Lage in Syrien ++ Baath-Partei stellt Aktivitäten ein ++
Nach mehr als 60 Jahren will die Partei des Assad-Regimes ihre Aktivitäten "bis auf Weiteres" einstellen. UN-Generalsekretär Guterres zufolge braucht es in Syrien einen friedlichen Machtwechsel. Der Liveblog zum Nachlesen.
- Assads Partei stellt Aktivitäten ein
- Faeser: Syrern anbieten, in Deutschland zu bleiben
- Offenbar Waffenruhe im Nordosten Syriens
- Regierungschef ruft Syrer zur Rückkehr auf
- Bundesinnenministerium erwartet Ausreise von Islamisten
- Erstes Treffen der Übergangsregierung
- Russland wird Assad wohl nicht ausliefern
Ende des Liveblogs
Wir beenden den Liveblog zur Lage in Syrien für heute und danken für Ihr Interesse.
Flughafen von Damaskus soll laut Medienbericht bald wieder öffnen
Der seit der Eroberung von Damaskus geschlossene Flughafen der syrischen Hauptstadt soll nach Angaben seines Direktors in den kommenden Tagen wieder öffnen. "So Gott will, wird der Flughafen so schnell wie möglich wiedereröffnet, denn wir werden mit Hochdruck daran arbeiten", sagte Flughafendirektor Anis Falluh der Nachrichtenagentur AFP. Dies solle "in den nächsten Tagen" geschehen.
Rebellen: Lösen Assads Sicherheitskräfte auf
Der syrische Rebellenchef Ahmed al-Scharaa hat ankündigt, die Sicherheitskräfte des gestürzten Präsidenten Baschar al-Assad auflösen zu wollen. Zudem kontrolliere seine Organisation nun den größten Teil des Landes, heißt es in einer Erklärung des auch als Abu Mohammed al-Golani bekannten Aufständischen an die Nachrichtenagentur Reuters. Man arbeite mit internationalen Organisationen zusammen, um die etwaigen Lagerstätten von Chemiewaffen zu sichern.
Irans Justiz erklärt Kritik an Nahostpolitik für strafbar
Die iranische Staatsanwaltschaft hat Kritikern an der Nahostpolitik des Landes mit juristischen Schritten gedroht. "Wegen der delikaten Lage in der Region werden für Unruhe sorgende Berichte in der Presse und den sozialen Medien demnächst als Straftat eingestuft", gab die Staatsanwaltschaft in einer Presseerklärung bekannt.
In den vergangenen Tagen seien bereits ein Zeitungsreporter und zwei Blogger deswegen festgenommen und angeklagt worden, teilte die Staatsanwaltschaft auf dem Justizportal Misan mit. Hintergrund der Drohungen ist der Sturz des syrischen Machthabers Baschar al-Assad. Er war ein zentraler Verbündeter der iranischen Staatsführung innerhalb der sogenannten Widerstandsachse gegen Erzfeind Israel. Der Machtwechsel in Syrien schwächte diese außenpolitische Doktrin Irans enorm und brachte Teheran in Erklärungsnot.
Assads Partei stellt Aktivitäten ein
Die Baath-Partei des gestürzten syrischen Machthabers Baschar al-Assad stellt nach eigenen Angaben sämtliche Aktivitäten ein. Dies gelte "bis auf Weiteres", hieß es in einer auf der Website der Parteizeitung veröffentlichten Erklärung. Die Vermögenswerte und die Gelder der Partei würden unter die Aufsicht des Finanzministeriums gestellt, Fahrzeuge und Waffen sollen nach Parteiangaben an das Innenministerium übergeben werden. Die Baath-Partei war seit 1963 in Syrien an der Macht.
Verstärktes deutsches Engagement in Syrien gefordert
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius fordert ein stärkeres Engagement Deutschlands in Syrien. Man müsse jetzt auf die HTS-Milizen zugehen, diese müssten ihren Worten aber auch Taten folgen lassen, sagte Pistorius in den Tagesthemen. "Wir müssen ihnen eine Chance geben, das zu tun, worauf es jetzt ankommt und gleichzeitig bereitstehen mit anderen europäischen Partnern, hier Beiträge zu leisten zur Stabilisierung der Region im Interesse der Sicherheit und zur Verhinderung eines Wiedererstarkens des IS oder seiner Kämpfer."
