In der Tür einer Hausarztpraxis ist der Schriftzug "Sprechzimmer" zu sehen.

Einigung bei Entbudgetierung Hausärzte sollen für Mehrarbeit bezahlt werden

Stand: 20.01.2025 19:04 Uhr

Wenn Hausarztpraxen ihr Budget überschreiten, werden die Behandlungen oft nicht komplett von den Krankenkassen erstattet. Das soll sich nun ändern. SPD, Grüne und FDP haben sich auf ein Gesetz geeinigt. Kommende Woche entscheidet der Bundestag.

SPD, Grüne und FDP haben sich darauf geeinigt, die geplante sogenannte Entbudgetierung der Hausärztinnen und Hausärzte doch noch umzusetzen. Mehrarbeit würde also künftig sicher bezahlt, auch wenn das Budget der Praxis aufgebraucht ist.

Bisher gibt es eine Honorar-Obergrenze. Wenn dieses Budget überzogen wird - etwa, weil eine Hausärztin viel mehr Patienten versorgt - werden die Behandlungen von den Krankenkassen oftmals nicht komplett erstattet. Das soll sich in Zukunft ändern. Ärztinnen und Ärzte sollen dann für alle erbrachten Leistungen bezahlt werden.

Darüber hinaus soll nach Angaben des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes eine sogenannte Chronikerpauschale eingeführt werden. Patientinnen und Patienten mit chronischen Erkrankungen wären dann nicht mehr gezwungen, mehrfach im Quartal in die Praxen zu kommen, obwohl das aus medizinischer Sicht nicht sinnvoll ist.

Hausärztliche Versorgung soll verbessert werden

Ziel des Gesetzes ist es, die hausärztliche Versorgung zu verbessern, vor allem auf dem Land. Zurzeit sind rund 5.000 Hausarztpraxen in Deutschland nicht besetzt - Tendenz steigend.

Für die Krankenkassen bedeutet die Einigung zusätzliche Kosten. Fachleute gehen von mehreren Hundert Millionen Euro pro Jahr aus. Das Bundesgesundheitsministerium hatte in diesem Zusammenhang von einem "unteren dreistelligen Millionenbetrag" an Mehrkosten gesprochen.

Der Bundestag soll das Gesetz zur Entbudgetierung in der nächsten Woche verabschieden. Es war Teil des sogenannten Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetzes von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Das ganze Gesetzespaket hatte es jedoch nicht final durch Bundestag und Bundesrat geschafft. "Wir wollen einfach erreichen: Mehr sollen sich für den Hausarztberuf entscheiden und die Patienten sollen einfach schneller einen Termin bekommen können", sagte Lauterbach dem ARD-Hauptstadtstudio. "Das erreicht diese Reform.“

"Guter Tag für Hausarztpraxen"

Der Verband der Hausärztinnen und Hausärzte spricht von einem "guten Tag für die Hausarztpraxen". Die beschlossenen Maßnahmen seien ein "wichtiger erster Schritt, um der Krise der hausärztlichen Versorgung endlich etwas entgegenzusetzen". Praxen in Ballungsräumen und auch in ländlichen Regionen würden davon profitieren.

Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Heike Baehrens, sagte, es freue sie sehr, dass trotz Wahlkampfs eine parlamentarische Mehrheit für dieses wichtige Thema zustande gekommen sei. Auch die Hilfsmittelversorgung von Menschen mit Behinderung solle noch erleichtert werden. Zudem solle Anspruch auf Notfallverhütungsmittel für Opfer sexualisierter Gewalt ausgeweitet werden. Hier müssten noch letzte technische Details geklärt werden.

Auch die Vize-Fraktionsvorsitzenden der Grünen, Maria Klein-Schmeink und Armin Gau, sprachen von "wichtige Verbesserungen in der hausärztlichen Versorgung", die gemeinsam mit SPD und FDP "auf den letzten Metern" gelungen sei.

Jede hausärztlich erbrachte Leistung werde künftig vollständig vergütet, sagte die Gesundheitsexpertin der FDP, Christine Aschenberg-Dugnus. Davon würden die Patientinnen und Patienten am meisten profitieren.

GKV warnt vor Mehrkosten für die Patienten

Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) spricht von einer "Extra-Honorarerhöhung für die Hausärzteschaft" und warnt vor steigenden Kosten für Patientinnen und Patienten. "Die Entbudgetierung der Hausärzte würde die Beitragszahlenden pro Jahr 400 Millionen Euro pro Jahr zusätzlich kosten, ohne irgendeine konkrete Gegenleistung für die Patientinnen und Patienten", sagte GKV-Sprecher Florian Lanz.

Mit Informationen von Birthe Sönnichsen, ARD-Hauptstadtstudio

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 20. Januar 2025 um 17:00 Uhr.