Eine Schublade im Depot des rheinischen Landesmuseums Trier voller antiker Funde aus der Mosel

Rheinland-Pfalz Trierer Goldrausch: "Es ist, wie ein Überraschungsei zu öffnen"

Stand: 05.09.2024 10:57 Uhr

Archäologen erforschen antike Fundstücke aus der Mosel. Viele Trierer hatten sich zu Zeiten des "Trierer Goldrauschs" als Hobby-Archäologen betätigt und viele Stücke geborgen.

Für viele Trierer ist es eine Kindheitserinnerung: Wenn die Mosel in den Jahren ab 1960 bis Anfang der 1990er Jahre Niedrigwasser hatte, dann war rund um die Römerbrücke richtig was los. Ganze Familien waren mit Schlauchbooten auf der Mosel unterwegs und suchten nach antiken römischen Stücken.

Hunderte Menschen suchen in der Mosel nach antiken Fundstücken.

Wenn in der Mosel früher Niedrigwasser war, machten sich hunderte Menschen im Wasser auf die Suche nach antiken Fundstücken. Der Trierer Goldrausch.

Es war wirklich ein Goldrausch, der sich damals breit gemacht hat. Ferdinand Heimerl, Archäologie Universität Trier

Archäologe Ferdinand Heimerl leitet ein kleines Team, das die Fundstücke dieses "Trierer Goldrauschs" jetzt erforscht. Unzählige Kisten mit diesen Funden liegen seit Jahrzehnten im Depot des Rheinischen Landesmuseums Trier. Vieles ist aber auch in Privatsammlungen gelandet. "Es war wirklich ein Goldrausch, der sich damals breit gemacht hat", sagt Heimerl. "So viele Menschen hatte diese Faszination für die Antike angetrieben, hier in die Mosel zu steigen."

Drei junge Archäologen der Universität Trier erforschen Flussfunde aus der Mosel

Juniorprofessor Dr. Ferdinand Heimerl, Jasmin Beuren und Dr. Julian Geiß sind das Team Trierer Archäologen, die Flussfunde aus der Mosel erforschen. Tausende Stücke nehmen sie dabei unter die Lupe.

Forscher interessieren sich auch für römischen Krimskrams

Den Archäologen geht es nicht nur um die kostbaren Glanzstücke, wie eine Bonzestatuette des Gottes Attis, die es in die ständige Ausstellung des Rheinischen Landesmuseums geschafft hat. Es geht schlicht um alles, was mit Absicht, aus Versehen, bei Hochwasser oder als Kult in die Mosel kam. In den Kisten, im Depot des Museums, liegen vor allem auch Sachen, die man als römischen Krimskrams bezeichnen könnte.

Ein römischer Zirkel und der Teil eines antiken Schlüssels wurden in der Mosel gefunden

Trierer Archäologen finden bei ihrem Forschungsprojekt zu antiken Flussfunden aus der Mosel viele kleine Teile wie einen römischen Zirkel und ein Schlüsselteil.

Es ist echt, wie ein Überraschungsei zu öffnen. Jasmin Beuren, Archäologin Universität Trier

Jasmin Beuren macht gerade ihren Masterabschluss in Archäologie an der Universität Trier. Für sie ist es "eine tolle Chance, an dem Forschungsprojekt teilzunehmen", sagt sie. Sie sitzt vor einer Kiste aus dem Depot des Rheinischen Landesmuseums.

Eine kleine Schachtel mit antiken Flussfunden aus der Mosel

Tausende antike Flussfunde aus der Mosel liegen im Depot des Rheinischen Landesmuseums in kleinen Schachteln.

Darin sind viele kleine Kistchen, die sie nacheinander aufmacht und nachsieht, was an kleinen Einzelteilen drin ist. "Es ist echt, wie ein Überraschungsei zu öffnen", sagt sie. "Es ist alles dabei, man kann nie sicher sein, was man als nächstes in der Hand hat."

Fundstücke spiegeln römisches Alltagsleben

Es seien gerade die vielen unscheinbaren Fundstücke, die die Forscher faszinierten, sagt Ferdinand Heimerl. Sie würden viel über das Alltagsleben der Römer verraten. Die Mosel sei die Lebensader des antiken Trier gewesen, alle Luxusgüter und auch Gebrauchsgegenstände für die antike Kaiserresidenz, wurden mit Schiffen über die Mosel transportiert. Viele Menschen warfen auch einfach Dinge in den Fluss, die sie loswerden wollten. Die Mosel war zu römischer Zeit auch ein öffentlicher Mülleimer.

Archäologen bitten Bevölkerung um Hilfe

Längst nicht alle Funde aus der Mosel sind im Museumsdepot gelandet. Viele Privatleute, die vor Jahrzehnten etwas Antikes aus der Mosel gefischt hatten, haben es behalten, manches wurde sogar direkt an der Fundstelle verkauft.

YouTube-Video von Uni Trier: "🔎 Römische Flussfunde in der Mosel – Erforscht! (Folge 6)"

Trierer Sammlung eine der größten weltweit

Drei Jahre hat das Trierer Archäologenteam Zeit für sein Projekt, das sich "Rituale, Abfälle und Sammler" nennt. Die Trierer Sammlung antiker Flussfunde gilt als eine der größten weltweit. Seit Februar haben die jungen Archäologen schon etwa 3.000 Stücke fotografiert, vermessen und digital dokumentiert.

Trierer Archäologen erforschen antike Flussfunde aus der Mosel

"Rituale, Abfälle und Sammler" ist der deutsche Titel des Forschungsprojekts, "Ritual, Rubbish & Retrieval" der englische. Die Archäologie der Universität Trier arbeitet dabei mit der Außenstelle Trier der Landesarchäologie Rheinland-Pfalz im Rheinischen Landesmuseum Trier / Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz zusammen. Partner der Universität Trier sind in dem Projekt auch die Universität Köln und die britischen Universitäten Reading und Leicester. Finanziell gefördert wird das Forschungsprojekt von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und ihrem britischen Pendant, dem Arts and Humanities Research Council. Das Forschungsprojekt läuft drei Jahre lang und hat im Februar 2024 begonnen. Bis Anfang September 2024 haben die Trierer Archäologen etwa 3.000 Fundstücke aus der Mosel digital dokumentiert, die im Depot des Rheinischen Landesmuseums lagern. Die Trierer Archäologen bitten auch die Bevölkerung um Mithilfe. Wer Fotos vom "Trierer Goldrausch", Suchaktionen von Privatleuten in der Mosel, hat, oder Fundstücke aus der Mosel in Privatsammlungen besitzt, der kann eine e-mail schreiben: landesarchaeologie-trier@gdke.rlp.de Am Ende des dreijährigen Forschungsprojekts soll es Publikationen und auch eine Ausstellung im Rheinischen Landesmuseum Trier geben.

Sendung am Do., 5.9.2024 6:30 Uhr, SWR4 RP Studio Trier