Sondierungsgespräche zwischen CDU, BSW und SPD

Sachsen Sondierungsgespräche in Sachsen unterbrochen - SPD will "klärendes Gespräch"

Stand: 26.10.2024 18:30 Uhr

Nach den sogenannten Kennenlerngesprächen zwischen CDU, BSW und SPD in Sachsen sah es so aus, als könnten die drei Parteien trotz großer inhaltlicher Differenzen einen Weg zu einer gemeinsamen Regierung finden. Sie stimmten Sondierungsgesprächen zu und kamen zu den ersten Treffen zusammen. Am Freitag stieg die SPD vorübergehend aus den Gesprächen aus. Hintergrund ist das Abstimmungsverhalten von BSW-Abgeordneten im Landtag zu einem AfD-Antrag.

Von MDR SACHSEN
  • SPD sieht Schulterschluss von AfD und BSW und spricht von einer schweren Belastung.
  • Am Montag soll es ein klärendes Gespräch zwischen den Spitzen der drei Sondierungsparteien geben.
  • Der Dresdner Politikwissenschaftler Vorländer wertet BSW-Abstimmung als Störmanöver und sieht keine Basis für eine Koalition.

Nachdem Teile der BSW-Fraktion im Sächsischen Landtag am Freitagmittag für den AfD-Antrag zur Einsetzung eines Corona-Untersuchungsausschusses gestimmt haben, hat die SPD Sachsen die Sondierungsgespräche unterbrochen. Es bestehe interner Klärungsbedarf, sagte ein Sprecher auf Nachfrage von MDR SACHSEN.

"Belastung für die laufenden Sondierungsgespräche"

Die SPD-Landesvorsitzenden Kathrin Michel und Henning Homann erklärten: "Der heutige Schulterschluss von AfD und BSW bei der Abstimmung über einen Corona-Untersuchungsausschuss ist eine schwere Belastung für die laufenden Sondierungsgespräche. Die SPD wird deshalb bis zu einer Klärung der Spitzen die Verhandlungen in den Arbeitsgruppen aussetzen."

AfD hätte Antrag auch ohne BSW-Stimmen durchbekommen

Verhandlungen brauchten Vertrauen, so Michel und Homann. Die BSW-Fraktion habe im Landtag den Eindruck vermittelt, dass sie den Antrag der AfD auch inhaltlich unterstützt, und damit einem Tribunal zugestimmt. "Das ist für uns nicht hinnehmbar." Die "inhaltliche Unterstützung eines populistischen Antrags einer gesichert rechtsextremen Partei" sei fatal. Auch ohne die Stimmen des BSW wäre es zu dem Untersuchungsausschuss gekommen, da die AfD mit 40 Abgeordneten im Landtag vertreten ist, nötig waren 24 Stimmen.

Das BSW ist eine neue Partei. Aber trotzdem wissen sie genau, was sie tun. Und deshalb ist es wichtig, dass wir uns noch mal hinsetzen und das miteinander klären. Das soll am Montag stattfinden. Davon machen wir abhängig, wie es weitergeht. Henning Homann | SPD-Vorsitzender Sachsen

CDU und SPD wollen anderen Weg der Corona-Aufarbeitung

CDU und SPD wollen zur Aufarbeitung der Corona-Pandemie einen anderen Weg gehen. Statt eines nichtöffentlichen Untersuchungsausschusses wollen die beiden Verhandlungspartner in den Sondierungen einen Antrag für eine Enquete-Kommission stellen. So eine Kommission könne Wissenschaftler und Bürger einbeziehen, weitere sich ergebende Themen bearbeiten und ihre Arbeit öffentlich machen, argumentierte die SPD am Freitag. Über den Antrag zur Enquete-Kommission wird der Landtag aber erst später beraten.

BSW ruft SPD zurück an den Verhandlungstisch

Die Co-Landes- und Fraktionsvorsitzende des BSW in Sachsen, Sabine Zimmermann, kritisierte die Unterbrechung. "Wir wollten uns gerade in der Arbeitsgruppe zu Gesundheit und Soziales mit den Vertretern der CDU und SPD treffen, um für Sachsens Gesundheitssystem die richtigen Weichen zu stellen, da erklärte die SPD die Sondierungsgespräche auf einmal für unterbrochen." Sie forderte die SPD dazu auf, "schleunigst an den Verhandlungstisch zurückzukehren".

Wie weiter in Sachsen?

Am kommenden Montagmorgen soll es zunächst ein klärendes Gespräch der Spitzenrunde von CDU, SPD und BSW geben, bestätigte Homann dem MDR. Die SPD brauche Klarheit darüber, ob eine vertrauensvolle Zusammenarbeit möglich ist. Man strebe eine stabile Regierung an, aber nicht um jeden Preis. Homann zog Parallelen zu den schwierigen Verhandlungen in Thüringen.

Medienberichten zufolge soll vor allem die SPD verärgert sein, weil sich der Untersuchungsausschuss gegen die sächsische Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) richten soll. Sie war SPD-Spitzenkandidatin im Landtagswahlkampf. Es gehe nicht, dass das BSW einerseits mit SPD und CDU eine Regierung bilden wolle und andererseits mit der AfD zusammen gegen Köpping vorgehe, hieß es.

Politikwissenschaftler spricht von Störmanöver

Die Sondierungsgspräche hatten erst in dieser Woche am Dienstag begonnen. Zuvor trafen sich CDU, SPD und BSW zu mehreren Kennenlerngesprächen auf dem Weg zur sogenannten Brombeer-Koalition.

Der Dresdner Politikwissenschaftler Hans Vorländer wertet die BSW-Stimmen für einen AfD-Antrag im Landtag als Störmanöver bei der Regierungsbildung von CDU, BSW und SPD. "Es handelt sich um einen Affront gegenüber den potenziellen Koalitionspartnern", sagte Vorländer der Deutschen Presse-Agentur. Das BSW habe damit Misstrauen und Unzuverlässigkeit demonstriert. Ob das BSW künftig auch bei anderen Themen mit der AfD stimmen werde, sei vollkommen unsicher, so Vorländer. Er sehe zur Zeit keine verlässliche und vertrauensvolle Basis für eine Koalition aus CDU, BSW und SPD. 

MDR (kk/dkö/L. Grothe, MDR Investigativ)/Reuters/dpa