Fahrgäste steigen in den DB Regio Bus Löbau Zittau ein.

Sachsen "Es hat sich nichts gebessert" – Unzufriedenheit mit Busverkehr

Stand: 26.09.2024 18:05 Uhr

Im Juli des vergangenen Jahres hat DB Regio Bus den Busverkehr im Süden des Landkreises Görlitz übernommen. Seitdem das Unternehmen für den Landkreis Görlitz fährt, komme es "dauerhaft" zu Problemen, berichtet eine Leserin MDR SACHSEN. Sie erzählt von überfüllten und verspäteten Bussen, nicht angefahrenen Haltestellen und falschen Anzeigen. Was ist dran an den Vorwürfen?

Von Jörg Winterbauer, MDR SACHSEN

Eine Leserin aus Ebersbach-Neugersdorf hat MDR SACHSEN eine Mail geschickt, in der sie auf Missstände beim Busverkehr im Süden des Landkreises Görlitz hinweist: "Die Busse sind bereits an der Einsatzhaltestelle restlos überfüllt", schreibt die Frau, die ihren Namen nicht veröffentlicht wissen will. "Die Kinder müssen teilweise ihre Rucksäcke über den Kopf halten, damit sie noch reinpassen", erzählt sie am Telefon und ergänzt: "Das ist keine Seltenheit".

Ihre Tochter fährt demnach mit dem Bus von Ebersbach nach Löbau zur Schule. Besonders geärgert habe sich die Mutter über einen Vorfall Anfang September: Ein Bus der Linie 30 sei an der Haltestelle Löbau Neumarkt einfach durchgefahren und habe ihre Tochter stehen lassen.

Sprecher der Bahn verweist auf Hitzefrei

Auf Nachfrage von MDR SACHSEN bestätigt ein Sprecher der Deutschen Bahn den Vorfall und begründete ihn mit Hitzefrei: Die Fahrzeugkapazitäten seien "entsprechend der regulären Schulzeiten angepasst", erklärt er. "Wenn plötzlich an mehreren Schulen zur gleichen Zeit der Unterricht eingestellt wird, sind punktuell zu viele Fahrgäste unterwegs". So kurzfristig könne das Unternehmen keine zusätzlichen Busse zur Verfügung stellen.

Weitere Vorwürfe

Die Verfasserin des Leserbriefes hat noch weitere Vorwürfe: Die Anzeigen der Busse seien oft "nicht an oder falsch." Die Kinder könnten auch nicht fragen, ob es der richtige Bus ist, weil die Fahrer "nach wie vor" kaum Deutsch könnten.  

Laut der Bahn stimmt das nicht. Mitarbeiter mit schlechten Deutschkenntnissen seien verpflichtet, an Deutschkursen teilzunehmen. Falsche Anzeigen seien nicht mehr vorhanden. "Das wurde in den vergangenen Monaten alles bereinigt", heißt es.

Auch andere Eltern berichten von Missständen

Auch andere Eltern berichten MDR SACHSEN von Problemen mit dem Busverkehr im Süden des Landkreises: Grit Heinrich aus Neugersdorf erzählt, dass ihre Töchter mit dem Bus zur Schule nach Ebersbach fahren. Die Busse kämen häufig einige Minuten zu spät. "Die Kinder hetzen dann in die Schule". Außerdem kämen zwei bis drei Mal in der Woche "kleine Busse", die so überfüllt seien, dass es schwierig sei, an der gewünschten Haltestelle auszusteigen.

Und Kathrin Lambrecht aus Zittau berichtet, ein bis zwei Mal im Monat würde ein Bus ihrer Kinder ausfallen. So sei zum Beispiel am Morgen des 9. Septembers der Bus der Linie 19 in Zittau um 8:08 nach Ebersbach nicht gefahren. Ihre Tochter habe bis 8:20 an der Haltestelle Dresdner Straße gewartet und sei dann wieder nach Hause gegangen. Der Bahn-Sprecher schreibt dazu, der Bus habe 16 Minuten Verspätung gehabt und sei um 8:24 an der Haltestelle gewesen. "Grund dafür war eine Verspätung aus einer vorherigen Fahrt, bei der kurzzeitig die Straße gesperrt war."

DB-Sprecher: Derartige Verspätungen nicht vermeidbar

Derartige Verspätungen würden sich im Betriebsablauf leider nicht vermeiden lassen, so der Bahn-Sprecher. Weiter heißt es in der Mail, man habe im "letzten Jahr an vielen Stellschrauben gedreht, um einen stabilen und für unsere Fahrgäste komfortablen ÖPNV zu gestalten".

