Abschuss leichter möglich Europarat schwächt Schutz des Wolfs ab
Es ist ein Dauer-Streitthema zwischen Landwirten und Tierschützern: Sollen Wölfe abgeschossen werden, wenn sie eine zu große Gefahr für Nutztiere sind? Ein Ausschuss im Europarat hat nun den Weg dafür geebnet.
Ein Ausschuss im Europarat hat zugestimmt, den Schutzstatus von Wölfen herabzusetzen. Damit schuf er die Voraussetzung für einen schnelleren Abschuss der Tiere. Bevor dies in Deutschland gelten kann, muss aber noch das EU-Recht geändert werden.
Hintergrund des Antrags ist, dass sich nach EU-Angaben die Zahl der Wölfe in Europa innerhalb von zehn Jahren fast verdoppelt hat. Die Zahl der in der EU vom Wolf getöteten Nutztiere, meist Schafe und Ziegen, wird auf mindestens 65.500 pro Jahr geschätzt.
Wolf galt bisher als "streng geschützt"
Der Europarat ist von der EU unabhängig. Zu seinen 50 Mitgliedern zählen die EU-Staaten, aber auch Länder wie Großbritannien oder die Türkei. Das Gremium kümmert sich um die Wahrung der Menschenrechte, ist aber auch für die Einhaltung der Berner Konvention zuständig, einem 1979 verabschiedeten völkerrechtlichen Vertrag zum Schutz wildlebender Tiere und Pflanzen.
In diesem Vertrag galt der Wolf bislang als "streng geschützt". Das bedeutet, dass die Staaten Maßnahmen zur Erhaltung des Wolfs ergreifen müssen und die Tiere nicht absichtlich getötet werden dürfen.
Bundesregierung ändert Haltung zu Wolfspolitik
Die EU-Staaten hatten nach langer Diskussion im September eine Herabstufung seines Status auf "geschützt" beantragt. Es würden zwar immer noch strenge Regeln gelten, eine Jagd auf problematische Wölfe wäre dann aber unter bestimmten Umständen einfacher möglich.
Mit der Zustimmung zu dem Vorhaben änderte die Bundesregierung ihren Kurs in der Wolfspolitik. Begründet wurde dies damit, dass sich die Wolfsbestände in den vergangenen Jahren immer mehr erholt hätten. Außerdem häuften sich zuletzt Risse von Nutztieren wie Schafen und Rindern. Abwehrmechanismen wie etwa hohe Zäune werden von Wölfen immer wieder überwunden.
Kritik von Naturschutzverbänden
Der Umweltschutzverband Nabu kritisierte, die Entscheidung des Europarats basiere nicht auf Fakten, sondern sei ausschließlich politisch getrieben. Laut Nabu-Expertin Marie Neuwald braucht es funktionierende Regelungen, wann und in welchem Rahmen ein Wolf mit auffälligem Verhalten getötet werden darf. "Das ist jedoch auch im bestehenden Recht möglich."
Die Artenschutzorganisation WWF Österreich spricht von einem populistischen Angriff auf den Wolf. "Tatsächlich notwendig wäre eine gut geplante Herdenschutz-Offensive", erklärte WWF-Mitarbeiter Christian Pichler.
Wolf galt lange als ausgerottet
Nach WWF-Angaben wurde der Wolf in Westeuropa und damit auch in Deutschland Mitte des 19. Jahrhunderts ausgerottet. Er überlebte demnach nur im Osten und Süden Europas.
Seit einigen Jahren erholen sich die Bestände allerdings. Nach Angaben der EU stieg die Zahl der Wölfe in Europa von 11.193 im Jahr 2012 auf 20.300 im Jahr 2023. In Deutschland wurden zuletzt 209 Wolfsrudel nachgewiesen. Demnach hatte Brandenburg mit 58 die meisten Wolfsfamilien, gefolgt von Niedersachsen (48) und Sachsen (37).
Änderungen noch nicht in Kraft
Die Entscheidung des Europarats-Gremiums bedeutet aber nicht automatisch, dass die Tiere in Deutschland jetzt einfach so geschossen werden dürfen. Die Änderung tritt drei Monate nach ihrer Annahme in Kraft, sofern nicht ein Drittel der Vertragsparteien Einspruch erhebt.
Anschließend kann die EU-Kommission einen Vorschlag zur Änderung des Schutzstatus des Wolfs im EU-Recht vorlegen. Dieser Vorschlag braucht nochmals eine Mehrheit unter den EU-Staaten und eine Mehrheit im Europaparlament. Änderungen an dem Vorhaben sind noch möglich.