Der Jenaer Jugendpfarrer Lothar König

Thüringen Ehemaliger Jenaer Jugendpfarrer Lothar König gestorben

Stand: 22.10.2024 13:08 Uhr

Der ehemalige Stadtjugendpfarrer von Jena, Lothar König, ist tot. Er wurde 70 Jahre alt. In den 2010er-Jahren wurde der unermüdliche Kämpfer gegen Rechtsextremismus in ganz Deutschland bekannt.

Von MDR THÜRINGEN

Der ehemalige Stadtjugendpfarrer von Jena, Lothar König, ist nach Angaben seiner Familie im Alter von 70 Jahren gestorben. Er sei nicht nur Pfarrer und Vater gewesen. "Er war ein Freund, ein Gegenüber, ein Kämpfer, einer, mit dem man Abende und Nächte diskutieren, schwelgen, lachen, trinken konnte", heißt es in einer von seiner Familie veröffentlichten Erklärung. Er habe sein Leben lang seinen Kopf "für eine bessere Welt hingehalten, an der er trotz aller Widrigkeiten nie verzweifelte, nie die Hoffnung verlor".

"Lothar König hat über Jahrzehnte vielen jungen Menschen Halt und Orientierung gegeben. Er war mit seinen strittig-prophetischen Worten ein lebendiger Zeuge des Evangeliums. Dankbar blicken wir auf sein Leben zurück", sagte Christian Fuhrmann, Gemeindedezernent der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland.

Linke würdigt Wirken Königs

Thüringens geschäftsführender Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) schrieb auf der Plattform X (ehemals Twitter): "Lieber Lothar, Du warst mir ein guter Freund und kluger Ratgeber." Mehr als 30 Jahre habe er seine Kraft bewundert und Klarheit geschätzt.

Die Linke-Landesvorsitzenden Christian Schaft und Ulrike Grosse-Röthig bekundeten ebenfalls ihre Anteilnahme. Sie würdigten König als unermüdlichen Kämpfer für Gerechtigkeit, Nächstenliebe und Solidarität. Sein Leben sei vom Engagement gegen Ungerechtigkeit, Ausgrenzung und Diskriminierung sowie für den Einsatz für Jugendliche und Geflüchtete geprägt gewesen. Sein friedlicher Widerstand gegen Neonazis und sein Einsatz für eine bessere Welt blieben unvergessen.

König hört auf

Sächsischer Linke-Politiker fordert Entschuldigung bei Familie

Auch die Linksfraktion im sächsischen Landtag reagierte mit Trauer auf den Tod des Jenaer Jugendpfarrers und würdigten sein Engagement gegen Rechtsextremismus. Der Abgeordnete Rico Gebhardt betonte Königs lebenslangen Kampf für Menschenrechte und gegen Nazis.

Laut Gebhardt wurde Königs Engagement von Polizei und Staatsanwaltschaft kriminalisiert. Dem Politiker zufolge hat das "offensichtlich politisch motivierte Vorgehen" der Behörden König "fast in den Ruin" getrieben. Es sei höchste Zeit, die Familie König um Entschuldigung zu bitten. König habe sein Engagement als Bürgerrechtler auch nach 1990 fortgesetzt und sei "stets aktiver Teil der Zivilgesellschaft" gewesen.

Lothar König, ehemaliger Pfarrer aus Jena, steht bei einer Kundgebung hinter einem Transparent mit der Aufschrift «Das Spiel ist aus - Nazis raus».

Lothar König, ehemaliger Pfarrer aus Jena, steht bei einer Kundgebung hinter einem Transparent mit der Aufschrift "Das Spiel ist aus - Nazis raus".

Einsatz gegen Rechtsextremismus

König wurde 1954 im heutigen Landkreis Nordhausen geboren. Von 1990 bis 2019 leitete er die Junge Gemeinde Stadtmitte in Jena. Bundesweit setzte er sich gegen Rechtsextremismus ein. 1997 wurde er mit einem Schlagring am Kopf verletzt, die Wunde, die er dabei davontrug, blieb immer sichtbar.

Er erlebte aus unmittelbarer Nähe auch mit, wie sich im Jena der 1990er Jahre die rechtsextreme Szene immer weiter radikalisierte, aus der später das Kerntrio des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) hervorgehen sollte.

Anklage wegen Landfriedensbruchs

Deutschlandweit wurde König vor allem Anfang der 2010er-Jahren bekannt. 2011 klagte ihn die Staatsanwaltschaft Dresden wegen schweren Landfriedensbruchs an, nachdem er an einem Protest gegen Rechtsextremisten teilgenommen hatte. Ihm wurde vorgeworfen, zu Gewalt gegen Polizisten aufgerufen zu haben. 2014 wurde das Verfahren gegen König dann gegen Zahlung einer Auflage eingestellt.

In der Erklärung seiner Familie heißt es, König habe sich durch sein Verhalten oft angreifbar gemacht. "Bis zum Ende blieb er Fußballer, Punk und 'Langhaariger', dessen krasser Freiheitsdrang immer seinen Weg bestimmte."

MDR (jn/cfr)/dpa