Abgeordnete der CDU applaudieren Julia Klöckner zu.

Zweithöchstes Staatsamt Klöckner zur neuen Bundestagspräsidentin gewählt

Stand: 25.03.2025 17:19 Uhr

Der Bundestag hat die CDU-Politikerin Klöckner mit deutlicher Mehrheit zur Präsidentin gewählt. Die ehemalige Bundeslandwirtschaftsministerin hat nun das zweithöchste Amt im Staat inne.

Die CDU-Politikerin Julia Klöckner ist neue Bundestagspräsidentin. In der konstituierenden Sitzung des Parlaments wählten die Abgeordneten die 52-Jährige mit großer Mehrheit in das zweithöchste Staatsamt. Der frisch gewählte Alterspräsident Gregor Gysi übergab die Sitzungsleitung im Anschluss an die Wahl an Klöckner.

Die 52-Jährige erhielt in geheimer Wahl 382 Ja-Stimmen, 204 Abgeordnete stimmten mit Nein, 31 enthielten sich. Die vermutlich künftige Regierungskoalition aus CDU, CSU und SPD verfügt im Bundestag über 328 Sitze.

Vierte Frau im zweithöchsten Staatsamt

Klöckner ist nach Annemarie Renger und Rita Süssmuth sowie ihrer unmittelbaren Amtsvorgängerin Bärbel Bas die vierte Frau, die das zweithöchste Amt im Staat bekleidet. Die CDU-Politikerin sagte, sie sehe die Wahl zur Bundestagspräsidentin als Verpflichtung und dankte für den Vertrauensvorschuss. Sie wolle ihr Amt unparteiisch, unaufgeregt und unverzagt ausführen.

"Unsere freiheitliche Demokratie ist eben keine Selbstverständlichkeit", sagte Klöckner in ihrer Antrittsrede. Sie werde nicht nur zur Einhaltung der Redezeiten auf die Uhr schauen, sondern auch hinhören - zum Rednerpult und in den Saal hinein. Hier gebe es einen Gradmesser, nämlich den Anstand. "Ich werde darauf achten, dass wir ein zivilisiertes Miteinander pflegen", kündigte Klöckner an. Die scheidende Regierungskoalition sei am intensiven Streit auseinandergegangen, sagte Klöckner. "Angesichts der Anforderungen, vor denen unser Land steht, sollten wir alle miteinander den Stil des Diskurses überdenken", ergänzte sie.

Klöckner: Haben Einfluss auf gesellschaftliche Debatten

Klöckner betonte: "Die Art, wie wir hier miteinander umgehen und Argumente austauschen, hat Einfluss auf gesellschaftliche Debatten." Sie forderte: "Seien wir grundsätzlich bereit, dem anderen zuzuhören und seine Beweggründe verstehen zu wollen, auch wenn man sie vielleicht nicht teilt." Dabei habe die Mehrheit nicht automatisch recht, die Minderheit aber auch nicht. "Kritisieren wir einander, aber reden wir uns nicht gegenseitig persönlich schlecht." Wer Meinungsfreiheit und Vielfalt ernst nehme, müsse auch andere Sichtweisen ertragen und sie aushalten. Demokratie sei im besten Sinne auch eine Zumutung.

Mit Blick auf den gesunkenen Frauenanteil im Parlament forderte Klöckner eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Politik. Konkret verwies sie auf die bislang bestehende Notwendigkeit einer "umständlichen" Sondererlaubnis, um einen Säugling oder ein Kleinkind etwa bei einer Abstimmung mit ins Plenum nehmen zu können. Es gehe nicht darum, den Bundestag "zur Krabbelgruppe zu machen", sondern um Lebensrealitäten, sagte die Bundestagspräsidentin.

Kritik an der Wahlrechtsreform

Kritik übte Klöckner auch an der jüngsten Wahlrechtsreform. Damit sei zwar das Ziel einer Verkleinerung des Deutschen Bundestags erreicht worden, sagte Klöckner. Doch könne man Wählerinnen und Wählern kaum erklären, dass 23 Kandidatinnen und Kandidaten trotz Mehrheiten im Wahlkreis kein Mandat bekommen hätten. "Es muss doch möglich sein, das Ziel der Wahlrechtsreform - eine deutliche Verkleinerung des Bundestags - mit einem verständlichen und gerechten Wahlrecht zu verbinden", sagte Klöckner.

Auch eine Verkleinerung des Mitarbeiterstabs der Bundestagsverwaltung mit 3.200 Beschäftigten stellte Klöckner zur Debatte. Die Frage, ob ein kleineres Parlament nicht mit weniger Ressourcen auskommen könne, sei berechtigt.

Die CDU-Politikerin wurde im rheinland-pfälzischen Bad Kreuznach geboren. Sie war von 2018 bis 2021 Bundeslandwirtschaftsministerin unter Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Von 2002 bis 2011 war Klöckner schon einmal Mitglied des Bundestags, seit 2021 ist sie es wieder. Zuletzt war sie wirtschaftspolitische Sprecherin der Unionsfraktion. Von 2022 an war Klöckner zudem Bundesschatzmeisterin der CDU. Dieses Amt hat sie nun mit Blick auf ihre neue Aufgabe niedergelegt.

AfD-Kandidat für das Präsidium fällt durch

Nach der Wahl Klöckners bestimmte der neue Bundestag auch vier Stellvertreter. Der AfD-Kandidat Gerold Otten erhielt im ersten Wahlgang mit 185 nicht die nötige Zahl von 316 Ja-Stimmen. Otten scheiterte auch im zweiten Wahlgang mit 190 Ja-Stimmen und im dritten Wahlgang mit 184 Stimmen. In das Präsidium des Parlaments gewählt wurden Andrea Lindholz (CSU, 425 Stimmen), Josephine Ortleb (SPD, 434 Stimmen), Omid Nouripour (Grüne, 432 Stimmen) und Bodo Ramelow (Linke). Der ehemalige Ministerpräsident Thüringens schaffte mit 318 Ja-Stimmen die notwendige Mehrheit nur knapp.

Die Innenpolitikerin Lindholz war zuletzt stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion gewesen. Ortleb war Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion. Nouripour stand bis November 2024 als Parteichef an der Spitze der Grünen. Otten ist ehemaliger Luftwaffen-Offizier.

In der Regel erhalten die Nominierten die Zustimmung des Parlaments. Einzig der AfD gelang es bislang nicht, eine Mehrheit für einen Kandidaten oder eine Kandidatin zu bekommen. Die AfD scheiterte außerdem bei der konstituierenden Sitzung mit einem Antrag auf Änderung der Geschäftsordnung des Bundestags, mit der sie ein Recht auf einen stellvertretenden Posten im Bundestagspräsidium durchsetzen wollten.