es, mehr Menschen für Bus und Bahn zu gewinnen. Und tatsächlich sind seit der Einführung des Deutschlandtickets im Mai 2023 (neun Millionen verkaufte Tickets) die Nutzerzahlen stetig gestiegen, auf 13,1 Millionen im Oktober 2024.

Deutschlandticket ist teurer: "9 Euro mehr, ein Betrag der fehlt"

Doch mit der Preiserhöhung im Januar stellt sich besonders für Familien die Frage, ob sich Bus- und Bahnfahren lohnt oder es nicht günstiger wäre, ein Familienauto zu nutzen. Die Umweltorganisation Greenpeace hat ausgerechnet, wie sich die Kosten für das Deutschlandticket für Familien auswirken und dabei verschiedene Szenarien in den Blick genommen.

Deutschlandticket lohnt sich nicht für Familien, aber für Singles

Beispiel 1
Eine Familie mit zwei Kindern (älter als 6 Jahre) verzichtet auf das Auto und fährt Strecken bis 100 Kilometer im ÖPNV und Fernstrecken mit ICEs und ICs. Diese Familie sparte mit dem 49-Euro-Ticket nach Berechnungen von Greenpeace noch 345 Euro im Jahr. Mit dem 58-Euro-Ticket lohnt sich das Bus- und Bahnfahren schon nicht mehr und das Auto wäre die günstigere Option.

Beispiel 2
Eine Familie mit zwei Kindern (älter als 6 Jahre) behält ein Auto, nutzt es aber seltener und fährt öfter im ÖPNV. Aber auch wenn die Familie pro Jahr 5.000 Kilometer weniger Auto fährt und so Kosten spart, wären die Ausgaben trotzdem noch 369 Euro höher als wenn sie ausschließlich das Auto nutzen würde. Ein teilweiser Umstieg auf den ÖPNV lohnt sich für Familien finanziell nicht.

Beispiel 3
Für einen Single-Haushalt lohnt es sich dagegen, sogar nur teilweise auf ÖPNV umzusteigen. Also manche Fahrten mit dem Auto und andere mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu machen, ist immer noch günstiger als überall hin mit dem Auto zu fahren. Beim Deutschlandticket für 58 Euro spart ein Single, der 5.000 Kilometer weniger mit seinem Auto fährt und dafür Bus und Bahn nutzt, jährlich immer noch 282 Euro.

Greenpeace: Deutschlandticket sollte nur 29 Euro kosten

Marion Tiemann, Greenpeace-Verkehrsexpertin kritisiert, das Deutschlandticket sei zu teuer. So könne man die Menschen und vor allem Familien, die für jedes einzelne Familienmitglied ein Ticket kaufen müssten, nicht gewinnen. "Der Verkehr hat sein Klimaziel im letzten Jahr wieder nicht erreicht und es gibt sogar mehr Autoverkehr als vorher." Das Deutschlandticket schöpfe sein riesiges Potenzial nicht aus, sagt sie, weil die Stellschrauben in die falsche Richtung gedreht worden seien.

Laut Berechnungen von Greenpeace sollte das Deutschlandticket derzeit nicht mehr als 29 Euro kosten. Dann würde es sich auch für Familien lohnen. Und auch der Verkehrsforscher, Prof. Andreas Knie vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung kommt auf 29 Euro als einen Preis, der sowohl für Pendler als auch Familien akzeptabel wäre. Damit es wirklich ein Erfolg werde, müsse es aber für Menschen auf dem Land attraktiver werden, sagt er.

"Bei einer Neuauflage des Tickets muss man das bisherige Angebot komplettieren. Man muss ein Taxi On Demand, früher hieß das Sammeltaxi, telefonisch oder über eine App buchen können." Es müsse auch in ländlichen Regionen, wo Busse seltener fahren, eine Möglichkeit geben, zum nächsten Bahnhof oder von dort zu einem anderen Ziel zu gelangen. "Das muss es geben. Dann können wir noch viel mehr Menschen, die jetzt Auto fahren, für Bus und Bahn begeistern."

Verkehrsforscher: Bundesweit einheitliche Regeln beim Deutschlandticket

Außerdem müssten unbedingt in ganz Deutschland die selben Regeln für das Deutschlandticket gelten. "Das beginnt sich ja in einigen Bundesländern schon wieder aufzulösen", kritisiert Knie. "Im einen können Sie den Hund mitnehmen, im anderen können Sie 1. Klasse dazu buchen. Beim einen gilt das Ticket mit Fahrrad, beim anderen ohne." Das sei viel zu kompliziert.

Und, betont Knie, es muss dauerhaft eingeführt werden. Es dürfe nicht jedes Jahr die Debatte geben, ob das Deutschlandticket noch finanzierbar sei. Die Menschen müssten sich drauf verlassen können.

Betroffene kritisieren Greenpeace-Rechnung

Kritik an den Berechnungen von Greenpeace gibt es von betroffenen Familien. Auf der Facebookseite von SWR Aktuell legen einige User dar, dass sich das Deutschlandticket eben doch lohne, weil man es nicht nur mit der reinen Autonutzung, sondern auch mit den viel teureren, regulären Monatstickets vergleichen müsse.

Ein User schreibt: "Vor der Einführung kostete ein Ticket nur für den Verbundverkehr über 100€ pro Person und das nur für den Umkreis von ~ 30km. Heute zahlt jede Person die Hälfte und darf damit durch das ganze Bundesgebiet fahren."

Eine andere Userin argumentiert in die gleiche Richtung: "Da mein Monatsticket schon nur für das Netz Koblenz im Abo (also nicht monatlich kündbar) 59,30€ und für meinen Sohn nur vom Wohnort zur Schule 62€ kostet, lohnt sich ein deutschlandweites Ticket weiterhin."

Sendung am Di., 7.1.2025 18:00 Uhr, SWR Aktuell Rheinland-Pfalz, SWR RP

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