Protest Riesa

Sachsen Nach massiven Protesten in Riesa: Polizei und Initiativen sehen Ziele erreicht

Stand: 11.01.2025 19:45 Uhr

Die AfD hält noch bis Sonntag in Riesa ihren Bundesparteitag ab. Zum Auftakt protestierten rund 10.000 Menschen, die Veranstalter sagen 12.000 Personen, gegen diesen Parteitag. Sie reisten aus dem gesamten Bundesgebiet an. Die Polizei war mit einem Großaufgebot im Einsatz und sieht ihre Tagesaufgaben erfüllt: Der Parteitag findet statt, Gegenproteste in Sicht- und Hörweite waren möglich.

Von MDR SACHSEN

Unter massivem Protest von Gegendemonstranten hat die AfD ihren Bundesparteitag in Riesa beginnen. Die Polizei war am Sonnabend nach Informationen des MDR mit rund 2.000 Einsatzkräften, Hunden, Hubschraubern, Wasserwerfern und Drohnen im Einsatz. Die Polizei nannte eine Teilnehmerzahl 10.000 Demonstrierenden. Das bundesweite Bündnis "widersetzen", das zu Aktionen gegen den AfD-Parteitag aufgerufen hatte, sprach von rund 12.000 Teilnehmern und war erfreut über den Zuspruch.

Demonstrationen in Riesa: Kampf um die Deutungshoheit

Straßen und Zufahrten für AfD-Anreise blockiert

Einzelne Gruppen der in der Nacht und am frühen Samstagmorgen aus dem Bundesgebiet angereisten Demonstranten blockierten zunächst die Zufahrtsstraßen in Riesa und die Straßen zur Veranstaltungshalle "WT Arena". Wegen der Blockaden begann der Parteitag, auf dem die AfD-Partei- und Bundestagsfraktionsvorsitzende Alice Weidel zur Spitzenkandidatin zur vorgezogenen Bundestagswahl am 23. Februar gekürt wurde, erst mit mehr als zweistündiger Verspätung. Die AfD will in Riesa zudem ihr Wahlprogramm beschließen.

Mehrere hundert menschen laufen am Sonnabendnachmittag durch die Riesaer Innenstadt.

Mehrere Tausend Menschen haben am Sonnabend in Riesa gegen den AfD-Bundesparteitag demonstriert und sind durch die Innenstaddt gelaufen.

Später konzentrierten sich die Aktionen der Gegenprotestler auf den Innenstadtbereich: Ein Demonstrationszug mit etwa 6.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern führte vom Bahnhof zu einer Hauptbühne in der Nähe der Arena, wo eine zentrale Kundgebung abgehalten wurde. Die Polizei ging zum Teil mit Schlagstöcken und Pfefferspray gegen Blockierer vor. Im Einsatz waren nach Polizeiangaben neben Drohnen und einem Polizeihubschrauber auch Räumpanzer. Auch wurden Wasserwerfer aufgefahren.

Aktionsbündnis wirft Polizei "unnötige Eskalation" vor

Eine Sprecherin des Bündnisses "widersetzen" warf den Beamten vor, die Situation zwischenzeitlich unnötig eskaliert zu haben. Laut Beobachtern in Riesa kam es verschiedentlich zu Ingewahrsamnahmen von Demonstranten. Die Polizei meldete am Samstagnachmittag sechs leicht verletzte Kollegen und bislang registrierte 34 Straftaten. Ermittelt werde unter anderem wegen Körperverletzung, tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte, Nötigung und Sachbeschädigung.

Die Partei Die Linke berichtete von einem Vorfall mit dem sächsischen Landtagsabgeordneten Nam Duy Nguyen. Er sei, obwohl er sich als "Parlamentarischer Beobachter" ausgewiesen habe, von der Polizei ins Gesicht geschlagen worden und kurzzeitig bewusstlos gewesen. Auch ein Begleiter sei im Gesicht verletzt worden. Die Vorsitzende der sächsischen Linksfraktion, Susanne Schaper, verlangte von Innenminister Armin Schuster (CDU) schnellste Aufklärung.

Polizeipräsident zu Linken-Abgeordneten: "Tut uns sehr leid"

Die Polizei ermittelt wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt. Dazu sagt Dresdens Polizeipräsident Lutz Rodig: "Es tut uns sehr leid, dass ein Abgeordneter und sein Begleiter im Zuge des Polizeieinsatzes zu Schaden kamen. Dies war mit Sicherheit nicht die Intention unseres polizeilichen Handelns."

Zehn Bundesländer unterstützten Sachsens Polizei

Die sächsische Polizei war nach eigenen Angaben mit mehreren tausend Einsatzkräften in Riesa. Unterstützung erhielt sie von Einsatzkräften aus zehn weiteren Bundesländern und der Bundespolizei. Der Dresdner Polizeipräsident Lutz Rodig bilanzierte am Samstagnachmittag: "Wir haben unsere Ziele erreicht: Der Parteitag findet statt." Die Polizei sei ihrer Verpflichtung nachgekommen, Parteiveranstaltungen unabhängig ihrer politischen Ausrichtung zu schützen. Gleichzeitig habe sie den Protest in Sicht- und Hörweite ermöglicht.

Vor dem Wochenende hatte Rodig schon gesagt, man werde einschreiten, wenn die Meinungs- und Versammlungsfreiheit der AfD-Parteitagsteilnehmer gefährdet werde. Mit Blick auf die gewalttätigen Auseinandersetzungen beim vergangenen Bundesparteitag der AfD in Essen, gab es sogenannte "selektive Kontrollen" mit diversen Kontrollstellen rund um Riesa.

Polizeisprecher Thomas Geithner hatte ebenfalls vor dem Wochenende MDR SACHSEN gesagt, dass Riesa vor dem größten Polizeieinsatz in seiner Geschichte stehe: "Die Riesaer werden sicherlich am Samstag große Augen machen. Es gab meines Erachtens in dieser Stadt noch nie ein Polizeieinsatz in dieser Größenordnung."

Aktionsbündnis hatte bundesweit mobilisiert

Für die Proteste gegen den Parteitag hatte das Bündnis "widersetzen" bundesweit mobilisiert. Das Bündnis aus linken und zivilgesellschaftlichen Gruppen, Gewerkschaften, Kirchen, Schülervertretungen, Klimabündnissen und antirassistischen Intitiativen hatte vorab erklärt, Ziel sei es, den AfD-Parteitag mit friedlichem Protest in Riesa zu verhindern. Die AfD solle "sich nicht einbilden, hier in Ruhe ihre faschistische Politik schmieden zu können", sagte eine Sprecherin.

"Buntes Meißen" in Riesa präsent

Zu den Unterstützern des Bündnisses gehörte auch die Initiative "Buntes Meißen Bündnis Zivilcourage". Es war mit einem eigenen Stand neben der Hauptbühne vertreten. Der Vereinsvorsitzende und evangelische Pfarrer Bernd Oehler sagte, seine Initiative werde beim Bühnenprogramm mitmachen, aber nicht bei den Blockaden. Der Menschenfeindlichkeit der AfD müsse widersprochen werden.

Unterstützung kam auch vom Bündnis "Kein Bock auf Nazis", das das Bühnenprogramm geplant hatte. Sprecherin Helen Kramer sagte MDR SACHSEN, man wolle gemeinsam mit Musikern und Kulturschaffenden ein klares Zeichen gegen die AfD setzen, die in Riesa den Umsturz der Demokratie plane

MDR (gri/dkö/kk)epd/dpa