Menschen in einem Labor

Sachsen Osten als Patentschmiede: Fünf Erfindungen aus sächsischen Unis

Stand: 30.08.2024 14:52 Uhr

Die Sachsen sind helle. Das haben sie mit Erfindungen bewiesen wie den patentierten Kaffeefilter, Mundwasser, Thermoskanne, Büstenhalter oder Feinwaschmittel. Die Unis und Hochschulen im Freistaat können daran anknüpfen, wie eine neue Studie zeigt. Häufig lösen neuere Erfindungen aktuelle Probleme, die die Welt umtreiben, wie einige Beispiele zeigen.

Von MDR SACHSEN

Früher erfanden die Sachsen viele praktische Dinge wie den Bierdeckel, die Thermoskanne oder den Büstenhalter. Mit dem Industriezeitalter kamen mechanische Neuerungen hinzu wie die Schiffchenstickmaschine oder das Zehntastensystem. Heute beschäftigen die Hochschulen und Unis im Freistaat, die laut einer Studie zu den patentstärksten in Deutschland zählen, globale Probleme. Heraus kommen spannende angemeldete Erfindungen, wie fünf Beispiele aus Dresden, Chemnitz und Freiberg zeigen.

Patentschmiede Bergakademie Freiberg

Einweg-Möbel für Notunterkunft

Umweltkatastrophen, Seuchen und Kriege treiben weltweit Menschen in die Flucht. Um ihnen zu helfen, wurden an der TU Dresden Einwegmöbel aus Pappe für Notunterkünfte entwickelt. Mit medizinischen Einweg-Betten habe es begonnen, berichtete Sven Grasselt-Gille vom Lehrstuhl für Holz- und Faserwerkstofftechnik im Universitätsjournal. Aktuell werden sie in einer Rot-Kreuz-Asylunterkunft in einer sächsischen Kreisstadt eingesetzt.

Halten die Einwegmöbel auch bei Sturm und Regen? "Sie werden in Zelten aufgestellt und sind stabil", erklärt Grasselt-Gille MDR SACHSEN. "Zudem treten Extremwetterereignisse oft kurz auf und die Menschen müssen hinterher monatelang unterkommen." Der große Vorteil der Papp-Möbel sei ihre ressourcenschonende Verarbeitung und Entsorgung im Vergleich zu Betten aus Metall oder Kunststoff.

Umweltkatastrophen, Seuchen und Kriege treiben weltweit Menschen in die Flucht. Um ihnen zu helfen, wurden an der TU Dresden Einwegmöbel aus Pappe für Notunterkünfte entwickelt. Daraus entstand das ausgegründete Startup Aidboards

Ein zwei Meter langes und einen Meter breites Papp-Bett, das als Steckset geliefert und mit wenigen Handgriffen aufgebaut werden kann, haben Forscherinnen und Forscher an der TU Dresden entwickelt. Nach dem Gebrauch kann das Einweg-Bett recycelt werden.

Fackel ersetzt teuren Schmelzofen

Für das Problem knapper Rohstoffe hat die TU Bergakademie Freiberg (TUBAF) eine elektrisch betriebene Plasma-Fackel entwickelt. Nach Uni-Angaben ersetzt sie beim Metallschmelzen, das in vielen Industriezweigen nötig ist, herkömmliche Erdgasbrenner und Schmelzöfen. Wie Mitentwickler Lukas Mastaler MDR SACHSEN erklärte, sei diese CO2-freie Technologie für alle kommenden Generationen interessant. Der Uni zufolge könnte das Verfahren bis zu eine Million Tonnen CO2 pro Jahr in Europa einsparen.

Plasmafackel zum Metallschweißen

Die patentierte Erfindung zum energiearmen Schmelzen von Metallen hat die Bergakademie Freiberg nach eigenen Angaben für eine mittlere sechsstellige Summe an eine Schweizer Firma verkauft.

Draht wird zu 3D-Stoff gewebt

Was Ritter im Mittelalter als Kettenhemd trugen, ist eine Zukunftsidee für leichte Strukturen beim Maschinenbau, der Autoherstellung oder der Luftfahrt. Dafür hat Cornelia Sennewald an der TU Dresden Metallfäden und Metalldrähte zu 3D-Netzen gewebt. Demnach entstehen dabei superfeste Verbindungen aus sehr wenig Material. Damit könne man Betonstrukturen von Gebäuden verstärken, um sie vor Erdbeben zu schützen, heißt es auf der Internetseite der Fakultät für Maschinenwesen.

