Die "Seabreeze" am Geierswalder See

Sachsen Zurück aufs Wasser: Die Rettung der Seabreeze am Geierswalder See

Stand: 23.11.2024 10:00 Uhr

Am Geierswalder See im Lausitzer Seenland liegt die MSY Seabreeze, ein historisches Schiff mit bewegter Vergangenheit. Ursprünglich ein Rettungsboot der "Wilhelm Gustloff", dient es heute als Segelschulschiff und Erinnerungsort. Doch nach einem Vorfall im vergangenen Jahr steht das Schiff vor einer aufwändigen Reparatur - und einem neuen Traum: der Teilnahme an der Hanse Sail 2025.

Von Martin Kliemank, MDR SACHSEN

Am Geierswalder See im Lausitzer Seenland liegt ein ganz besonderes Schiff: die MSY Seabreeze. Einst war sie ein Rettungsboot der "Wilhelm Gustloff", jenem Kreuzfahrtschiff der Nationalsozialisten, das 1945 von einem sowjetischen U-Boot versenkt wurde. Nun hat die Seabreeze eine neue Bestimmung als Segelschulschiff und schwimmender Erinnerungsort.

Ein Verein nutzt das historische Boot, um Schülern das Thema Flucht und Vertreibung näherzubringen. Doch ein Vorfall im vergangenen Jahr brachte die Arbeit der Crew ins Wanken.

Die "Seabreeze" am Geierswalder See

Dieses Wappen ziert den Bug der Seabreeze.

Zerstörungen durch nächtliche Aktion

Im Sommer 2023 sollte die MSY Seabreeze an der renommierten "Hanse Sail" in Rostock teilnehmen - eines der größten Treffen von Traditionsseglern weltweit. Die Vereinsmitglieder hatten monatelang auf dieses Highlight hingearbeitet.

Doch kurz vor dem Event kam alles anders: Eine Gruppe Jugendlicher im Alter von 16 bis 22 Jahren löste nachts die Haltetaue des Schiffes vom Steg. Das Boot trieb nur noch an einem dünnen Elektrokabel befestigt auf den See hinaus und schlug wiederholt gegen den Steg. "Dort sieht man eben auch, dass der Schweiß- und Pressriss dort aufgegangen ist", erklärt Skipper Dirk Rolka und zeigt auf mehrere Dellen im Stahlrumpf der Seabreeze. Der Schaden: ein hoher vierstelliger Betrag.

Für die Crew des Vereins ein herber Rückschlag: "Das war schon ein moralischer Knick" sagt Dirk Rolka. "Man arbeitet monatelang auf ein Ziel hin, und dann fühlt man sich, als hätte man irgendwo versagt - obwohl es gar nicht unser Verschulden war."

Die "Seabreeze" am Geierswalder See

Dirk Rolka zeigt eine der Schadstellen am Stahlrumpf des Schiffes. An dieser Stelle drang Wasser ins Bootsinnere.

Rettung durch einen "Schweißer-Gott"

Trotz des Rückschlags hat das Team neuen Mut geschöpft. Der "Schweißer-Gott", wie Rolka ihn nennt, ist ein Metallbauer, der bereits vor mehr als zehn Jahren bei der Restaurierung der Seabreeze geholfen hatte. "Damals hat der Schiffs-TÜV gefragt, welche Werft die Arbeiten durchgeführt hat, weil alles so beeindruckend aussah", erinnert sich Rolka. Nun soll der Experte das Schiff wieder instand setzen. Ziel ist es, die MSY Seabreeze bis Ende April 2025 wieder voll seetauglich zu machen.

Die "Seabreeze" am Geierswalder See

Dirk Rolka zeigt den Stolz der Crew: den originalen Schiffsmotor (Baujahr 1937).

Ein Ort voller Geschichte

Die Seabreeze ist weit mehr als ein Segelschulschiff, meint Rolka. Sie dient auch als Mahnmal für die Tragödie der "Wilhelm Gustloff", bei deren Untergang mehr als 9.000 Menschen ums Leben kamen - die größte Schiffskatastrophe der Geschichte. Immer wieder kommen Besucher aus der Ferne, die das Boot mit persönlichen Geschichten verbinden. "Sie fragen, ob sie fünf Minuten allein auf dem Boot sein dürfen, und erzählen dann von Angehörigen, die damals ums Leben gekommen sind", berichtet Rolka.

Ein neuer Traum: Hanse Sail 2025

Neben der Wiederherstellung des Bootes hat die Crew ein klares Ziel: Die MSY Seabreeze soll im kommenden Jahr an der Hanse Sail teilnehmen. Nach der Zwangspause 2023 wäre es ein besonderer Moment, das historische Boot in Rostock präsentieren zu können - als lebendige Erinnerung an die Vergangenheit und als Symbol für den Neuanfang. Bis dahin bleibt viel zu tun, doch der Verein ist zuversichtlich: Mit vereinten Kräften und der Unterstützung des "Schweißer-Gotts" wird die Seabreeze bald wieder im vollen Glanz erstrahlen.

MDR (ben)