Sachsen-Anhalt Schüler aus Osterwieck erinnern mit Brockenwanderung an den Mauerfall
Schüler aus Osterwieck haben an den Fall der innerdeutschen Grenze erinnert. Alle 19 Klassen des Fallstein-Gymnasiums haben gemeinsam Wandertag gemacht und in einem Sternmarsch das Harzer Symbol für Teilung und Einheit gleichermaßen "erobert" – den Brocken.
Schierke hüllt sich in dickem Nebel, als einige Klassen des Fallstein-Gymnasiums Osterwieck (FGO) von hier aus Richtung Gipfel starten. Manch einer hofft, mit jedem Höhenmeter dem Sonnenschein etwas näher zu kommen. Denn in der ganzen Woche bescherte eine Inversionswetterlage dem Brockenplateau traumhaftes Herbstwetter.
Und die Schüler sind gespannt, was ihnen ihre Wanderpaten unterwegs aus der Zeit der deutschen Teilung und des Mauerfall erzählen werden.
Zeitzeuge: "Hier war früher Grenz- und somit Sperrgebiet"
Als die 8. Klasse des FGO in den Eckerlochstieg einbiegt, macht es Henning Rühe als Zeitzeuge greifbar. "Wo wir sind, war von 1961 bis 1989 Grenz- und somit Sperrgebiet", erinnert sich der ehemalige Landrat. "Ich bin 1960 als Schüler von Ilsenburg auf den Brocken marschiert. Das war zu DDR-Zeiten das letzte Mal."
Hennig Rühe erzählt von der Zeit der deutschen Teilung.
Gespannt hören ihm die Schüler zu, auch als ihr Wanderpate über das damalige Grenzregime spricht. Direkt an der innerdeutschen Grenze in Dedeleben aufgewachsen, lässt Henning Rühe die Schüler an seinen Erinnerungen teilhaben. Einerseits war das "ein Stück Normalität, aber ein Stück Unnormalität natürlich auch", sagt er mit nachdenklichem Blick. Und das Unnormale habe sich seit 1989 erledigt, das sei das Gute daran.
Schülerin: "Zeichen für Freiheit ohne Grenzen"
Die FGO-Schüler folgen Rühes Schilderungen ganz aufmerksam und denken sichtlich darüber nach. Arjen etwa meint anschließend, ähnliche Erzählungen zur Geschichte der deutschen Teilung nur von Oma und Opa zu kennen. Diese Brockenwanderung wolle er nun als Symbol der Freiheit verstanden wissen, also "gegen all die Grenzen, die neuerdings hochgezogen werden."
Arjen kennt DDR-Erzählungen sonst nur von seinen Großeltern.
Melina aus Osterwieck pflichtet ihm bei: "Die Gemeinschaft, das gemeinsame Wandern ist wichtig als Zeichen für Freiheit ohne Grenzen. Und dass die friedliche Revolution vor 35 Jahren zur Grenzöffnung führte, sollte uns alle zum Nachdenken anregen", sagt die Elftklässlerin.
Die Wanderung regt Milena zum Nachdenken an.
Schulklassen aus Osterwieck wandern auf den Brocken
Nach und nach erreichen die einzelnen Schulklassen den Gipfel. Und Sebastian Knobbe strahlt übers ganze Gesicht. Der Geschichtslehrer am FGO meint: "Besser kannst du es ja nicht machen – das ist Geschichte zum Anfassen", stehe doch der Brocken für Teilung und Einheit gleichermaßen.
Und gerade weil das Fallstein-Gymnasium immer wieder auf der Kippe stehe, fügt Knobbe hinzu: "Dass so viele ehemalige Schülerinnen und Schüler und ehemalige Kollegen, Freunde, Partner und Wanderpaten dabei sind, spricht doch für diese Schulgemeinschaft, für die Bedeutung des Fallsteingymnasiums und vor allem auch für die ganze Region um Osterwieck." Mit der Sternwanderung denkt Sebastian Knobbe ein starkes Zeichen gesetzt zu haben.
Auf dem Brocken angekommen, feiern die Wanderinnen und Wanderer die Deutsche Einheit.
35 Jahre Mauerfall: Schüler in Feierstimmung
Inzwischen umringen hunderte Schüler in roten und weißen Regenponchos den Gipfelstein – er wird von Organisatoren und Wanderpaten sogar geentert. Und im laustarken Jubel werden 35 Jahre Mauerfall gefeiert – ganz mystisch bei leichtem Frost und dickem Nebel statt Sonnenschein.
MDR (Swen Wudtke, Fabienne von der Eltz)