
Sicherheitspanne US-Magazin veröffentlicht Chat zu US-Angriffsplänen
Hochrangige US-Beamte tauschten sich in einem Signal-Chat über Angriffspläne aus - doch die Trump-Regierung bestreitet, dass es sich um geheime Informationen handelte. Jetzt hat das Magazin The Atlantic den Verlauf veröffentlicht.
In der Sicherheitsaffäre um eine Gruppe hochrangiger US-Beamter hat das US-Magazin The Atlantic die Verläufe des betreffenden Chats in voller Länge veröffentlicht. Dabei geht es um eine US-Militäroperation gegen die Huthi-Miliz im Jemen Mitte März. Aus den Screenshots geht hervor, dass Verteidigungsminister Pete Hegseth etwa eine halbe Stunde vor Beginn des Einsatzes im Detail den Zeitplan, die genaue Abfolge der Bombardierung und die eingesetzten Waffensysteme teilte. Hegseth hatte zuvor mehrfach bestritten, Kriegspläne übermittelt zu haben.
Laut The Atlantic schrieb er beispielsweise: "12:15 Uhr ET: F-18 (erste Angriffswelle)". Außerdem fügte er an: "13:45 Uhr: Erstes Startfenster für 'auslöserbasierten' F-18-Angriff beginnt (Zielterrorist befindet sich an seinem bekannten Standort, sollte also pünktlich sein - außerdem Start der Angriffsdrohnen (MQ-9)". Es folgten weitere Startzeiten und Details, beispielsweise mit dem Hinweis: "Das ist der Zeitpunkt, wenn die ersten Bomben definitiv fallen werden."
The Atlantic entschloss sich nach eigenen Angaben zu der Veröffentlichung, nachdem die Regierung von US-Präsident Donald Trump mehrfach bestritten hatte, dass in dem nicht gesicherten Chat geheime Informationen ausgetauscht worden seien.
Goldberg bekam Informationen zwei Stunden vor Angriffsstart
Der Chefredakteur des Magazins, Jeffrey Goldberg, war offenbar versehentlich vom Nationalen Sicherheitsberater Mike Waltz zu der Gruppe im Messengerdienst Signal hinzugefügt worden. Unter anderem Vizepräsident JD Vance, CIA-Chef John Ratcliffe, Hegseth und Waltz tauschten sich darin über die Angriffspläne gegen die Huthi-Miliz aus. Goldberg bekam die Informationen über den Chat nach eigenen Angaben etwa zwei Stunden vor dem Angriffsstart.
Das Magazin hatte zuerst lediglich auszugsweise aus dem Chatverlauf zitiert, die militärischen Details aus Rücksicht auf die Sicherheit von US-Soldaten jedoch ausgelassen. Trump, Waltz, andere Beteiligte und führende Regierungsmitglieder behaupteten jedoch öffentlich, dass in dem Chat keinerlei vertrauliche Informationen geteilt wurden. Stattdessen attackierten sie das Magazin und dessen Chefredakteur.
The Atlantic entschied sich daher nun für die Veröffentlichung auch der heiklen militärischen Passagen. "Es besteht ein eindeutiges öffentliches Interesse daran, die Art von Informationen offenzulegen, die Trump-Berater in unsicheren Kommunikationskanälen ausgetauscht haben", hieß es zur Begründung - insbesondere, weil die Trump-Regierung versuche, die Bedeutung der Nachrichten herunterzuspielen.
Man habe vor der Veröffentlichung verschiedene Regierungsmitglieder gefragt, ob sie Einwände hätten. Die meisten hätten nicht reagiert. Das Weiße Haus sei gegen die Veröffentlichung gewesen.
Trump bezeichnete Vorfall aus "Ausrutscher"
Trumps Sicherheitsberater Waltz hatte die Verantwortung für den Vorfall übernommen, spielte ihn aber nach der Veröffentlichung des Chatverlaufs einmal mehr herunter. Auf der Plattform X schrieb er: "Keine Standorte. Keine Quellen und Methoden. Keine Kriegspläne." Außerdem seien ausländische Partner bereits vorab über die bevorstehenden Angriffe informiert worden. Auch US-Vize Vance schrieb auf X, Goldberg habe den Vorgang "aufgebauscht".
Die US-Geheimdienstkoordinatorin Tulsi Gabbard räumte Fehler beim Umgang ranghoher Regierungsvertreter mit den Angriffsplänen ein. Die Militärpläne in einem Gruppenchat auf Signal zu diskutieren, in dem zudem ein versehentlich eingeladener Journalist mitlas, sei ein Fehler gewesen, sagte sie bei einer Anhörung vor dem Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses. Der Chatverlauf zeige "offene und sensible" Diskussionen, es seien aber keine vertraulichen Informationen geteilt worden.
Trump selbst hatte den Vorfall als "Ausrutscher" abgetan und teilte gegen den Journalisten Goldberg aus: Er sei ein "Sleazebag" - also ein ehrenloser Widerling, der sich Geschichten ausdenkt und dem Land schadet. Dass die hochrangigen Beamten den Chefredakteur aus Versehen hinzufügten, "kann schon mal passieren", meinte der Präsident.
"Ich bin absolut fassungslos"
Dass ranghohe Regierungsmitglieder überhaupt sensible Informationen über die App Signal austauschen, ist bereits ein Bruch mit den üblichen Sicherheitsstandards. Dass dort Details über einen bevorstehenden Militärschlag erörtert wurden - noch dazu vor den Augen eines Reporters, dessen Anwesenheit sich niemand bewusst war - werten Demokraten und Fachleute als Sicherheitsversagen von immensem Ausmaß und als lebensgefährlich für die am Einsatz beteiligten Soldaten.
So schrieb eine frühere Sprecherin des Verteidigungsministeriums aus der Amtszeit des Demokraten Joe Biden, Sabrina Singh, auf X, Hegseth habe den Ablauf der gesamten Operation und die Flugzeugtypen offengelegt, bevor die Operation überhaupt stattgefunden habe. "Er setzte das Leben unserer Kampfpiloten aufs Spiel. Details wie diese sind geheim. Ich bin absolut fassungslos."
Der demokratische Minderheitsführer im Senat, Chuck Schumer, und andere führende Demokraten forderten in einem Schreiben an Präsident Trump und Justizministerin Pam Bondi eine Untersuchung durch ihr Ministerium. Sie zeigten sich "äußerst alarmiert" über das "erstaunlich schlechte Urteilsvermögen" der Regierung und verwiesen darauf, dass die Weitergabe oder fahrlässige Offenlegung sensibler oder geheimer Informationen gegen das Spionagegesetz oder andere Gesetze verstoßen könnte. Eine Sprecherin des Justizministeriums lehnte eine Stellungnahme ab.