Eltern erzählen über schwere Entscheidung

Wenn das Organ des eigenen Sohnes Leben rettet

Stand

Von Autor/in Lucretia Gather, Karin Pezold

Vor elf Jahren änderte sich das Leben der Familie Sieben in Mainz von einer Sekunde auf die andere: Ihr 13-jähriger Sohn Leonard verunglückte tödlich. Auf das Thema Organspende waren die Eltern damals nicht vorbereitet.

Eigentlich sollte der 3. April 2014 ein ganz gewöhnlicher Schultag für den damals 13-jährigen Leonard werden. Doch dann kam alles anders. Leonard war mit seinem Fahrrad auf dem Weg zum Gymnasium gestürzt. Die Ärzte an der Mainzer Universitätsmedizin mussten den Eltern die furchtbare Nachricht überbringen, dass ihr Kind wegen einer massiven Schädel-Hirn-Verletzung praktisch hirntot ist. Plötzlich stand die Frage im Raum, ob Leonards Eltern einer Organspende zustimmen.

Frage nach Organspende stand direkt im Raum  

Wenn Leonards Mutter Nicole Sieben von diesem Moment erzählt, wirkt sie auch heute noch angefasst. Als Mutter habe sie damals im Krankenhaus zuerst ihren Sohn sehen wollen, erinnert sie sich. Die Frage nach einer möglichen Organspende habe sie zu diesem Zeitpunkt völlig überfordert. Ähnlich schildert es auch Vater Silvan. Den Ernst der Lage hätten sie erkannt, als sie ihren Sohn im Krankenzimmer an Maschinen angeschlossen gesehen hätten. In diesem Moment sei ihnen klar geworden, dass auch das ärztliche Team nichts mehr tun konnte.

Hilfe durch Team der Unimedizin Mainz

Vater Silvan Sieben erzählt, er und seine Frau hätten damals eine Woche lang über die Frage nachgedacht, ob sie Organe ihres Jungen als Spende freigeben wollen. Mit dieser Frage seien sie aber nicht allein gelassen worden, so Vater Silvan. Die Ärzte und ein Team der Unimedizin Mainz hätten ihnen Gespräche über ihre Ängste, Sorgen und Unsicherheiten angeboten.

Rheinland-Pfalz

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Nach Wunsch des Sohnes Leonard entschieden

Mutter Nicole erinnert sich, dass ihr Sohn Leonard nur wenige Wochen vor dem tragischen Unfall nach Hause gekommen sei und sie gefragt habe, wann man Organspender werden könne. In der Schule sei das Thema behandelt worden. Leonard habe die Idee gefallen, helfen zu können, sagt seine Mutter heute.

Für uns war es die schwerste Entscheidung unseres Lebens.

Schwerste Entscheidung ihres Lebens

Für die Eltern sei es die schwerste Entscheidung ihres Lebens gewesen, sagt Nicole Sieben. "Sie verabschieden sich letztendlich von einem lebenden Kind", sagt Vater Silvan. Denn Leonards Körper habe ja noch funktioniert. Allerdings nur, weil er an Maschinen hing. "Leonard war warm, sein Herz hat geschlagen, weil er an den Maschinen hing, das war krass, ihn so zu verlassen", erinnert sich Nicole Sieben.

Leonard war warm, sein Herz hat geschlagen, weil er an den Maschinen hing, es war krass, ihn so zu verlassen.

Zu wenige Organspender in Rheinland-Pfalz

In Rheinland-Pfalz gibt es noch zu wenige Organspender. Darauf weist die Deutsche Stiftung Organtransplantation hin. Pro eine Million Einwohner gebe es nur acht Personen, die Organspender sind. Das sei eindeutig zu wenig, so die Stiftung Organtransplantation. Laut Stiftung haben in Mainz im vergangenen Jahr neun Organspenden stattgefunden. Nach Angaben von Hauke Lang von der Mainzer Universitätsmedizin stehen viele Menschen auf der Warteliste, die seit Jahren auf ein Spenderorgan warten.

Eltern von Leonard setzen sich für Organspende ein

Die Eltern von Leonard Sieben setzen sich dafür ein, dass sich mehr Menschen zu Lebzeiten mit dem Thema Organspende befassen. Elf Jahre nach dem tragischen Tod ihres Sohnes sagen Nicole und Silvan Sieben, es sei die richtige Entscheidung gewesen, Leonard zum Organspender zu erklären. Weil sie gewusst hätten, dass sie damit Leben retten oder verlängern.

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