
Opposition in Russland Hunderte besuchen Grab von Nawalny in Moskau
Vor einem Jahr starb Kreml-Kritiker Alexej Nawalny. Vergessen ist er nicht. Am Todestag besuchten Moskauer und Diplomaten trotz behördlicher Einschüchterung sein Grab und trauerten um den Oppositionellen.
Ein Jahr nach dem Tod von Alexej Nawalny in einem russischen Straflager haben viele Moskauer Bürger Blumen an seinem Grab auf dem Borissowskoje-Friedhof niedergelegt. Die Polizei gewährte ihnen Zutritt, doch wurden die Trauernden von Beamten gefilmt, wie unabhängige Medien meldeten.
Unter den Besuchern am Grab waren demnach auch ausländische Diplomaten, darunter die US-Botschafterin Lynne Tracy und EU-Botschafter Roland Galharague.

Nigel Casey, der britische Botschafter in der Russischen Föderation, hat auf dem Borissowskoje-Friedhof in Moskau Blumen an Nawalnys Grab niedergelegt.
Witwe Nawalnys will Arbeit fortsetzen
Die Witwe des Kreml-Kritikers, Julia Nawalnaja, schrieb bei Instagram, es habe keinen Tag in diesem Jahr gegeben, an dem sie nicht an Nawalny gedacht, mit ihm gelacht, sich innerlich mit ihm beraten, aber auch mit ihm diskutiert habe.
In einer Videobotschaft ruft sie ihre Anhänger dazu auf, sich weiter für ein "freies, friedliches" Russland einzusetzen. "Wir wissen, wofür wir kämpfen. Das, wovon Alexej geträumt hat, ist möglich. Tun Sie alles, damit sein Traum wahr wird“, sagt Nawalnaja.
Baerbock: Nawalnys "Feuer für die Freiheit" lebt weiter
Auch Politiker aus dem Ausland bekunden ihre Solidarität mit dem Verstorbenen und seiner Familie. "Alexej Nawalny starb heute vor einem Jahr - weil er sich in Russland für Demokratie und Freiheit einsetzte", schrieb Bundeskanzler Olaf Scholz im Onlinedienst X. Der russische Präsident Wladimir Putin bekämpfe "die Freiheit und ihre Verfechter brutal". Umso mutiger sei Nawalnys Wirken gewesen.
Außenministerin Baerbock schrieb im Onlinedienst Bluesky, Nawalnys "Feuer für die Freiheit" lebe in all jenen weiter, die sich der Repression des russischen Präsidenten Wladimir Putin "mutig widersetzen". Nawalny habe dafür mit seinem Leben bezahlt. "Russland ist nicht Putin, Putin ist nicht Russland", zitierte Baerbock seine Witwe Nawalnaja. Die Außenministerin erklärte, Nawalnajas Mut gebe ihr Hoffnung und sei Ansporn, "alles zu tun, sie und die Menschen, die unter größter Gefahr für ein demokratisches Russland kämpfen, weiter zu unterstützen".
EU fordert Freilassung aller politischen Gefangenen
Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas wies Russland die politische Verantwortung für den Tod Nawalnys zu und forderte das Land auf, Nawalnys Anwälte und "alle politischen Gefangenen" sofort freizulassen.
Nawalny habe sein Leben für ein freies und demokratisches Russland gegeben, erklärte Kallas und fügte hinzu: "Während Russland seinen illegalen Angriffskrieg gegen die Ukraine intensiviert, führt es auch seine inneren Repressionen fort, die sich gegen all jene richten, die sich für die Demokratie einsetzen".
Tod nach Haft im Straflager
Nawalny war der bekannteste Gegner von Kremlchef Wladimir Putin. 2020 wurde er bei einem Aufenthalt in Sibirien zur Vorbereitung von Regionalwahlen vergiftet. Nachdem er im Koma liegend zur Behandlung nach Deutschland ausgeflogen wurde, diagnostizierte die behandelnde Berliner Charité einen Nervenkampfstoff als Ursache. Die russische Regierung wies jede Beteiligung an dem Anschlag zurück.
Bei seiner Rückkehr nach Moskau wurde Nawalny auf dem Flughafen festgenommen und wegen Verstoßes gegen Meldeauflagen aus einem früheren Verfahren in Haft genommen. Später verurteilten ihn russische Gerichte wegen angeblicher Veruntreuung und Beleidigung einer Richterin zu neun Jahren Haft. Nach einem weiteren Prozess wegen Extremismus wurde die Freiheitsstrafe auf 19 Jahre erhöht, die er in einem Straflager am Polarkreis absitzen sollte. Zum Zeitpunkt des Todes war Nawalny 47 Jahre alt.