Sachsen Parkplatzfrust und saftige Knöllchen: Die Schattenseiten vom "Indian Summer"
Der goldene Herbst lockt dieser Tage viele in den Forstbotanischen Garten nach Tharandt. Hier zeigen Bäume, die eigentlich in Nordamerika beheimatet sind, derzeit sämtliche Farbspektren. Doch das kleine Örtchen ist dem regelrechten Besucheransturm nicht gewachsen. Der wissenschaftliche Leiter appelliert mit Blick auf die letzten Öffnungstage, öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen oder weiter weg zu parken.
- Ein Stück Nordamerika in Sachsen: "Indian Summer" lockt Tausende nach Tharandt.
- Es gibt kaum Parkplätze, dafür aber Knöllchen in Höhe von 55 Euro.
- Herbstfans erzählen, wie die Anreise ohne Parkplatzstress zum Forstbotanischen Garten funktioniert.
Mit leisem Rascheln bewegen sich leuchtend gelbe und tief rot gefärbte Blätter in einer leichten Herbstbrise an den Zweigen. "Ich find's hier cool", sagt der sechsjährige Felix. Auf einer Steinbank macht er gerade mit seiner Mutter und den Großeltern eine Pause und genießt die Aussicht: "Hier gibt's schöne bunte Blätter: gelbe, grüne, orange und rote". Passend zur herbstlichen Farbenpracht trägt er eine senfgelbe Jacke mit Fuchs, Eichhörnchen und Fliegenpilzmotiv. Im Hintergrund leuchten die Farben um die Wette.
Felix (Mitte) ist mit seiner Familie gekommen und findet die bunten Blätter "cool".
"Indian Summer" in Sachsen
Je weiter der Tag voranschreitet, desto mehr Schaulustige finden den Weg ins Nordamerika-Quartier des Forstbotanischen Gartens in Tharandt. Hier bietet sich mitten in Sachsen ein außergewöhnliches Naturschauspiel: der "Indian Summer". Leuchtend bunte Blätter von Bäumen, die sonst in Nordamerika heimisch sind. Kleine Schilder weisen ihre botanischen Namen aus.
Der Ansturm ist enorm. Auf angelegten Wegen schlendern Familien mit Kindern, Paare mit Hunden und auch Menschen, die ganz für sich allein die herbstliche Stimmung genießen wollen. Doch die Farbenpracht der Bäume und Sträucher im Forstbotanischen Garten der TU Dresden ist schon länger kein Geheimtipp mehr. Wer dieser Tage das bunte Farbspektakel erleben möchte, muss zuvor eine nicht unerhebliche Hürde bewältigen: die Anreise. Denn Parkplätze gibt es vor Ort kaum.
Kaum Parkmöglichkeiten, dafür 55-Euro-Knöllchen
Während drinnen, die, die schon früh da waren, stimmungsvolle Herbstfotos knipsen oder Hand in Hand die Farbenpracht genießen, schleichen draußen vor dem Park Autos suchend auf der Zufahrtsstraße zum Forstbotanischen Garten hin und her. Der Eintritt kostet kein Geld. Der Besuch kann trotzdem teuer werden: Ein Knöllchen fürs Falschparken kostet 55 Euro. Dicht an dicht stehen schon früh am Morgen dutzende Autos auf der Wiese neben der Straße oder kreuz und quer auf umliegenden Wiesen und Feldern. Das Abstellen von Autos ist hier nicht erlaubt. Viele tun es trotzdem.
"Die Parkplatzsituation ist beschissen", fasst es Silke Muschter zusammen. "Auf der Wiese neben der Straße zu parken, ist sicher nicht erlaubt, aber es gibt auch keine andere Möglichkeit", fügt ihre Begleitung Marina Nilmager hinzu. Gemeinsam mit den Kindern wollen sich die beiden Frauen einen schönen Tag in der Natur machen, doch die Anreise trübt die Vorfreude etwas.
"Parkplatzsituation ist eine Katastrophe"
Wer direkt vor dem Eingang keine Parklücke gefunden hat, kurvt durch das angrenzende Industriegebiet. Die wenigen Parkbuchten sind dieser Tage schnell voll. Einige weichen in angrenzende Wohngebiete aus, andere auf weiter entfernte Parkplätze. Grade für Menschen mit Einschränkungen sei die schwierige Parkplatzsuche ein Problem, erzählt Silvia Mittmann, die mit ihrer Mutter Hannelore Geburtig gekommen ist. Die 87-Jährige ist auf einen Rollator angewiesen.
