Rayan Marotta kann es immer noch nicht fassen: Als er sich am 30. Oktober auf seinem Schul-Tablet einloggte, weil er fürs Abitur lernen wollte, passierte überhaupt nichts. Alle seine Lernmaterialien und seine eigenen Notizen aus dem Unterricht seien verschwunden, erzählt der Oberstufenschüler am Hilda-Gymnasium. "Mich und meine Stufe betrifft das sehr hart, da wir in drei Monaten das Abitur schreiben und rein gar nichts mehr zum Lernen bleibt!"
Stadtverwaltung bestätigt Panne im Schulnetz
Rayan Marotta und die anderen betroffenen Schülerinnen und Schüler der 13. Klasse am Hilda-Gymnasium in Koblenz nutzen im Unterricht Tablets und Notebooks zum Lernen. Darauf bekommen sie etwa digitalen Unterrichtsstoff. Sie können sich aber auch handschriftliche Notizen machen und sie dort auch speichern. Allerdings nur auf dem Gerät selbst. Aus Gründen des Datenschutzes ist ein externes Backup nicht erlaubt, etwa in einer Cloud oder einer Festplatte.
Wir haben ausschließlich mit den Schul-Ipads gearbeitet, alles online, alles digital.
Die Stadt Koblenz stellt den Schülerinnen und Schülern diese Tablets und Notebooks zur Verfügung. Sie kümmert sich um den IT-Service und betreibt auch das Schulnetz. Das ist die WLAN-Verbindung für die digitalen Geräte, die von den Schülern genutzt werden.
Wie die Stadt mitteilte, hat es einen Fehler in diesem städtischen Schulnetzwerk gegeben. 485 von insgesamt 7.500 Schulgeräten seien abgemeldet worden. Dadurch sei die Lern-App von den betroffenen Geräten gelöscht worden. Das betreffe neben dem Hilda-Gymnasium auch das Görres-Gymnasium.

Für Rayan Marotta bedeutet die Panne, dass er und die anderen Betroffenen den gesamten Stoff der Oberstufe verloren haben, den sie für die Vorbereitung aufs Abitur brauchen. "Wir haben ausschließlich mit den Schul-Ipads gearbeitet, alles online, alles digital."
Schulleitung will Schülern bei der Abiturvorbereitung helfen
Der Schulleiter des Hilda-Gymnasiums, Ralf Schulte-Melchior, sieht allerdings einen kleinen Hoffnungsschimmer: Zum Zeitpunkt des Netzwerkfehlers seien nicht alle Schülerinnen und Schüler im Schul-WLAN eingeloggt gewesen. So sei bei einigen die App auf den Tablets erhalten geblieben.
Die Schule arbeitet nun mit Hochdruck daran, eine Lösung zu finden, wie wir die Schüler bei der Abiturvorbereitung unterstützen können.
Schulte-Melchior hofft nun, dass sie ihre Notizen und die Lernmaterialien an die anderen weitergeben, bei denen alles weg ist. Der Schuldirektor sagte dem SWR: "Die Schule arbeitet nun mit Hochdruck daran, eine Lösung zu finden, wie wir die Schüler bei der Abiturvorbereitung unterstützen können." Es habe auch bereits ein Runder Tisch stattgefunden, bei dem er sich mit den Schülern über das Problem ausgetauscht habe.
Persönliche Daten richtig sichern So klappt das mit dem Backup
Datenverlust im privaten Bereich hat meist nicht so gravierende Auswirkungen wie bei Firmen. Aber auch die geliebten Bilder zu verlieren, kann schon ein großer persönlicher Verlust sein.
Stadt Koblenz: Schülerinnen und Schüler sollen ihre Dokumente sicher speichern
Die Stadt Koblenz bedauert die Schwierigkeiten, die vor allem die Abiturienten jetzt haben. Sie betont aber auch, dass es wichtig sei, dass die Schülerinnen und Schüler immer wieder Kopien ihrer Dokumente für den Notfall abspeicherten. Allerdings räumt die Stadt auch ein: "Dies ist, wie wir jetzt wissen, jedoch nicht flächendeckend kommuniziert worden.“
Beim Speichern müssten sich die Schülerinnen und Schüler allerdings an bestimmte Sicherheitsstandards halten: Sie dürften ihre Daten nicht in Clouds speichern, deren Server außerhalb der EU betrieben werden. Das sei wichtig, um sensible und persönliche Daten zu schützen.
Ministerium: Schüler und Schülerinnen müssen sich kein Sorgen machen
Auf SWR-Anfrage teilte das Bildungsministerium mit, dass es mit den betroffenen Schulen im Austausch sei und sie bei Bedarf unterstütze. Die Schulen könnten beispielsweise anstehende Kursarbeiten verschieben. Oberstes Ziel sei es, die Schülerschaft bestmöglich auf das Abitur vorzubereiten. Schülerinnen und Schüler müssten sich keine Sorgen machen, heißt es weiter vom Ministerium.
Der Landesdatenschutzbeauftragte in Rheinland-Pfalz, Dieter Kugelmann, widerspricht inzwischen der Darstellung, der Grund für die Panne seien die Datenschutzvorgaben des Landes. Zuvor hatte die Stadt Koblenz auf ihrer Internetseite erklärt, es sei leider bis heute nicht möglich, Backups über virtuelle Datenspeicher automatisch durchzuführen.
