Ein Bus bringt Palästinenser, die von Israel im Zuge der Waffenruhe freigelassen wurden, ins Westjordanland.

Teil der Waffenruhe-Vereinbarung Israel lässt 90 palästinensische Häftlinge frei

Stand: 20.01.2025 07:08 Uhr

Israel hat in der Nacht 90 palästinensische Häftlinge freigelassen. Der Schritt ist Teil der Vereinbarung zur Waffenruhe. Zuvor hatte die Terrororganisation Hamas drei israelische Geiseln freigelassen.

Im Zuge des Waffenruheabkommens zwischen der Terrororganisation Hamas und Israel sind am Sonntag auch 90 palästinensische Gefangene aus Haftanstalten freigelassen worden. Zwölf von ihnen sollten nach Ostjerusalem kommen, die restlichen ins Westjordanland. Laut der Hamas handelt es sich um 69 Frauen und 21 männliche Jugendliche.

Große weiße Busse mit den Gefangenen verließen die Tore des israelischen Ofer-Gefängnisses vor den Toren der Stadt Ramallah im Westjordanland, während über ihnen ein Feuerwerk gezündet wurde. Palästinenser drängten sich mit Sprechchören und Jubel an den Bussen vorbei. Dabei waren Flaggen der Hamas, der Terrororganisation Islamischer Dschihad und anderer Palästinenserorganisationen zu sehen. Das israelische Militär, das das Westjordanland besetzt hält, hatte die Palästinenser wiederholt vor jeder Form von öffentlichen Feiern gewarnt.

Wer sind die Freigelassenen?
Über die Palästinenser, die nun aus israelischen Gefängnissen entlassen wurden, gibt es kaum Informationen. Deshalb berichtet tagesschau.de auch weniger über diese Personen. Der Terrororganisation Hamas zufolge kommen sie aus dem Westjordanland und aus Jerusalem. Es handelt sich demnach um 69 Frauen und 21 männliche Jugendliche.
Der wohl bekannteste freigelassene Gefangene ist Chalida Dscharrar. Die 62-Jährige ist Parlamentsmitglied und ein führendes Mitglied der Volksfront für die Befreiung Palästinas, einer säkularen linken Gruppierung, die in den 1970er-Jahren an Anschlägen gegen Israel beteiligt war, später aber ihre militanten Aktivitäten einschränkte. Seit Ende 2023 befand sie sich in unbefristet verlängerbarer Verwaltungshaft - eine weithin kritisierte Praxis, die Israel gegen Palästinenser anwendet.
Die israelische Gefängnisbehörde sprach davon, dass "90 Terroristen" freigelassen worden seien. Alle freigelassenen Personen waren laut Israel wegen sicherheitsrelevanter Vergehen inhaftiert worden. Das reicht vom Steinewerfen über das Propagieren von Gewalt in den sozialen Medien bis hin zu schwerwiegenden Anschuldigungen wie versuchtem Mord. Laut dem israelischen Medium ynet war einer der Freigelassenen, ein Minderjähriger, wegen Mordes verurteilt.
Hunderte der insgesamt fast 2.000 Palästinenser, die freikommen sollen, sollen nach ihrer Freilassung umgehend ins Exil gebracht werden, vor allem nach Katar oder in die Türkei. Der Grund dafür ist, dass sie an tödlichen Attentaten auf Israelis teilgenommen oder sie verübt haben und deshalb zu lebenslanger Haft verurteilt wurden. Ob unter den 90 nun Entlassenen Palästinenser sind, die davon betroffen sind, ist unklar.

Drei Geiseln an Israel übergeben

Die Freilassung erfolgte mehr als sieben Stunden nachdem die militant-islamistische Hamas drei israelische Geiseln freigelassen hatte. Sie waren vom Roten Kreuz zurück nach Israel gebracht worden. Dabei handelt es sich um die drei Frauen Romi Gonen, Doron Steinbrecher und Emily Damari. Sie waren beim Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 in den Gazastreifen verschleppt worden.

Das Waffenstillstandsabkommen zwischen Israel und der Hamas war mit mehrstündiger Verspätung am Sonntagvormittag in Kraft getreten. Für die geplante Freilassung von weiteren Geiseln in den nächsten Wochen sollen laut Abkommen fast 2.000 palästinensische Gefangene aus der Haft entlassen werden: 30 Gefangene für eine zivile Geisel und 50 Gefangene für eine Soldatin.

Das Abkommen zur Waffenruhe sieht vor, dass von den freizulassenden Palästinensern 236 umgehend ins Exil geschickt werden, vor allem nach Katar oder in die Türkei. Dabei handelt es sich um Häftlinge, die an tödlichen Attentaten auf Israelis teilgenommen oder sie verübt haben und deshalb zu lebenslanger Haft verurteilt wurden.

Bettina Meier, ARD Tel Aviv, tagesschau, 20.01.2025 07:10 Uhr