Landtagswahl in Thüringen

Rheinland-Pfalz Landtagswahl in Thüringen - Wenig Unterstützung aus Partnerland RLP

Stand: 29.08.2024 14:31 Uhr

Rheinland-Pfalz und Thüringen haben eine enge Bindung. Aber die Parteien in Thüringen hatten vor der Landtagswahl kaum Unterstützung aus dem Partnerland.

Die Bundesländer Rheinland-Pfalz und Thüringen haben in den vergangenen Jahrzehnten eine enge Beziehung zueinander aufgebaut. Als nach der deutschen Wiedervereinigung fünf neue Bundesländer im Osten entstanden, leistete Rheinland-Pfalz tatkräftig Unterstützung - vor allem personell. Zahlreiche Landesbedienstete waren in Thüringen im Einsatz und auch sehr viele Privatpersonen.

Es entstanden kommunale Partnerschaften, etwa zwischen dem Eifelkreis Bitburg-Prüm und dem Kreis Sonneberg. Es wurden aber auch viele Beziehungen auf privater Ebene geknüpft.

Partnerschaft Rheinland-Pfalz - Thüringen

Im Zuge der deutschen Wiedervereinigung beschloss die Volkskammer der damaligen DDR im Juli 1990, dass die 1952 in der DDR aufgehobenen Länder wieder eingeführt werden. Dafür war ein weitgehender Um- bzw. Neuaufbau der staatlichen Verwaltung nötig. Wie im Einigungsvertrag vorgesehen, leisteten die westdeutschen Länder und der Bund den fünf neuen Bundesländern "Verwaltungshilfe beim Aufbau der Landesverwaltungen" sowie der "Durchführung bestimmter Fachaufgaben". Thüringen wurde dabei von Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz unterstützt. Aus den Geschäftsberichten der Landesregierung geht hervor, dass bis Ende 1996 rund 1.380 Beschäftigte aus Rheinland-Pfalz in Thüringen tätig waren, darunter aus dem Finanzministerium rund 670 und aus dem Justizministerium rund 350 Beschäftigte. Dazu kamen zahlreiche private Initiativen. Außerdem entstanden viele kommunale Partnerschaften, etwa zwischen dem Eifelkreis Bitburg-Prüm und dem thüringischen Kreis Sonneberg. "Die Hilfe beim Aufbau neuer Verwaltungsstrukturen war unerlässlich für das Funktionieren eines vereinten Deutschlands", sagte der frühere rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD). "Aber die Zusammenarbeit zwischen Ost und West, das Planen einer gemeinsamen Zukunft für Deutschland hat damals auch viel zum gegenseitigen Verständnis und damit zum Zusammenwachsen auf der menschlichen Ebene beigetragen."

Bernhard Vogel - Ministerpräsident in zwei Ländern

Zum Zusammenhalt der beiden Bundesländer trug natürlich auch bei, dass der frühere Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, Bernhard Vogel, 1992 zum Ministerpräsidenten von Thüringen gewählt wurde - und dieses Amt bis 2003 innehatte. Der CDU-Politiker nahm nicht nur jede Menge Erfahrung aus dem Westen mit in den Osten, sondern auch viel Personal.

Die engen Bindungen führten auch dazu, dass sich die politischen Parteien der beiden Bundesländer unterstützen - vor allem auch in den Wahlkämpfen.

Keine Polit-Promis aus RLP im Einsatz

Auch vor der diesjährigen Landtagswahl in Thüringen gab es Unterstütung von Politikerinnen und Politikern aus Rheinland-Pfalz. Nach SWR-Recherchen haben außer der FDP alle Parteien versucht, ihre thüringischen Kollegen im Wahlkampf personell zu unterstützen.

So waren etwa die Jungsozialisten (Jusos) in der SPD ein Wochenende im Osten unterwegs - mit bleibenden Eindrücken: "Für mich die prägendste Erfahrung war, aus meinem Safe-Space in Westdeutschland einmal rauszukommen und hier die politische Realität einfach auch im Alltag zu sehen", sagt die rheinland-pfälzische Juso-Chefin Beatrice Wiesner dem SWR. Wie viele AfD-Anhänger "dort ihre Gesinnung sehr, sehr offen an der Kleidung und am Körper getragen haben. Das war für mich schon schockierend. Ich ziehe mich da nicht zurück. Aber ich habe mich schon verunsichert gefühlt."

Aber ob CDU, Grüne oder SPD: Die großen Namen fehlten bei der Wahlkampf-Unterstützung der Landesverbände in Thüringen.

Politikwissenschaftler Jun: Rheinland-Pfälzer in Thüringen unbekannt

Das sei aber nicht weiter verwunderlich, sagt der Politikwissenschaftler Uwe Jun von der Universitat Trier. Viele Thüringer könnten mit Politikerinnen und Politikern aus Rheinland-Pfalz nicht viel anfangen - weil sie die schlichtweg kaum kennen würden. "Selbst der Ministerpräsident, Herr Schweitzer, dürfte in Thüringen weitgehend unbekannt sein", so Jun.

Politikwissenschaftler Jun: "Politiker aus RLP in Thüringen nicht bekannt"

Damit wären die Politikgrößen aus Rheinland-Pfalz beim ostdeutschen Partner auch keine große Unterstützung im Wahlkampf.

Sonderfall Kemmerich

Bei der FDP komme die Sondersituation dazu, dass der Spitzenkandidat der FDP in Thüringen, Thomas Kemmerich, innerhalb seiner eigenen Partei von vielen anderen kritisch gesehen werde, sagt Jun.

Kemmerich war im Februar 2020 - unter anderem mit den Stimmen der AfD - zum Ministerpräsidenten gewählt worden und hatte eine Regierungskrise in Thüringen ausgelöst. Bereits am Folgetag trat er für eine vorgezogene Neuwahl des Landtages ein und kündigte seinen Rückzug an.

Kein "Besserwessi" sein

Ein weiteres Problem von Westdeutschen im Osten: Wenn zu viel von außen hineingeredet werde, rufe das bei vielen Ostdeutschen das Trauma der Bevormundung durch "Besserwessis wach", betont Jun. "Es gibt da keine allgemeinen Grundsätze, wie man in diesem Spannungsverhältnis zwischen Bevormundung und Hilfestellung den geeigneten Weg findet."

Programmtipp

Mehr zum Thema sehen Sie heute Abend in "Zur Sache Rheinland-Pfalz" um 20:15 Uhr im SWR und anschließend in der ARD Mediathek.

Deshalb müssten westdeutsche Politikerinnen und Politiker abwägen, wo und wie sie im Osten auftreten. Es müsse ein Gefühl dafür geben, dass man die Eigenständigkeit des jeweiligen Bundeslandes respektiere, sagt Jun. "Einen goldenen Weg gibt es nicht."

Sendung am Do., 29.8.2024 20:15 Uhr, Zur Sache Rheinland-Pfalz, SWR RP

Partnerschaft Eifelkreis - Sonneberg