Israel hebt Beschränkungen auf den Golanhöhen auf
Zwei Wochen nach Beginn der Waffenruhe mit der Hisbollah hat Israel Beschränkungen für öffentliche Versammlungen in der Nähe der libanesischen Grenze auf den Golanhöhen aufgehoben. Das Heimatfrontkommando des israelischen Militärs teilte mit, Aktivitäten im Freien seien wieder zugelassen.
Israel hatte die Beschränkungen am 25. November verschärft, weil es befürchtete, dass die Gefechte vor einer möglichen Waffenruhe mit der militant-islamistischen Hisbollah-Miliz zunehmen könnten.
UN-Generalsekretär Guterres fordert friedlichen Machtübergang
Die Vereinten Nationen unterstützen nach Angaben von Generalsekretär António Guterres einen friedlichen Machtübergang in Syrien nach dem Sturz von Machthaber Baschar Al-Assad. Die UNO sei "voll und ganz entschlossen, einen reibungslosen Machtübergang zu unterstützen", sagte Guterres in Südafrika. "Es ist unsere Pflicht, alles zu tun, um die verschiedenen syrischen Anführer zu unterstützen (...), um sicherzustellen, dass sie zusammenkommen und in der Lage sind, einen reibungslosen und integrativen Übergang zu gewährleisten, bei dem sich alle Syrer zugehörig fühlen", fuhr Guterres fort. "Die Alternative ergibt keinen Sinn", sagte Guterres. "Es gibt genug Spaltungen in Syrien. Es ist Zeit für Einheit und es ist Zeit für eine Wiederherstellung seiner territorialen Integrität."
Blinken reist in den Nahen Osten
US-Außenminister Antony Blinken reist in dieser Woche zum zwölften Mal seit Beginn des Krieges zwischen Israel und der militant-islamistischen Hamas im vergangenen Jahr in den Nahen Osten. Blinken wird am Donnerstag zu Gesprächen in Jordanien und in der Türkei erwartet, wie das Außenministerium in Washington mitteilte. In den Treffen soll es um die Lage in Syrien nach der Flucht von Präsident Baschar al-Assad gehen, aber auch um den anhaltenden Gaza-Krieg.
EU-Innenminister beraten in Brüssel
In Brüssel kommen am Donnerstag die EU-Innenminister zusammen. Dabei dürfte es laut Diplomaten einen ersten Austausch über den Umgang mit Geflüchteten aus Syrien geben. Deutschland und andere Länder hatten ihre Asyl-Entscheidungen zu Syrien nach dem Sturz des syrischen Machthabers Baschar al-Assad vorerst ausgesetzt. Darüber hinaus wollen die Innenminister die vollständige Aufnahme Bulgariens und Rumäniens in den Schengenraum beschließen.
Katar plant Wiedereröffnung von Botschaft
Der Golfstaat Katar will seine Botschaft in Syrien bald wiedereröffnen. Das teilte der Sprecher des Außenministeriums, Madschid al-Ansari, mit. Die katarische Botschaft wurde nach dem Ausbruch des Bürgerkriegs in Syrien 2011 geschlossen. Der Golfstaat unterstützte danach Oppositionskräfte im Kampf gegen Assad. Auch westliche Staaten - darunter Deutschland - schlossen ihre Botschaften im Zuge des Bürgerkriegs in Syrien. In den vergangenen Jahren hatten einige arabische Staaten ihre diplomatischen Vertretungen im Land bereits wiedereröffnet.
Pistorius: "Entscheidend ist, dass die Signale klar sind"
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat nach dem Sturz des syrischen Machthabers Baschar al-Assad Deutschlands Rolle bei der Stabilisierung der Region hervorgehoben. "Entscheidend ist, dass die Signale klar sind, sowohl nach Syrien als auch in die Region, dass wir als Europäer, als Deutschland unsere Verantwortung sehen, zur Stabilisierung der Region beizutragen", sagte Pistorius bei einem Besuch in Jordanien.
