Mann sitzt am Laptop, im Bildschirm das Logo von Intel. FOTOMONTAGE

Sachsen-Anhalt Krisenmeldungen zu Intel: Magdeburg gibt sich entspannt, doch Entscheidung noch offen

Stand: 06.09.2024 11:55 Uhr

Magdeburgs Verwaltung arbeitet weiter intensiv an einer erfolgreichen Ansiedlung von Intel in der Landeshauptstadt. Oberbürgermeisterin Simone Borris sagte MDR SACHSEN-ANHALT, sie habe keine Zeichen, dass das US-Unternehmen Abstand von Magdeburg nehme. Wegen massiver Verluste hatte Intel kürzlich ein großes Sparprogramm angekündigt. Eine konkrete Entscheidung zum geplanten Standort wird für Mitte des Monats erwartet.

Von MDR SACHSEN-ANHALT

Die Stadt Magdeburg arbeitet weiter intensiv an der Intel-Ansiedlung in der Stadt. Oberbürgermeisterin Simone Borris (parteilos) sagte MDR SACHSEN-ANHALT, man sei voll im Plan. So liefen unter anderem Gespräche zu Wasser und Abwasser.

Zu Berichten, Intel lege das Projekt möglicherweise auf Eis, sagte Borris, sie habe bislang keine Zeichen, dass der US-Chiphersteller nicht kommen werde. Solche Meldungen habe es bereits vor einem Jahr gegeben. Sie führe in gewissen Abständen Gespräche mit der Staatskanzlei und Intel. Auch da sei noch nicht die Rede davon gewesen, dass der Konzern Abstand von Magdeburg nehme. Sie sei deshalb "auch immer noch relativ entspannt", so Borris.

Borris: Wir arbeiten an der Ansiedlung

Bei einer kürzlich vom Land einberufenen Runde mit den Gemeinden habe es keine andere Aussage gegeben als: "Wir arbeiten an dem Ergebnis." Und wenn es doch anders kommen sollte, müsse man sich eben überlegen, wie man weiter verfahre.

Ähnlich äußerte sich Magdeburgs Wirtschaftsbeigeordnete Sandra Yvonne Stieger (CDU). Grundsätzlich gehöre das Gelände am Eulenberg Intel. Dem sei eine intensive Suche nach Potenzialflächen in Europa vorausgegangen. "Für mich wäre es unlogisch, das Gesamtinvest abzusagen, auch in Bezug auf die geopolitische Lage", so Stieger.

Karte: Standort der geplanten Chipfabrik am Eulenberg

Berichte über Sparpläne bei Intel

Zuletzt hatten mehrere Medien berichtet, Intel denke aus Kostengründen unter anderem darüber nach, massiv Stellen zu streichen und Fabrikprojekte aufzugeben – möglicherweise auch Magdeburg. Noch in diesem Monat werde sich der Verwaltungsrat des Chip-Herstellers damit befassen.

Intel präsentiert auf IFA neue Core Ultra 200V-Chips

Im Vorfeld der Technik-Messe IFA in Berlin stellte Intel zuletzt seine neue Chip-Generation vor, mit der der Konzern verlorenen Boden im PC-Markt zurückgewinnen will. Das Prozessor-System mit dem Namen Core Ultra 200V sei leistungsstärker und effizienter als Chips der Rivalen Qualcomm und AMD, hieß es von dem Konzern. Außerdem seien die für AI-Anwendungen bzw. KI-Prozesse entwickelt.

Michelle Johnston Holthaus, Executive Vice President von Intel und General Manager der Client Computing Group, präsentiert erstmals einen kommenden Intel Core-Prozessor mit dem Codenamen „Lunar Lake“.

Michelle Johnston Holthaus von Intel stellte im Januar dieses Jahres in Las Vegas den Intel Core Prozessor. Erste Verbraucher-PC mit dem neuen Chip, der bisher vor allem unter dem Code-Namen Lunar Lake bekannt war, sollen noch in diesem Monat in den Handel kommen. (Archivbild)

Auch setzt Intel darauf, dass die Prozessoren automatisch mit jeglicher Software für Windows-PC kompatibel sein sollen, da sie auf der eingespielten X86-Architektur basieren.

Verhandlungen mit potenziellen Kunden

Bei einer Investorenkonferenz am Mittwoch erklärte Finanzchef David Zinsner zudem, im Jahr 2027 werde die Auftragsfertigung einen "bedeutenden" Beitrag zum Gesamtumsatz leisten. Sein Unternehmen verhandele derzeit mit einem Dutzend potenzieller Kunden, die ab 2026 erste Einnahmen bringen würden.

Zu einem Reuters-Bericht über enttäuschende Tests von Chips für das Halbleiterunternehmen Broadcom äußerte sich Zinsner nicht. Insidern zufolge hat eine Prüfung ergeben, dass Intels Produktionsqualität für eine Massenfertigung noch nicht ausreiche. Ob Broadcom daraufhin von einem Deal Abstand genommen hat, ist offen. Intel hatte hierzu mitgeteilt, der Aufbau der Auftragsfertigung verlaufe planmäßig.

Intel in der Krise

Der Chip-Hersteller hatte zuletzt im PC-Geschäft deutlich Marktanteile verloren. Erst stieg Apple bei seinen Macs von Intel-Prozessoren auf eigene Chip-Systeme um. Dazu hat Microsoft in diesem Sommer eine besonders auf KI-Anwendungen ausgerichtete neue Computer-Kategorie auf den Markt gebracht. In diesen Geräten sind zunächst nur Chips vom Intel-Konkurrenten Qualcomm zum Einsatz gekommen.

Scholz und von der Leyen sprechen mit Gelsinger

Aufgrund der Krisenmeldungen hat es in den vergangenen Tagen auch ein Gespräch zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) mit Intel-Chef Pat Gelsinger gegeben. Wie das Handelsblatt berichtet, gab es dabei aber wenig Klarheit. Gelsinger verwies demnach auf die Gremiensitzung, die für Mitte September geplant sei. Dabei sollen demnach die konkreten Entscheidungen fallen, ob auch Magdeburg von Intels Sparprogramm betroffen ist.

Das Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung hatte sich zuletzt kritisch über die Höhe der geplanten Milliarden-Zahlungen des Bundes an Intel geäußert. Ifo-Präsident Clemens Fuest sagte der Tagesschau, Subventionen könnte man rechtfertigen, wenn Intel in großem Umfang Forschung nach Magdeburg bringen würde. Das sei aber nicht geplant: "Deutschland hat von all dem wenig."

MDR (Sören Thümler, Marcel Knop-Schieback, Stephan Schulz, Norma Düsekow, Hannes Leonard, Kalina Bunk), dpa, Reuters, Handelsblatt | Erstmals veröffentlicht am 04.09.2024