Eine Person steckt seine Wahlzettel zu Kommunalwahl in eine Wahlurne. 
Darauf die Schrift Kommentar und ein Foto von Uta Deckow.

Sachsen Kein "Weiter so" in Sachsen

Stand: 02.09.2024 05:00 Uhr

Die Stimmzettel sind ausgezählt, die Ergebnisse der Landtagswahl in Sachsen stehen fest. Was daraus jetzt folgen muss, analysiert Uta Deckow, die Leiterin der Politikredaktion von MDR SACHSEN.

Von Uta Deckow, MDR SACHSEN

Endlich. Der Wähler hat entschieden. Nie zuvor waren Wahlen so spannend, das war einer der meistgebrauchten Sätze. Und nun? Alles klar?

Ja, Michael Kretschmer hat es wieder geschafft. Wieder liegt die CDU vorn. Wieder haben viele Menschen für die Partei des Ministerpräsidenten gestimmt, um die AfD ganz vorn zu verhindern. Jeder Zweite immerhin laut den Umfragen. Das ist nicht das Signal für "weiter so".

Eingetrübte Stimmung wegen der Ampel - aber nicht nur

Dass die Stimmung eingetrübt ist, liegt zu einem gehörigen Anteil am Unmut über die Ampel in Berlin. Aber die Umfragen zeigen auch, wie sehr die sächsische CDU an Kompetenzzuschreibungen in fast allen Politikfeldern verloren hat, wie auch die Unzufriedenheit mit der sächsischen Regierung gewachsen ist. Auch die mit dem Ministerpräsidenten, selbst wenn er nach wie vor der populärste Politiker in Sachsen ist.

Corona, Krieg, Krise im Dauermodus. Das Tempo der Transformation ist riesig. Aber Probleme gibt es eben genug im Land und vor allem auch auf dem Land, wo sich im Zeitraffer in den vergangenen Jahren das Leben verändert hat: Kinder weg, Enkel weg, Arzt weg, Sparkasse weg, Konsum weg... Dass der demografische Wandel hier so zuschlägt, liegt nicht hauptsächlich an der Politik. Aber sie muss ihn gestalten.

Was Sachsen jetzt braucht

Es braucht nicht nur Ideen für dieses Land, sondern auch eine neue Aufbruchstimmung. Wie sagte Michael Kretschmer? Zuerst braucht es eine Koalition für die Menschen in diesem Land. Umfragen zeigen auch, dass davon viele gar nicht mitgestalten wollen.

Trotzdem oder gerade deshalb müssen die Möglichkeiten dafür größer werden. Vor allem in den Kommunen, dort, wo Menschen unmittelbar spüren, dass ihr Mitgestalten wirken kann. Dort, wo am ehesten sichtbar wird, wie es sich auswirkt, wenn Menschen in einen Ort mitmachen und wenn sie es in einem anderen nicht tun. Dafür braucht es endlich mehr Gestaltungsspielraum vor Ort – und da sind wir wieder bei den Dauerversprechen: auskömmliche Finanzausstattung und Entbürokratisierung.

Ideen gegen Angst finden

Dazu braucht es eine Regierung mit einer gemeinsamen Idee für Sachsen, bei allen politischen Unterschieden. Wenn kleinlicher Streit das öffentliche Bild dominiert - das sehen wir in Berlin und in Sachsen - sinkt das Vertrauen der Menschen in diese Regierungen.

Nach diesem extrem hart geführten Wahlkampf muss die Politik vor allem eine Sprache finden, in der sich die Menschen, viele Menschen wiederfinden. Die Angst heimatlos zu werden, in dem Sinne, dass sich die liebgewordene Heimat zu rasant, zu brutal ändert, muss durch die Idee von etwas Erstrebenswertem ersetzt werden. So pathetisch, so schwierig. Aber das muss zuallererst anders werden, wenn wir nicht in fünf Jahren wieder den Satz in Dauerschleife hören und lesen wollen: Nie zuvor waren die Wahlen so spannend. Denn viel Gutes enthielt dieser Satz in diesen Tagen nicht.

MDR (kk)