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Rheinland-Pfalz Herbert Mertin überraschend gestorben
Der rheinland-pfälzische Justizminister Herbert Mertin ist am Freitag überraschend gestorben. Das erfuhr der SWR von einem Mitglied des FDP-Landesvorstands.
Mertin sei am Vormittag bei einer Feierstunde für ehrenamtliche Richter in Koblenz kollabiert. Er sei ins Krankenhaus gebracht worden und dort verstorben. Er wurde 66 Jahre alt.
Streitbarer Jurist und Liberaler
Zwei Mal war er Justizminister in Rheinland-Pfalz. Dass der 1958 in Chile geborene Herbert Mertin in der rheinland-pfälzischen Politik landen würde, war nicht unbedingt abzusehen. Die Eltern, eine Ostpreußin und ein schlesischer Landwirt, waren nach dem 2. Weltkrieg nach Temuco in Zentral-Chile ausgewandert. Mertin besuchte eine deutsche Schule in Santiago de Chile.
"Spanisch perfekt, aber kein Pfälzisch"
Für Politik interessierte sich Herbert Mertin allerdings schon als Kind im Chile der 1960er Jahre. Seine Mutter, erinnerte er sich, habe mit ihm geschimpft, weil er lieber bei den Erwachsenen saß, als mit anderen Kindern zu spielen. 1971 kehrte die Familie – neben Herbert noch mit vier weiteren Kindern - nach Deutschland zurück und ließ sich in Rheinland-Pfalz nieder. Mertin machte in Linz am Rhein Abitur, studierte dann Jura in Mainz und Bonn.
Jahrzehnte später sagte Mertin bei einer Podiumsdiskussion zum Thema Zuwanderung selbstironisch, er habe damals - neben Spanisch - zwar hervorragend Deutsch, aber kein Pfälzisch gesprochen. "Das musste ich erst verstehen lernen. Sprechen kann ich es bis heute nicht."
"Über 400 Meter war ich am schnellsten"
Als Jugendlicher war er begeisterter Sportler. In einem Gespräch mit der "Rheinpfalz" im Jahr 2006 erinnerte er sich: "Über 400 Meter war ich am schnellsten." Immerhin zum rheinland-pfälzischen Jugendmeister über diese Strecke brachte es der junge Herbert im Jahr 1976. Bestzeit: "So bei etwa 49 Sekunden." Im Alter von 21 Jahren beendeten Knieprobleme die Laufbahn auf der Bahn.
1983 trat Mertin mit 25 Jahren in die FDP ein. Erstmals in den Landtag gewählt wurde er 1996 eher überraschend. Drei Jahre später der nächste Schritt: Als Nachfolger des erkrankten Peter Caesar wird Mertin zum ersten Mal Justizminister.
Mertin erwarb sich den Ruf eines liberalen Verfechters von Bürgerrechten und unabhängiger Justiz. Im Streit um die Besetzung von Richterposten legte er sich sogar mit Regierungschef Kurt Beck (SPD) an. Mertin galt als beharrlich, aber sachlich in der Auseinandersetzung, was ihm auch den Respekt politischer Gegner einbrachte. Sein Lebensmotto: Verfolge deine Ziele mit Ausdauer, aber ohne Scheuklappen.
Die Justiz ist auch in schwierigen Zeiten ein wichtiger Anker, auf dem unsere Gesellschaft fußt. Herbert Mertin
"Heimlicher Oppositionsführer" im Landtag
2006 holte die SPD in Rheinland-Pfalz die absolute Mehrheit. Mertin wurde im Landtag zu einer Art heimlichem Oppositionsführer. Sprach er - in der Regel ohne Manuskript - etwa über den Skandal um die geplatzte Nürburgring-Finanzierung, konnte man, so schrieb es die "Mainzer Allgemeine", eine Stecknadel zu Boden fallen hören. Dem früheren Partner SPD und Kurt Beck warf er "Arroganz der Macht" vor.
Auch über Parteikollegen redete Mertin zuweilen Tacheles. Im Wahlkampf 2010 nannte er den damals umstrittenen Bundesvorsitzenden Guido Westerwelle einen "Klotz am Bein". Es half nicht, die FDP flog im März 2011 aus dem Landtag in Rheinland-Pfalz. Mertin ging in Koblenz wieder seiner Tätigkeit als Anwalt nach. Seine nach eigener Aussage rund 60 gelb-blauen Krawatten - neben dem Bart und seinem rollenden "R" ein Markenzeichen des FDP-Politikers - blieben vorerst im Schrank.
Comeback als Minister in der ersten Ampelkoalition
Fünf Jahre später das Comeback - Malu Dreyer (SPD) bildete nach der Landtagswahl 2016 die erste Ampelkoalition in Rheinland-Pfalz, Herbert Mertin wurde zum zweiten Mal Justizminister. Geplant sei die Rückkehr an den Kabinettstisch nicht gewesen, sagte Mertin damals. Aber "es lag nicht so fern, jemanden zu fragen, der das schon gemacht hat".
Minister in Corona-Zeiten
Ab Anfang des Jahres 2020 legte die Corona-Pandemie zeitweise das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben lahm. Mertin sprach sich früh dafür aus, Grundrechtseingriffe so bald wie möglich wieder zurückzunehmen. Schon im Frühjahr 2021 mahnte er seine eigene Landesregierung, bei sinkenden Zahlen etwa Kontaktbeschränkungen und sonstige Einschränkungen des öffentlichen Lebens zu überdenken.
Bei der Landtagswahl am 14. März 2021 wurde die Ampel bestätigt, Mertin behielt seinen Kabinettsposten - als dienstältester Justizminister der Bundesländer.
Herbert Mertin hinterlässt seine Frau und vier erwachsene Söhne.
Sendung am Fr., 21.2.2025 17:00 Uhr, SWR Aktuell Rheinland-Pfalz, SWR RP