
Theater Lilienthal übernimmt Leitung der Berliner Volksbühne
Der Dramaturg Matthias Lilienthal wird neuer Intendant der Berliner Volksbühne. Er leitete bereits das Berliner HAU und die Münchener Kammerspiele - und tritt jetzt die Nachfolge von René Pollesch an, der 2024 verstarb.
Der Theatermacher Matthias Lilienthal übernimmt ab der Spielzeit 2026/2027 die Intendanz der Berliner Volksbühne. Er soll von einem beratenden Team unterstützt werden, das aus der österreichischen Performance-Künstlerin Florentina Holzinger und der kapverdischen Choreographin Marlene Monteiro Freitas besteht, wie Berlins Kultursenator Joe Chialo (CDU) mitteilte.
"Wir möchten die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz zu einem internationalen Ort des Theaters machen. Das ist unser Widerstand gegen eine Politik der Renationalisierung, ein lustvoller Widerstand", erklärte Lilienthal in einer Pressemitteilung.
Lilienthal bereits in den 90ern an der Volksbühne
Er habe die Volksbühne "bereits in der Ära Castorf als Labor künstlerischer Innovation mitgeprägt", teilte die Kulturverwaltung über den designierten Intendanten mit.
Holzinger, die schon mehrfach an der Volksbühne inszeniert hat, bildet mit Freitas ein sogenanntes Artistic Board. Die mehrfach ausgezeichnete Österreicherin ist bekannt für ihre spektakulären Bühnenstücke - zuletzt etwa für die blutige und provokante Opernperformance "Sancta".
Als Frank Castorfs Chefdramaturg und Stellvertreter hatte Lilienthal zwischen 1991 und 1998 bereits an der Volksbühne gearbeitet. Von 2003 bis 2012 leitete er das HAU Hebbel am Ufer in Berlin. Er war auch Intendant der Münchner Kammerspiele.
Bekannt für experimentelles und avantgardistisches Theater
Lilienthal wurde 1959 in Berlin geboren und studierte Theaterwissenschaft an der Freien Universität. Nach ersten Engagements in Basel kam er Anfang der 1990er Jahre an die Volksbühne Berlin als Chefdramaturg und stellvertretender Intendant.
Der 65-Jährige ist bekannt für experimentelles und avantgardistisches Theater. Er setzt auf interdisziplinäre und performative Formate, die oft den traditionellen Theaterrahmen sprengen. Das kam bei Teilen des Münchner Publikums und der bayerischen Politik nicht immer gut an - aber bei der Kritik und Fachleuten, die die Kammerspiele unter Lilienthal zweimal in Folge zum "Theater des Jahres" wählten.
Sein Vorgänger Pollesch hatte die Leitung der Bühne 2021 übernommen. Zuvor war er dort seit 2001 als Autor und Regisseur unter der Intendanz von Frank Castorf tätig. Pollesch starb im Februar 2024 unerwartet. Eine Übergangsintendanz am Theater scheiterte daraufhin. Das deutsch-norwegische Künstlerduo Ida Müller und Vegard Vinge sollte ein Interims-Team bilden, sagte aber ab - spekuliert wurde, dass dies an den Kürzungen im Berliner Kulturetat lag.
Volksbühne streicht Produktionen
Das Dreierteam übernimmt keine leichte Aufgabe. Wie viele andere Kultureinrichtungen ist die Volksbühne von Sparmaßnahmen in der Hauptstadt betroffen. Das Haus muss in diesem Jahr zwei Millionen Euro einsparen. Er missbillige das extrem, sagte Lilienthal. Er versuche, dagegen zu lobbyieren und mit Chialo Lösungen für das Budget zu finden.
Die Kulturszene in Berlin ist in großer Sorge, seit der Berliner Senat bekannt gab, im Landeshaushalt insgesamt drei Milliarden Euro einsparen zu wollen. Als Reaktion auf die Sparmaßnahmen im Berliner Kulturetat hatte die Volksbühne angekündigt, zwei Produktionen für dieses Jahr zu streichen. "Wir werden im 1. Halbjahr in 2025 auf eine Produktion verzichten müssen und auf eine weitere in der 1. Hälfte der Spielzeit 25/26", hatte das Theater mitgeteilt. Dabei handle es sich um Stücke, die für das Große Haus im Kalenderjahr 2025 geplant waren.
Sendung: rbb 88.8, 07.02.205, 10:30 Uhr