Blick auf ein zerstörtes Gebäude im Libanon - aufgenommen im Norden von Israel.

Teilweiser Abzug Israel will fünf Militärposten im Südlibanon halten

Stand: 18.02.2025 14:17 Uhr

Das israelische Militär hat den Südlibanon offenbar fast vollständig verlassen. In Grenznähe sollen jedoch fünf Posten verbleiben. Libanons Regierung reagierte entschieden: Sie werde "mit allen Mitteln" den israelischen Rückzug erzwingen.

Die verlängerte Frist zum Rückzug der israelischen Truppen aus dem Libanon gemäß des Waffenruhe-Abkommens läuft heute ab. Israel hat einen Großteil seiner Soldaten Medienberichten zufolge abgezogen, doch in Grenznähe will Israels Armee entgegen der ursprünglichen Vereinbarung fünf Posten halten.

Die libanesische Armee teilte mit, sie sei in von Israel geräumte Ortschaften nachgerückt. Das Militär nannte dabei die libanesischen Orte Abbasija, Kfar Kila Mardsch Ajun, Adaissa, Markaba, Hula, Mais al-Dschabal, Blida, Marun al-Ras, Jarun und Bint Dschubail. 

Israel spricht von "vorübergehender Maßnahme"

Israel begründete den Verbleib an den fünf Orten damit, dass die libanesische Armee nicht schnell genug nachgerückt sei und damit ihre Verpflichtungen nicht erfüllt habe.

Dem Abkommen zufolge sollen im Südlibanon künftig lediglich die libanesische Armee und Soldaten der UN-Friedensmission UNIFIL vor Ort bleiben. Die Hisbollah soll sich aus dem Grenzgebiet nach Norden bis hinter den - etwa 30 Kilometer nördlich der Landesgrenze verlaufenden - Fluss Litani zurückziehen und ihre militärischen Stützpunkte auflösen. Die Übereinkunft basiert auf der UN-Resolution 1701, die aber nie vollständig umgesetzt wurde.

Ein israelischer Militärsprecher sagte, die "vorübergehende Maßnahme" sei mit der von den USA und Frankreich angeführten internationalen Kommission abgesprochen, die über die Einhaltung des Waffenruhe-Abkommens wachen soll und der auch Israel, der Libanon und UNIFIL angehören. Eine offizielle Bestätigung von dritter Seite gab es dafür nicht.

UN kritisieren Verzögerung beim Abzug

Die Vereinten Nationen haben den nur teilweisen Abzug jedoch kritisiert. "Eine weitere Verzögerung dieses Prozesses ist nicht das, was wir uns erhofft hatten", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung der UNIFIL im Libanon und der zuständigen UN-Sonderkoordinatorin Jeanine Hennis-Plasschaert.

Ein Großteil der Arbeit zur vollständigen Umsetzung der Resolution 1701 stehe noch bevor. Dennoch seien seit Inkrafttreten der Waffenruhe zwischen Israel und der Hisbollah Ende November auch Fortschritte verzeichnet worden.

Die UN begrüßten, dass sich das israelische Militär aus bewohnten Gebieten zurückgezogen habe. Außerdem sei die libanesische Armee unter schweren Bedingungen im Einsatz und unterstütze die Bevölkerung bei der Rückkehr in ihre Heimatorte. Beide Seiten seien dazu aufgerufen, ihre Verpflichtungen gemäß dem Abkommen zur Waffenruhe zu erfüllen, um langfristig für Sicherheit und Stabilität zu sorgen. 

Zweifel an der libanesischen Armee

In Israel gibt es jedoch Zweifel, ob die libanesische Armee in der Lage ist, die Hisbollah künftig in Schach zu halten. Der frühere Regierungskoordinator für den Norden Israels und Ex-Marinekommandant, Eliezer Marom, sagte: "Wir hätten darauf bestehen müssen, aus dem Libanon so lange nicht abzuziehen, bis die UN-Resolution 1701 umgesetzt wird. Wer dafür sorgt, dass diese Resolution umgesetzt wird, ist momentan die israelische Armee und nicht die libanesische Armee." Aus dem Grund, weil die libanesische Armee das nicht könne.

Zehntausende Bewohner wurden aus den israelischen Grenzgemeinden im Norden evakuiert. Nur langsam kehren sie in ihre zum Teil zerstörten Wohnungen und Häuser zurück. Unklar ist, wie nun weiter verfahren wird.

Avichai Stern, Bürgermeister des Grenzdorfs Kiryat Schmona, sagte im Armee-Radio: "Nicht nur ich fühle mich hier nicht so wohl. Und da spreche ich für die Bewohner der Gemeinde. Ich denke nicht, dass wir der libanesischen Armee die Schlüssel für unsere Sicherheit geben können."

Libanon lehnte Verlängerung von Frist ab

Aus dem Libanon kommt deutliche Kritik an dem Vorgehen Israels. In einer gemeinsamen Erklärung äußerten sich der Präsident Joseph Aoun, der Ministerpräsident Nauaf Salam und des mit der Hisbollah verbündeten Parlamentspräsidenten Nabih Berr. Die Präsenz Israels im Libanon verstoße gegen das Abkommen, heißt es darin. Sie forderten den UN-Sicherheitsrat auf, Maßnahmen zu ergreifen, um einen vollständigen israelischen Rückzug zu erzwingen.

"Die anhaltende israelische Präsenz auf jedem Zentimeter libanesischen Territoriums ist eine Besatzung mit allen daraus resultierenden rechtlichen Konsequenzen", schreiben die drei Politiker. Der Libanon habe das Recht, alle Mittel einzusetzen, um einen israelischen Rückzug zu erzwingen, sagte ein Sprecher des libanesischen Präsidenten gestern.

Hisbollah-Chef Naim Kassim hatte den Israelis in einer Fernsehansprache gedroht: Sollten ihre Truppen über den 18. Februar hinaus im Libanon bleiben, handele es sich um eine Besatzung - und jeder wisse, "wie mit einer Besatzung umgegangen wird".

Mit Informationen von Julio Segador, ARD Tel Aviv

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 18. Februar 2025 um 12:00 Uhr in den Nachrichten.