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Nach Enthüllungen über Aussagen des Magdeburg-Attentäters an dessen Arbeitsplatz wurde nun sein damaliger Vorgesetzter freigestellt. Die Betreiberin des Maßregelvollzugs kündigte weitere Schritte an.

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Anschlag in Magdeburg Salus GmbH plant Sonder-Untersuchung und stellt Vorgesetzten des Attentäters frei

02. März 2025, 14:13 Uhr

Nach MDR-Enthüllungen über Aussagen des Magdeburg-Attentäters an dessen Arbeitsplatz im Maßregelvollzug wurde nun sein damaliger Vorgesetzter freigestellt. Taleb A. hatte gegenüber Kollegen im August 2024 angedeutet, dass er sich in einem Krieg befinde. Die Betreiberin kündigte außerdem eine Sonder-Untersuchung an.

Nach MDR-Enthüllungen über Aussagen des Magdeburg-Attentäters an dessen Arbeitsplatz ist der Ärztliche Direktor des Maßregelvollzugs Bernburg freigestellt worden. Das teilte die landeseigene Salus gGmbH am Donnerstag mit, die die Einrichtung betreibt.

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Der Attentäter von Magdeburg soll seine Tat gegenüber Kollegen angedeutet haben – Monate vor dem Anschlag vom 20. Dezember. Warum er dennoch nicht gestoppt wurde.

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Taleb A. war im Maßregelvollzug als Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie angestellt. Gegenüber Kollegen hatte er bereits im August 2024 angedeutet, dass er sich in einem Krieg befinde, dessen Ausgang entweder sterben oder umbringen sein werde. Der Vorfall ist in einer Mail dokumentiert, die MDR SACHSEN-ANHALT vorliegt.

Klinik: Freistellung "keine Vorverurteilung"

Die vorläufige Freistellung des Ärztlichen Direktors beinhalte ausdrücklich keine Vorverurteilung, heißt in einer Pressemitteilung der Salus gGmbH weiter. Hintergrund seien interne Untersuchungen. Ziel sei es, den ärztlichen Direktor und die Ermittlungen zu schützen.

Mitte Februar hatte sich der Aufsichtsrat der Salus gGmbH mit den Aussagen von Taleb A. und dem Umgang der Leitung damit beschäftigt. Der Hinweis zum Verhalten des späteren Attentäters sowie die zugehörige E-Mail seien Anfang Februar aufgetaucht, für den Geschäftsführer der Salus gGmbh nach eigener Aussage überraschend. Man wolle nun zur lückenlosen Aufklärung und Transparenz beitragen. Dafür sei das Justiziariat des Unternehmens mit einer internen Sonderprüfung beauftragt worden.

Hinweise vor Anschlag in Magdeburg: Untersuchung durch externe Sachverständige

Sämtliche Sachverhalte und Kommunikations-Abläufe in Zusammenhang von Taleb A. – von dessen Einstellung bis zur Kündigung – sollen demnach vollständig untersucht werden. Die Untersuchungs-Gruppe werde auf Kolleginnen und Kollegen des Attentäters zugehen. Geplant sei aber auch ein anonymes Hinweisgeber-Portal, dass noch im Februar an den Start gehen soll. Es werde derzeit konfiguriert, sagte eine Salus-Sprecherin.

Externe Sachverständige sollen laut Salus zudem aufklären, inwiefern Erkenntnisse zu möglichen psychischen Auffälligkeiten von Taleb A. vorgelegen hätten, welcher psychiatrischen Einschätzung diese unterzogen worden und wie diese zu bewerten seien. "Die Sonderprüfung wird von der Maxime geleitet, dass Sorgfalt vor Schnelligkeit geht", sagte die Sprecherin. Damit werde sichergestellt, dass alle Aspekte gründlich untersucht und keine wichtigen Details übersehen würden. Einen Termin für einen Abschlussbericht könne man deshalb nicht nennen, hieß es. Eine Veröffentlichung von Zwischenständen sei nicht vorgesehen.