Eine Frau und ein Mann sitzen an einem Tisch vor einem Rechner. In der Hand halten sie einen Drahtkorb.

Ingenieurin Cornelia Sennewald entwickelte an der TU Dresden metallische 3D-Strukturen an der Webmaschine.

Fernkälte für heiße Tage

Hitzetage sind keine Seltenheit im Sommer. Aber wo bekommt man stadtweit schnell kühle Luft her? Dafür hat die TU Chemnitz mit den Stadtwerken einen Kurzzeit-Großkältespeicher entwickelt und patentiert. Wie Thermodynamik-Experte Professor Thorsten Urbaneck auf der Internetseite seiner Fakultät erklärt, wird der gedämmte und mit 3,5 Millionen Litern Wasser gefüllte Kältespeicher nachts durch Kältemaschinen aufgeladen. Seine Kälte gibt er tagsüber an ein 4,5 Kilometer langes Rohrnetz ab.

Ein großer Behälter steht auf einem Firmengelände. Daneben stehen silberfarbige Türme.

Ein von der TU Chemnitz mit den Stadtwerken entwickelter Kältespeicher steht<br/>an der Georgstraße. Er versorgt das bereits bestehende Fernkältenetz über Rohre mit ausreichender Kälte für längere Hitzeperioden.

Wie eine Sprecherin der Chemnitzer Stadtwerke "Eins" MDR SACHSEN sagte, gibt es für die Fernkälte 38 Verbrauchsstellen in 27 Gebäuden und Gebäudekomplexen. Dazu zählten Einkaufszentren, Bürogebäude oder das Klinikum Chemnitz.

Neues Robotergelenk

In der Zukunft spielen Roboter in vielen Lebensbereichen wie Produktion, Pflege oder Haushalt eine Rolle. An der TU Chemnitz wurde dafür ein federndes Robotergelenk entwickelt. Wie Robotik-Professorin Ulrike Thomas MDR SACHSEN sagte, helfe es dabei, dass sich Menschen und Roboter sicher in einem Raum bewegen. Eine Feder im Gelenk nehme die Energie auf und mindere Stöße ab. Davon gebe es bereits mehrere aus Chemnitz. Thomas zufolge soll auf ihnen eine neue Generation von Robotern aufbauen.

Ein Roboter-Gelenk im Testeinsatz. Ein Forscher (lnks) steuert, eine Forscherin (rechts) schaut zu

Die Robotikforschung an der TU Chemnitz will das Zusammenspiel von Menschen und Robotern schmerz- und unfallfrei gestalten. Der Bereich von Ulrike Thomas (rechts) meldete mehrere Patente an. (Archivbild)

Die drei besten Patent-Unis aus Sachsen

Bundesweit haben 165 Hochschulen im Zeitraum zwischen 2017 und 2021 rund 4.380 Patente angemeldet. Spitzenreiter ist die Technische Universität Dresden mit 285 Anmeldungen bei einem Frauenanteil von 8,5 Prozent. Die TU Bergakademie Freiberg rangiert auf dem 13. Platz mit 86 Patentanmeldungen (12,2 Prozent Frauenanteil). Die Technische Universität Chemnitz kam auf den 32. Platz mit 41 Patentanmeldungen (8,7 Prozent Frauenanteil). Quelle: Institut der Deutschen Wirtschaft (IW)

Erfolgsgeheimnis: Praxisbezug und Netzwerken

Ein Patentrezept für viele Erfindungen gebe es übrigens nicht, dafür zwei Zutaten zum Erfolgsrezept der Bergakademie in Freiberg, sagte Forschungs-Prorektor Tobias Fieback MDR SACHSEN: Hoher Praxisbezug und Patente, die globale Herausforderungen wie Klimawandel, knappe Rohstoffe oder steigende Mobilität lösen. Der Dresdner Professor für Innovations- und Technologiemanagement, Andreas Pinkwart, setzt auf ein Excellenzcenter und ein Gründernetzwerk, das Frauen zum Erfinden und Gründen ermutige.

MDR (wim/gwe)/epd