Auf der Fläche von 15 Hektar sind 500 verschiedene Gehölzarten mit etwa 50.000 verschiedenen Pflanzen zu finden. Es gibt künstliche Gewässer und den Rocky Mountains nachempfundene Felsformationen.
"Besucherzahlen haben sich verdoppelt"
Kustos Ulrich Pietzarka, wissenschaftlicher Leiter des Forstbotanischen Gartens, freut sich über das große Interesse der Menschen. Zu MDR SACHSEN sagt er: "Die Zahlen haben sich in den vergangenen Jahren verdoppelt. Inzwischen kommen jährlich bis zu 120.000 Menschen, besonders viele im September und Oktober, wenn sich die Blätter der Bäume aus Nordamerika verfärben." Vor 25 Jahren war er selbst in Nordamerika, um Samen für den Forstbotanischen Garten zu sammeln.
Es ist natürlich ein Traum, dass unsere Arbeit einen solchen Anklang in der Bevölkerung findet und so eine Wertschätzung. Doch Tharandt ist dem Besucheransturm nicht gewachsen. Ulrich Pietzarka | Wissenschaftlicher Leiter Forstbotanischer Garten
"Es ist natürlich ein Traum, dass unsere Arbeit einen solchen Anklang in der Bevölkerung findet und so eine Wertschätzung. Doch Tharandt ist dem Besucheransturm nicht gewachsen", sagt er. Vor allem in diesen besonderen vier, fünf Wochen im Herbst. Der Park an sich bietet genügend Platz: Auf der Fläche von 35 Hektar sind 500 verschiedene Gehölzarten mit etwa 50.000 verschiedenen Pflanzen zu finden. Doch vor den Toren bietet sich ein anderes Bild: Es fehlen Parkplätze.
Dringender Appell: "Öffentliche Verkehrsmittel nutzen"
"Mein dringender und großer Appell ist es, den ÖPNV zu nutzen", sagt Ulrich Pietzarka auch mit Blick auf den bevorstehenden Feiertag und das Wochenende nach dem Brückentag. Er hat festgestellt, dass teilweise ziemlich verantwortungs- und rücksichtslos geparkt wird. Besonders für die nahe gelegene Seniorenresidenz, wo öfter der Notarzt vorfahren müsse, sei das ein Problem: "Da geht es um Zeit, um jede Sekunde. Es darf nicht sein, dass der Notarzt wegen abgestellter Autos nicht durchkommt", sagt er eindringlich.
"Langfristig sind wir natürlich auch dran zu versuchen, zusätzliche Parkflächen zu schaffen. Doch die Umsetzung gestaltet sich leider nicht so einfach. Wir hatten zwischenzeitlich auch darüber nachgedacht, Eintrittspreise zu erheben. Doch davon sind wir wieder abgekommen", erzählt Pietzarka.
Keine Lust auf den Parkplatz-Stress hatten Ires Marzinek, Anne Deckert und Thomas Topp - sie sind mit öffentlichen Verkehrsmitteln angereist und ein Stück zu Fuß gegangen.
Anreisen ohne Parkplatz-Stress
"Hier oben am Forstpark ist es schwierig, was zu finden. Aber wer bereit ist, auch ein Stück zu laufen, kann in der Stadt parken und an der Uni kostenlos parken", sagt Robert Kehrer. "Man muss halt ein Stück laufen", sagt er. Gemeinsam mit Frau, Tochter und Hund hat er den Herbsttag für eine kleine Wanderung genutzt. Tochter Nila hält ein gelbes Blatt in der Hand: "Das nehm' ich mit nach Hause. Das sieht nämlich aus wie eine Eule. Das will ich dann pressen und auf ein Blatt kleben. Das macht mir Spaß", sagt die Elfjährige.
Ires Marzinek, Thomas Topp und Anne Deckert hatten ebenfalls keine Lust auf den Parkplatz-Stress. Die drei sind mit öffentlichen Verkehrsmitteln angereist. "Das hat total gut funktioniert. Wir würden das auch anderen empfehlen," sagt Thomas Topp. "Da hat man keine Parkplatzsuche, ärgert sich nicht und kommt entspannt an", ergänzt Anne Deckert.
Nur noch wenige Tage geöffnet
Der Forstbotanische Garten schließt regulär am 31. Oktober. Aufgrund der Witterungslage bleibt er in diesem Jahr noch bis zum kommenden Sonntag geöffnet. Besonders Interessierte können mit Glück noch eine Führung buchen.