"Krankenrückkehrgespräch" nach Vorfall

MDR-Recherchen hatten gezeigt, dass der Ärztliche Direktor unmittelbar nach Aussagen von Taleb A. im August 2024 vor Kollegen per Mail darüber informiert worden war. Zehn Tage später, Ende August führte der Direktor mit Taleb A. ein "Krankenrückkehrgespräch", in dem der spätere Attentäter "keine Anzeichen einer Selbst- oder Fremd-Gefährdung erkennen ließ". Damit hatte sich der Vorfall für die Leitung des Maßregelvollzugs erledigt. Etwa vier Monate später hatte Taleb A. mit einem Auto auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg sechs Menschen getötet und knapp 300 verletzt.

Die Salus gGmbH ist eine gemeinnützige Betreibergesellschaft für soziale Einrichtungen des Landes Sachsen-Anhalt. Taleb A. war bei Salus angestellt und seit 2020 als Stationsarzt im Maßregelvollzug in Bernburg tätig. Dabei hat er auf drei Stationen Straftäter psychiatrisch betreut. Psychiater und Psychiaterinnen sind dazu ausgebildet, psychische Erkrankungen zu erkennen und zu diagnostizieren. Anders als Psychotherapeuten und -therapeutinnen dürfen sie auch Medikamente verschreiben. Als erste Reaktion auf den Anschlag hatte die Salus gGmbH Taleb A. am 23. Dezember fristlos gekündigt.

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dpa, MDR (Daniel Salpius, Alisa Sonntag), zuerst veröffentlicht am 20.02.2025

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 20. Februar 2025 | 18:00 Uhr

61 Kommentare

Eddi58 vor 6 Wochen

@Britta.Weber
Der Täter von Magdeburg passte in kein Schema. Auffällig ist, das die vielen Anzeichen für Fehlverhalten aus den unterschiedlichen Ländern nicht weiter gegeben und zusammengefasst wurden. Organisierte Verantwortungslosigkeit ist (nicht nur bei der inneren Sicherheit) das Maß der Dinge…Am Ende war es ein falsch abgestelltes Polizeifahrzeug, dass den Anschlag hätte verhindern können.
Übrigens: in der Psychiatrie ist die Personalnot so groß, zumal im Maßregelvollzug, dass praktisch jede/r der an die Tür klopft eingestellt wird.🤔

Anita L. vor 6 Wochen

"Das eklatante Versagen unserer Sicherheitsorgane hat 6 Menschen das Leben gekostet und 67 Schwerstverletzte gebracht."

Nein, sondern ein kranker Mensch mit äußerst wirrem Kopf hat diese Menschenleben zu verantworten.

"Deshalb sollten jetzt wenigstens genaue Untersuchungen durchgeführt und Mängel schonungslos aufgedeckt werden."

Schonungslos, du meine Güte! Es wird doch ermittelt.

"Die Rücktritte der beiden Innenministerinnen sind dazu dringend notwendig."

Warum? Wissen Sie bereits mehr? Wenn jedes Mal die Innenminister zurücktreten, weil einer durchdreht, wirds anstrengend. Auch das - ob tatsächlich ein Versagen der Ministerien vorliege - ist Aufgabe der Untersuchungen, es herauszufinden.

der Steuerzahler vor 6 Wochen

Wenn Sie die Ergebnisse und Konsequenzen schon nach Ihrem Gusto festlegen, bevor alle Untersuchungen gelaufen sind, kann man sich das auch sparen.

Alles was sich nicht zu 100% mit Ihrer Ansicht deckt, wird auch nur wieder als Vertuschung geframt.

Die Polizei hat jeden Tag mit mehr oder weniger konkreten Drohungen zu tun. Ein konkreter Verdacht hat sich nicht ergeben, deswegen blieb es bei den getroffenen Maßnahmen. Was am Ende den Täter dazu bringt so eine Tat auszuführen, kann nur er Ihnen sagen.

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