Rechtsextremist Martin Sellner erscheint bei einer Protestaktion gegen ihn in Saarbrücken vor der Europagalerie.

Saarland Rechtsextremist Martin Sellner zu Lesung in Perl-Borg

Stand: 02.08.2024 15:29 Uhr

Rund 100 Personen haben am Donnerstag bei einer Protestaktion in Saarbrücken gegen die Lesung des österreichischen Rechtsextremisten Sellner im Saarland teilgenommen. Sellner tauchte dabei selbst kurz auf. Die Lesung selbst fand später in Perl-Borg auf einem Privatanwesen statt.

Mit Informationen von Niklas Resch, Katja Hackmann und Marco Karp

Die Lesung von Martin Sellner hat nach SR-Recherchen in Perl Borg stattgefunden. Veranstaltungsort war ein Privatanwesen, das in Verbindung mit dem früheren NPD-Politiker Sascha Wagner steht.

Unter den Gästen war nach SR-Informationen auch der Vorsitzende der AfD-Jugendorganisation JA, Nicolas Benyoucef. Seine Nähe zu rechtsextremen Kreisen ist bekannt: Er hat bereits mehrfach für Magazine geschrieben, die der rechtsextremen Identitäten Bewegung nahestehen.

Demo gegen Lesungen von Rechtsextremist Sellner

Auftritt bei Demo

Zuvor hatten sich am Donnerstagabend vor der Europagalerie in Saarbrückennach Polizeiangaben rund 100 Demonstranten versammelt, um gegen eine Lesung des österreichischen Rechtsextremisten Martin Sellner im Saarland zu protestieren. Zur Kundgebung hatte die Organisation „Omas gegen Rechts“ zuvor aufgerufen.

Doch mit einem Überraschungsgast dürften die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Vorfeld wohl nicht gerechnet haben: Sellner selbst erschien zur Protestaktion gegen ihn. Sein Auftritt dauerte nur wenige Minuten. Danach verschwand er im Gebäude der Europagalerie.

Angedeuteter Hitlergruß?

Bei seinem Kurzauftritt erstatteten Demo-Teilnehmer nach Polizeiangaben Strafanzeige gegen Sellner wegen des Verdachts des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen. Er soll, nach Aussage des Anzeigenerstellers, den Hitlergruß angedeutet haben. Eine SR-Videoaufnahme der Szene zeigt, dass Sellner eher beim Weggehen mit erhobenem Arm winkt.

Die Polizei hat die Anzeigen aufgenommen und untersucht nun den Vorfall. Auch die Staatsanwaltschaft und der Staatsschutz ermitteln deshalb.

Gegenanzeige gestellt

Sellner selbst dementiert auch, den Hitlergruß gezeigt zu haben. Durch die Gegenanzeige wegen Verleumdung wolle er jetzt den Namen der Person herausfinden, die ihn angezeigt habe. Das könne dann auch „unangenehm für die Person werden“, schreibt Sellner. Er hat die Anzeige nach eigenen Angaben auf der Plattform X (früher Twitter) inzwischen erstattet.

Scharfe Kritik an Rechtsextremist Sellner

Auch andere Bündnisse wie „Fridays for Future Saar“ und „bunt statt braun“ waren dem Aufruf in den Sozialen Netzwerken nachgekommen. Die Veranstalterinnen kündigten zudem an, für einen möglichen erneuten Auftritt Sellners Mitte August im Saarland Kundgebung mit mehr Vorlauf organisieren zu wollen.

„Wir wollen einstehen für Menschenrechte und für ein buntes und vielfältiges Saarland“ – so die Organisatorin gegenüber dem SR. Den „Omas gegen Rechts“ seien vor allem Sellners Pläne zur Remigration ein Dorn im Auge – also dass Millionen Menschen mit Migrationshintergrund aus Deutschland raus sollten.

Mehrere Demos bereits in Marburg

Am Montag war Sellner im Zuge seiner Lesereise in Marburg. Dort hatte es mehrere Gegen-Demonstrationen gegeben, die Veranstaltung fand letztendlich einige Kilometer außerhalb von Marburg statt.

Vom Vortrag gibt es einen Video-Mitschnitt im Internet. Sellner erläutert darin, dass illegale Migranten möglichst schnell in ihre Heimat zurückkehren und auch kriminelle Sozialbetrüger das Land verlassen müssten. Er regt auch an, eingebürgerte Deutsche, die in Parallelgesellschaften lebten, mit Anreizen dazu zu bringen, in ihre „Heimatländer“ zurückzukehren.

Antisemitismusbeauftragter äußert scharfe Kritik

Der Antisemitismusbeauftragte des Saarlandes, Roland Rixecker, hatte Sellner zuletzt kritisiert. Er betonte im SR, Sellner tarne seine Aussagen zwar geschickt, vertrete aber klar rassistische Thesen. Dagegen müsse die Zivilgesellschaft aufstehen.

Über dieses Thema haben auch die SR info-Nachrichten im Radio am 01.08.2024 berichtet.

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