Joe Biden

Kurz vor der Amtsübergabe Biden begnadigt Familie und Trump-Kritiker vorsorglich

Stand: 20.01.2025 18:49 Uhr

Kurz vor dem Ende seiner US-Präsidentschaft hat Biden Kritiker seines Nachfolgers Trump sowie Mitglieder seiner eigenen Familie vorsorglich begnadigt. Sie sollen damit vor Strafverfolgung geschützt werden.

Joe Biden hat kurz vor seinem Auszug aus dem Weißen Haus als US-Präsident eine Reihe von politischen Gegnern seines Nachfolgers Donald Trump vorsorglich begnadigt. Auch für Mitglieder seiner eigenen Familie sprach Biden noch eine Begnadigung aus, bevor Trump kurze Zeit später als Präsident vereidigt wurde.

Die Begnadigungen der Trump-Kritiker gelten für den Immunologen Anthony Fauci, den pensionierten General Mark Milley und Mitglieder des Untersuchungsausschusses im Repräsentantenhaus, die zum Sturm auf das Kapitol durch gewaltbereite Trump-Anhänger ermittelt hatten, wie das Weiße Haus mitteilte.

Schutz vor "grundlosen Ermittlungen"

Mit den vorsorglichen Begnadigungen will Biden verhindern, dass Kritiker Trumps unter dem neuen Präsidenten aus Vergeltung ins Visier der Regierung geraten. Unbegründete und politisch motivierte Ermittlungen hätten "verheerende Auswirkungen auf das Leben, die Sicherheit und die finanzielle Absicherung der betroffenen Personen und ihrer Familien", schrieb Biden.

Er fügte hinzu, die Begnadigungen dürften "weder als Anerkennung eines Fehlverhaltens einer Person noch als Schuldeingeständnis für ein Vergehen missverstanden werden. Unsere Nation schuldet diesen Staatsdienern Dankbarkeit für ihren unermüdlichen Einsatz für unser Land."

Reaktion auf Trumps Drohungen

Trump hatte gedroht, in seiner zweiten Amtszeit gegen jene vorzugehen, die ihn politisch angegriffen oder versucht hätten, ihn für seine Rolle bei der Erstürmung des US-Kapitols am 6. Januar 2021 zur Rechenschaft zu ziehen.

Fauci war fast 40 Jahre lang Direktor des US-Instituts für Infektionskrankheiten, das zur US-Gesundheitsbehörde NIH gehört, und war bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2022 Bidens oberster medizinischer Berater.

Er half bei der Koordinierung der Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie und zog den Zorn von Trump auf sich, als er sich weigerte, Trumps unbegründete Behauptungen zu unterstützen. Er wurde zur Zielscheibe von Hass und Angriffen von Seiten der Rechten, die ihn für die Maskenpflicht und andere politische Maßnahmen verantwortlich machten, die ihrer Meinung nach ihre Rechte verletzten.

Fauci bedankte sich in einer Reaktion für Bidens Begnadigung. Er habe keine Straftat begangen und sehe keinen Grund für eine Strafverfolgung, erklärte er.

Milley, der ehemalige Vorsitzende des US-Generalstabs, nannte Trump einen Faschisten und beschrieb ausführlich Trumps Verhalten rund um den Aufstand vom 6. Januar 2021. Er dankte Biden in einer Erklärung. Er wolle seine verbleibende Lebenszeit, nicht damit verbringen, "gegen diejenigen zu kämpfen, die zu Unrecht Vergeltung für vermeintliche Kränkungen suchen", erklärte er.

Begnadigungen für Familienmitglieder

Auch für Mitglieder seiner Familie setzte Biden kurz vor der Vereidigung Trumps noch eine Begnadigung um - ebenfalls präventiv. "Meine Familie ist unablässigen Angriffen und Drohungen ausgesetzt, die einzig und allein darauf abzielen, mir zu schaden", begründete der 82-Jährige den ungewöhnlichen Schritt.