Auch der Auftraggeber, der Landkreis Görlitz, hat im August eine positive Bilanz der Kooperation mit DB Regio Bus Ost gezogen. Gegenüber der Sächsischen Zeitung teilte ein Sprecher mit, das Busunternehmen habe sich nach anfänglichen Herausforderungen "als zuverlässiger und engagierter Partner für den Landkreis Görlitz etabliert". Der Landkreis sei "mit der Leistung der DB Regio Bus Ost sehr zufrieden".

DB Regio Bus Löbau Zittau fährt an Haltestelle heran.

Der Landkreis gab sich im August noch sehr zufrieden mit der Leistung von DB Regio Bus.

Leserin: "Es hat sich nichts verbessert"

Diese Beurteilung ärgert die Mutter aus Ebersbach, die nicht namentlich genannt werden will, besonders: "Das kann niemand hier verstehen. Es hat sich in den vergangenen Monaten nichts verbessert", schreibt sie.

Ortsbesuch in Löbau: An der Haltestelle Neumarkt warten wir an einem Donnerstag auf den Bus der Linie 30, der um 14:40 Uhr kommen soll. Er ist auf die Minute pünktlich. Der Busfahrer grüßt freundlich, als er das Ticket verkauft. Er spricht – soweit man das nach einem so kurzen Gespräch beurteilen kann – gutes Deutsch mit tschechischem Akzent. Der Bus ist gut gefüllt, aber nicht überfüllt.

Eine Haltestestelle weiter wartet die Löbauerin Petra Große auf einen Bus der Linie 5. "Ich bin zufrieden", sagt sie. Ja, Anfangsschwierigkeiten habe es nach der Umstellung auf DB Regio Bus gegeben, aber inzwischen seien die Busse pünktlich. "Klar sind sie voll, wenn die Schüler alle heimfahren, aber sonst geht das", findet sie.

Kritikpunkte wiederholen sich

Doch je länger wir uns umhören, desto mehr relativiert sich der gute erste Eindruck. Viele Befragte berichten von verspäteten und übervollen Bussen. Rebecca Hamann, die auf ihre Tochter wartet, die mit der S31 eigentlich schon am Neumarkt hätte ankommen sollen, sagt sie sei "total unzufrieden". Sechs Minuten Verspätung hat der Bus zum Zeitpunkt des Gespräches.

"Täglich" komme er unpünktlich. Auch würden zu kleine Busse eingesetzt. Morgens würden sich die Kinder schon ab dem Bahnhof "stapeln". "Die Kinder stehen gequetscht wie Ölsardinen".

Auch der 19-jährige Florian Priebs berichtet von überfüllten Bussen: "Ganz schlimm ist es gegen 15, 16 Uhr", sagt er, vor allem in der Linie 10, mit der er öfter fahre. "Du stehst dort nur eng an eng, es ist einfach eine Katastrophe."

Schüler: Busse häufig zu spät

Jakob, ein 17-jähriger Schüler, sagt, die 36 komme oft zu spät. "Mindestens in 50 Prozent der Fälle", schätzt er. "Und das geht von kleineren Zeitspannen auch manchmal zu 10, 20 Minuten. Da fragt man sich, wie das sein kann, weil es ja die zweite Haltestelle ist", fügt er hinzu. Immerhin, die Anzeigen würden meistens funktionieren. "Ab und zu gibt es mal eine Ausnahme, wo mal eine nicht funktioniert, aber das geht schon", findet er.

Einige Minuten später kommt der nächste Bus der Linie 30 zum Neumarkt. Zwei Mädchen auf dem Bussteig rätseln, ob das nun ihr Bus ist oder nicht. Auf der Anzeige sind nur kryptische Zeichen zu sehen. Als der Bus näher kommt, sehen sie ein Schild mit der Aufschrift 30 in der Frontscheibe und steigen ein.

Was sagt das Landratsamt?

Auf Nachfrage von MDR SACHSEN räumt das Landratsamt ein, dass es "zum Schuljahresbeginn" in der Mittagszeit zu sehr vollen Bussen komme. Diese "herausfordernden Situationen" seien bekannt und man versuche sie "in enger Kommunikation mit den Verkehrsunternehmen" zu lösen.

Diese würden prüfen, wie sie die Kapazitäten bestmöglich einsetzen können. Generell sei in den Hauptverkehrszeiten des Schülerverkehrs mit sehr vollen Bussen zu rechnen, da in dieser Zeit nahezu alle Fahrzeuge der Verkehrsunternehmen im Einsatz seien.