Ursula von der Leyen und Emmanuel Macron
analyse

Krieg gegen die Ukraine Wie die Gespräche in Riad Europa unter Druck setzen

Stand: 18.02.2025 09:24 Uhr

Russland und die USA sitzen in Saudi-Arabien zusammen. Für die Europäer steigt damit der Zeitdruck beim Thema Ukraine. Aber ein starkes Signal lässt auf sich warten.

Die Europäer, der europäische Teil der NATO, werden an Geschwindigkeit zulegen müssen, wenn sie nicht völlig ins Hintertreffen geraten wollen. Keine Woche ist vergangen, seitdem Donald Trump mit Wladimir Putin telefoniert hat. Danach hatte er gesagt, dass Verhandlungen über einen Frieden in der Ukraine schon sehr bald beginnen sollen. Seine Verbündeten hatte der US-Präsident vorher nicht gefragt.

Schon heute, nur wenige Tage später, haben in Saudi-Arabien erste Gespräche begonnen. Unter anderem die Außenminister von USA und Russland wollen in Riad den Weg für ein direktes Treffen von Trump und Putin ebnen. Den Europäern haben die USA bis jetzt vor allem die spätere Sicherung eines Friedens zugedacht.

Schnelles Treffen in Paris

Schnelle Entscheidungen waren bisher nicht unbedingt eine Paradedisziplin der Europäer. Zumindest hat der französische Präsident Emmanuel Macron in Windeseile ein Treffen in Paris auf die Beine gestellt. Es war die Gelegenheit ein Signal nach Saudi-Arabien zu schicken, bevor dort die Dinge ins Rollen kommen.

Am Tisch saßen Staats- und Regierungschef großer EU-Mitglieder, Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, Ratspräsident António Costa und NATO-Generalsekretär Mark Rutte. Nach dem Treffen mangelte es nicht an Botschaften, die Geschlossenheit signalisieren sollten - kombiniert mit einem Foto am runden Tisch in Paris.

Aus dem Umfeld der Gespräche hieß es später: "Wir sind bereit, Sicherheitsgarantien zu geben, wobei die Modalitäten mit allen Teilnehmenden zu prüfen sind und je nachdem, wie groß die amerikanische Unterstützung ist". Daraus lässt sich einerseits Bereitschaft lesen. Gleichzeitig ist es eine Absage an die Trump-Forderung, weitgehend allein die Friedenssicherung zu übernehmen.

Nicht mehr als ein Symbol?

Claudia Major von der Stiftung Wissenschaft und Politik nennt das Treffen in Paris im Gespräch mit den tagesthemen ein "wichtiges Symbol", ist bei der Bewertung jedoch noch zurückhaltend. Erst in den kommenden Tagen werde sich zeigen, ob es gelinge ein Paket zu schnüren: Stärkung der Ukraine, selbst Pläne für einen Waffenstillstand vorlegen und schließlich mehr für die eigene Verteidigung tun.

Ein solches Paket sei ein starkes Signal, so Major: "Dann steigen die Chancen, dass nicht über ihre Köpfe verhandelt wird, sondern dass sie mitverhandeln können. Und das sollte ja das Ziel sein."

Signal Richtung Trump fehlt noch

Die Zeit drängt, aber das wirklich kraftvolle Signal an Donald Trump ist noch nicht da. Das lässt sich an zwei Beispielen zeigen.

Erstens: Wie groß ist die Bereitschaft zu einer möglichen Friedenstruppe? Großbritanniens Premier Keir Starmer kann sich vorstellen, Bodentruppen zu stellen. Gastgeber Macron hat sie bereits früher als Option in die Diskussion gebracht. Polen dagegen plant keine Entsendung. Regierungschef Donald Tusk: "Das Treffen hat an unserem Standpunkt nichts geändert."

Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz sagt, es sei, eine "unpassende Debatte zur falschen Zeit und über das falsche Thema". Er will sich nicht an Szenarien beteiligen, bei denen "europäische Soldaten ohne volle US-Involvierung" eingesetzt würden. Und in Paris saß eben nur ein kleiner Teil der EU-Mitglieder am Tisch. Darüber hatte sich bereits vorher Robert Fico, der Ministerpräsident der Slowakei, beschwert. Es fehlte ebenfalls das immer kritische Ungarn.

Wie soll die Verteidigung finanziert werden?

Zweites Beispiel: Finanzierung. Mehr für die Verteidigung zu tun, kostet viele Milliarden Euro. Wie sollen das EU-Staaten stemmen, die schon jetzt am Rande oder über ihren finanziellen Möglichkeiten sind? Hier sind verschiedene Optionen im Raum. Man könnte bestehende Instrumente beim Stabilitäts- und Wachstumspakt nutzen. Bundeskanzler Scholz kann sich zusätzliche Spielräume für Mitgliedstaaten vorstellen, "wenn sie mehr als zwei Prozent für ihre Verteidigung ausgeben wollen". Es geht um zwei Prozent der eigenen Wirtschaftsleistung.

Länder wie Italien, Spanien oder Belgien erreichen diese Grenze bisher nicht. Als am Montag in Brüssel die Eurogruppe zusammenkam, war Zurückhaltung zu spüren, sich öffentlich bereits festzulegen. Als weitere Variante steht - wie schon so häufig - die Idee neuer gemeinsamer Schulden im Raum. Dagegen stellt sich jedoch seit jeher nicht nur Deutschland.

Zu langsam für die Situation

Das Treffen in Paris war also ein Zwischenschritt. Es ist gute Tradition, dass die EU bei Entscheidungen den Kompromiss sucht. Doch das geht oft nur sehr, sehr langsam. Und das wird man sich in dieser Situation nicht leisten können. Auf der Münchner Sicherheitskonferenz hieß es auf den Gängen, die EU müsse jetzt schnell, strategisch und selbstbewusst auftreten. Donald Trump spiele "Echtzeit-Schach".

Für allzu langfristige Gegenstrategien sei da keine Zeit. Beobachter, die den US-Präsident aus nächster Nähe kennen, betonen: Die Europäer müssten auch überlegen, wer Trump die Botschaften überbringe, wer sein "Herz und Hirn" erreichen könne. In diesem Zusammenhang fallen die Namen von Italiens Giorgia Meloni und Rutte.

"Eine ukrainische Entscheidung"

Und wenn Trump keinerlei Interesse zeigt, auf die Europäer einzugehen und auf dem Alleingang beharrt? Der US-Sondergesandte Keith Kellogg war am Montagabend im NATO-Hauptquartier in Brüssel. Nach seinen Gesprächen dort sagte er, die USA würden dem angegriffenen Land keine Verhandlungslösung aufzwingen.

Die Nachrichtenagentur AFP zitiert ihn mit den Worten: "Die Entscheidung der Ukrainer ist eine ukrainische Entscheidung." Klingt erst mal gut, aber: Wären die Europäer in der NATO bereit und in der Lage, zur Not allein die Ukraine im Krieg zu unterstützen? "So lange wie nötig", wie es bisher immer hieß?

Gabor Halasz, ARD Berlin, tagesschau, 18.02.2025 11:00 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 18. Februar 2025 um 09:00 Uhr.