Der Demokrat begnadigte James B. Biden, seinen jüngeren Bruder und dessen Ehefrau, seine jüngere Schwester Valerie Biden Owens und deren Ehemann sowie seinen jüngsten Bruder Francis W. Biden. Auch hier sollen die Begnadigungen Biden zufolge nicht als Schuldeingeständnis gelten. "Unbegründete und politisch motivierte Ermittlungen" zerstörten das Leben, die Sicherheit und die finanzielle Absicherung der betroffenen Personen und ihrer Familien, hieß es.

Anfang Dezember sorgte die Begnadigung seines Sohnes Hunter für heftige Kritik. Dieser hatte sich nach einem Schuldspruch wegen Verstößen gegen das Waffenrecht auch in einem zweiten Verfahren wegen verschiedener Steuervergehen schuldig bekannt. 

Hausarrest für indigenen Aktivisten

In einer Erklärung wandelte Biden auch die lebenslange Haftstrafe des indigenen Aktivisten Leonard Peltier um, der wegen der Ermordung zweier FBI-Agenten im Jahr 1975 fast fünf Jahrzehnte in einem Bundesgefängnis saß. Peltier wird den Rest seiner Strafe im Hausarrest absitzen.

Der 80-Jährige wurde 1977 wegen seiner mutmaßlichen Rolle in einer Schießerei im Pine Ridge Reservat zu zweimal lebenslanger Haft verurteilt. Peltier, der wegen Mordes verurteilt wurde, beteuert seit jeher seine Unschuld. Seine Haft ist eng mit der Bewegung für die Rechte der Ureinwohner verknüpft.

Bereits zuvor Begnadigungen durch Biden

Auch am Sonntag hatte Biden bereits fünf Menschen begnadigt - unter ihnen eine Person posthum, wie das Weiße Haus mitteilte. Die Strafen von zwei weiteren Menschen würden zudem deutlich verkürzt. "Diese Begnadigten haben jeweils bedeutende Beiträge zur Verbesserung ihrer Gemeinschaften geleistet", hatte es in der Mitteilung geheißen. Keiner der Begnadigten wurde wegen einer Gewalttat verurteilt.

Bei der posthum begnadigten Person handelt es sich um den 1940 verstorbenen schwarzen Aktivisten Marcus Garvey. Der weltweit bekannte Bürgerrechtler, nach dem eine Straße im New Yorker Stadtteil Brooklyn benannt ist, wurde 1923 wegen Postbetrugs verurteilt, saß knapp drei Jahre im Gefängnis und wurde dann in seine Heimat Jamaika abgeschoben. Das Urteil gilt bis heute als stark umstritten und wird von vielen als politisch motiviert angesehen.

Biden legt Recht auf Begnadigungen neu aus

Bereits zuvor hatte Biden umfangreiche Begnadigungen veranlasst. Unter anderem ließ er die Strafen von fast 2.500 Menschen, die wegen nicht gewalttätiger Drogendelikte verurteilt worden waren, umwandeln oder verkürzen.

Das Begnadigungsrecht erlaubt US-Präsidenten, Strafen für nach Bundesrecht Verurteilte zu verkürzen oder vollständig aufzuheben - auch nach deren Verbüßung. Oft zielt es darauf ab, rechtliche Einschränkungen für ehemalige Straftäter aufzuheben und ihre gesellschaftliche Rehabilitierung zu fördern.

Besonders zum Ende ihrer Amtszeit nutzen Präsidenten dieses Recht häufig - Biden nun in einer deutlich breiteren und bisher nicht erprobten Auslegung: Mit Begnadigungen für Personen, gegen die noch nicht einmal Ermittlungen eingeleitet wurden und möglicherweise auch nicht werden. Biden schafft damit auch die Grundlage dafür, dass Trump und andere nach ihm solche Begnadigungen ausreizen.