Doch laut Kugelmann ist es selbstverständlich möglich, Daten von Tablets und anderen Endgeräten datenschutzkonform zu sichern. Um Probleme wie in Koblenz zu vermeiden, raten sowohl der Datenschutzbeauftragte als auch das Bildungsministerium in Mainz allen Schulen, die vom Land bereitgestellte Schulsoftware zu benutzen.
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Kommentare (12)
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Das kommt davon, wenn man sich völlig ohne IT-Fokus in der völlig überteuerten Wohlfühlzone von Apple bewegt. Alles scheint irgendwie komfortabel und automatisch zu flutschen. Bei dem ganzen Komfort kümmert man sich aber nicht mehr darum, wo die eigenen wertvollen Daten gespeichert werden. Traurig, wenn dann noch eine ungenügend kompetente Behörden-IT Fehler macht.
Der Hinweis ist schon zynisch, da ein Backup durch den User, wie beschreiben, nicht ohne weiteres möglich ist und der Betreiber dadurch noch mal eine zusätzliche Sorgfaltspflicht hat. Die Stellungname, dass die Datenschutzanforderungen ein Backup verhindert hätten, ist faktisch falsch. Ein IT-Dienstleister der so etwas von sich gibt disqualifiziert sich für seinen Job. Und Ihre Anmerkung einfach ein "Backup mit Stift und Papier zu machen" setzt noch einen oben drauf, dann kann man die Digitalisierung nämlich gänzlich und komplett sein lassen, wenn die Anforderung ist, dass man alles zusätzlich noch ein oder zweimal händisch abschreiben soll. Wenn das immer noch die Denkweise ist mit der wir hier zu tun haben, ist es kein Wunder das das Land für immer im analogen Zeitalter stecken bleibt.
Also vermute ich, dass die persönlichen Notizen der Lernenden nicht vom Tablet auf einem Datenstick gespeichert werden können...sehr unbefriedigend.
Also keine wirkliche Überraschung. Warum überrascht mich das jetzt nicht? Sehenden Auges in den Absturz.
Lustig, der Datenschutz nach DSGVO hätte das FEHLEN EINES BACKUPS VERHINDERT, denn er hat als Schutzziel die Verfügbarkeit. Kelber‘s Law: Wann immer es heißt „irgendwas Sinnvolles geht nicht, wegen Datenschutz“ liegt es NICHT am Datenschutz.
Meine Tochter hat ebenfalls ein iPad der Stadt Koblenz. Als Schüler kostenlos und vollständig mit Software und Lizenzen ausgestattet. Super. (Für unseren Sohn an einem anderen Gynmasium mussten wir uns um _alles_ selbst kümmern und kaufen.) Im Sommer kamen mehrere Nachrichten, man soll dringend die Datensicherung aktivieren, da es Probleme in der Managementsoftware gäbe und ein Datenverlust nicht auszuschließen sei. Das Aktivieren der Datensicherung ging einwandfrei. Die vermutlich betroffene Software hat massiv an den Lizenzen geschraubt, wovon auch die Verteilung betroffen sein dürfte. Außerdem lässt diese Software nur Datensicherungen in nicht-EU-Clouds zu, private Clouds sind nicht berücksichtigt. Es zeigt sich: Man sollte immer ein zusätzliches Backup haben und nie nur einer Cloud vertrauen.
Inos hat einen Ausfall seiner Systeme. Kann es sein das wir hier ein Ergebnis sehen ? Microsoft mit Azur Cloud Angeboten mach per se kein Backup von Daten seiner Kunden. Der Kunde muß sich selber darum Kümmern. Soweit die Hinweise, hat denn das BSI hierzu Stellung genommen ? Ja der Vorfall ist Anzeigepflichtig, ich denke es wir für die Verantwortlichen nicht nur Peinlich sein wird, sowas kann zu Maßnahmen führen die in die Kasse einschlagen.
@ Stefan, Zitat: ". Der Hinweis, die Schüler hätten ja selbst eine Sicherung machen können, ist zynisch: Ich kenne den Einzelfall nicht, aber viele der mir bekannten Schülergeräte sind per Konfiguration dermaßen eingeschränkt, dass so etwas häufig nicht oder nur mit technischen Klimmzügen möglich ist..." - Der Hinweis ist nicht zynisch. Backup mit Stift auf Papier geht immer. Blind dem Gerät zu vertrauen ist naiv. Das gilt für alle, auch für etliche technikgläubige Unternehmen.
Bitte wiederholen Sie die Schutzbehauptung der Verantwortlichen, dass "Aus Gründen des Datenschutzes ein externes Backup nicht erlaubt" sei, nicht unreflektiert. Das ist schlicht und ergreifend nicht korrekt. Auch sorgt ein "Netzwerkfehler" nicht für das Löschen von Daten. Da muss etwas anderes passiert sein. Der Hinweis, die Schüler hätten ja selbst eine Sicherung machen können, ist zynisch: Ich kenne den Einzelfall nicht, aber viele der mir bekannten Schülergeräte sind per Konfiguration dermaßen eingeschränkt, dass so etwas häufig nicht oder nur mit technischen Klimmzügen möglich ist...