Grundschullehrerin unterrichtet eine Klasse

Thüringen Sonderzuschläge für Lehrer locken nur wenige Thüringer Pädagogen

Stand: 22.07.2024 13:12 Uhr

Thüringen versucht, mit Sonderzuschlägen dem Lehrermangel in bestimmten Regionen und Fächern zu begegnen. Der große Wurf ist damit aber bisher nicht gelungen, wie aus Zahlen des Bildungsministeriums hervorgeht.

Von MDR THÜRINGEN

Mehr Geld in Form von Sonderzuschlägen hilft offenbar kaum gegen den Lehrermangel in vielen Thüringer Regionen. Das geht aus einer Antwort des Bildungsministeriums auf eine Anfrage der FDP-Landtagsabgeordneten Franziska Baum hervor.

Im laufenden Jahr sind demnach Sonderzahlungen für 106 Beamte gewährt worden. 2023 seien die Zuschläge für 209 verbeamtete Lehrer bewilligt worden. Zur Einordnung: Landesweit arbeiten an den allgemein- und berufsbildenden Schulen im Land mehr als 20.000 Lehrkräfte.

Der Freistaat zahlt Lehrerinnen und Lehrern unter bestimmten Bedingungen seit 2022 zusätzliches Geld, wenn sie beispielsweise in Regionen unterrichten, in denen besonders viele Pädagogen fehlen. Das gilt für Lehrer an Schulen, an denen der Bedarf besonders hoch ist - oder die Fächer unterrichten, für die es in besonderer Weise an Lehrkräften mangelt.

Lehrer müssen zwei Bedingungen erfüllen

Neu eingestellte Lehrer bekommen laut Vorschrift fünf Jahre lang zehn Prozent der für sie gültigen Einstiegsbesoldung als Sonderzuschlag, wenn sie zwei dieser drei Kriterien erfüllen: Bedarfsfach, Bedarfsregion oder Bedarfsschulart.

Als Fächer mit besonderem Bedarf gelten den Angaben nach Physik, Biologie und Informatik sowie Englisch, Sport und Kunst - sofern diese Fächer nicht an einer Grundschule unterrichtet werden. Als Bedarfsregion gilt der gesamte Freistaat mit Ausnahme der kreisfreien Städte Erfurt, Weimar und Jena sowie die an diese Städte direkt anschließend Landkreise.

Minister: Zuschläge sind "Mosaikstein" bei Lehrergewinnung

Obwohl bislang nur vergleichsweise wenige Nachwuchslehrer über die Zuschläge für den Unterricht beispielsweise im ländlichen Raum gewonnen werden konnten, verteidigt Bildungsminister Helmut Holter (Linke) deren Einführung. Die Lage bei der Lehrergewinnung sei aufgrund des Generationswechsels in den Schulen bundesweit komplex und dynamisch, sagte er der "Deutschen Presse-Agentur".

Helmut Holter (Linke), Thüringer Minister für Bildung, Jugend und Sport

Bildungsminister Helmut Holter (Linke)

"Die Sonderzuschläge sind ein Stein im Mosaik vieler Maßnahmen zur Bekämpfung des Lehrermangels." Ohne diesen Mosaikstein wäre Thüringen bei der Suche nach neuen Lehrern wahrscheinlich weniger erfolgreich, als es das Land derzeit sei.

Die Sonderzuschläge sind ein Stein im Mosaik vieler Maßnahmen zur Bekämpfung des Lehrermangels. Helmut Holter (Linke) | Thüringer Bildungsminister

Gleichzeitig machte Holter deutlich, dass sich die Suche bei Nachwuchspädagogen für den Unterricht von Latein und Geografie derzeit so schwierig gestalte, dass auch diese beiden Fächer demnächst wahrscheinlich als Bedarfsfächer eingestuft werden.

Kritik von der Opposition

Die CDU kritisiert den Umgang der Landesregierung mit dem Lehrermangel. Das Zulagensystem für Lehrer in Mangelfächern sei bisher stiefmütterlich behandelt worden, so Christian Tischner, Vorsitzender der Kommission "Starke Kinder – Gute Bildung" der CDU Thüringen.

Ein Lehrerin schreibt eine Mathematikaufgabe auf eine digitale Schultafel im Klassenraum einer 4. Klasse einer Grundschule in der Region Hannover.

Schon während der Ausbildung müssen die künftigen Lehrer und Lehrerinnen für Thüringen gewonnen werden, fordern Experten.

Nur mit schnelleren Einstellungsverfahren könnten Instrumente wie die Sonderzuschläge ihre volle Wirkung entfalten, heißt es weiter. "Kein Lehrer entscheidet sich kurz vor Schulstart für ein anderes Bundesland. Wenn Thüringen ewig braucht für Zusagen, dann hilft auch keine Zulage mehr."

Wenn Thüringen ewig braucht für Zusagen, dann hilft auch keine Zulage mehr. Christian Tischner | CDU Thüringen

Das gelte besonders für Grenzregionen, die im Wettbewerb mit anderen Bundesländern stehen, wo es solche Anreize schon lange gibt, so Tischner.

Mehr zum Lehrermangel und zum Zustand der Schulen in Thüringen sehen Sie im Film von MDR Investigativ.

dpa/MDR (dst)