Wie bisher werde Deutschland dies auch mit "militärischen Mitteln" tun. "Ob man das ausweiten kann und will und unter welchen Bedingungen, wird sich zeigen", fügte der Minister hinzu. Mit Blick auf die Irak-Mission der Bundeswehr betonte er: "Weniger Engagement kann man sich eigentlich nicht vorstellen. Das kann eigentlich nur stabil sein oder mehr werden."
Beratungen über Ukraine und Syrien in Berlin
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) will an diesem Donnerstag in Berlin mit mehreren Kollegen und der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas über die weitere Unterstützung für die von Russland angegriffene Ukraine beraten. Bei dem Treffen solle angesichts des anstehenden Präsidentenwechsels in den USA ein klares Zeichen der fortwährenden Unterstützung gesetzt werden, teilte ein Sprecher des Auswärtigen Amts in Berlin mit.
Zeitweise soll auch der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha an den Beratungen teilnehmen. Neben der Frage, wie weitere substanzielle militärische, finanzielle und humanitäre Hilfe für die Ukraine mobilisiert werden kann, soll nach Angaben des Sprechers auch darüber geredet werden, wie Elemente möglicher Verhandlungen über die Zukunft der Ukraine aussehen könnten. Dabei dürfte es auch um die Frage von Sicherheitsgarantien und eine mögliche internationale Absicherung eines Waffenstillstandes gehen. Baerbock empfängt neben Kallas und Sybiha ihre Kollegen aus Frankreich, Polen, Italien, Spanien und Großbritannien. Zweites Thema neben der Ukraine wird die Entwicklung in Syrien und deren Auswirkungen auf die Region sein.
Ausgangssperre in Damaskus soll enden
Die nach dem Sturz des syrischen Machthabers Baschar al-Assad verhängte Ausgangssperre in der syrischen Hauptstadt Damaskus soll aufgehoben werden. Der Anführer der führenden Rebellengruppe Haiat Tahrir al-Sham (HTS), Ahmed al-Scharaa, teilte auf Telegram mit, die Menschen seien aufgefordert, ihrer Arbeit wieder nachzugehen, um beim Wiederaufbau des neuen Syriens zu helfen. Nach dem Sturz Assads hatten die Aufständischen für die Abend- und Nachtstunden eine Ausgangssperre verhängt. In Damaskus ist Augenzeugen zufolge langsam wieder ein bisschen Alltag eingekehrt. Geschäfte seien wieder geöffnet, berichtete ein dpa-Reporter vor Ort. Es seien nur noch wenige bewaffnete Kämpfer in der Stadt zu sehen.
Frankreich fordert Israel zum Rückzug aus Pufferzone zu Syrien auf
Frankreich hat Israel zum Rückzug aus dem entmilitarisierten Grenzgebiet zu Syrien auf den Golanhöhen aufgerufen. "Wie die Vereinten Nationen betont haben, stellt jede militärische Präsenz in der Pufferzone zwischen Israel und Syrien eine Verletzung des Abkommens von 1974 über den Truppenabzug dar", teilte das französische Außenministerium in Paris mit. Frankreich fordere Israel daher auf, "sich aus der Zone zurückzuziehen und die Souveränität und territoriale Integrität Syriens zu respektieren".
Nach dem Sturz des syrischen Machthabers Baschar al-Assad am Sonntag hatte der israelische Regierungschef Benjamin Netanyahu die Armee seines Landes angewiesen, in die Pufferzone auf den Golanhöhen einzurücken und die Kontrolle über dieses Gebiet sowie "angrenzende strategische Positionen" zu übernehmen. Israel werde es "keiner feindlichen Kraft erlauben, sich an unserer Grenze festzusetzen", so Netanyahu. Das Abkommen mit Syrien über die Pufferzone erklärte er für beendet.
Bundesregierung weist Forderung nach Syrien-Rückkehr als verfrüht zurück
Die Bundesregierung hat Forderungen der Union nach Ausarbeitung eines Rückkehrplans für in Deutschland lebende Syrer zurückgewiesen. "Wir müssen erst mal abwarten, wie sich die Situation in Syrien entwickelt", sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit in Berlin. Eine Rückkehrdebatte sorge "eher für Verunsicherung in Deutschland bei den Flüchtlingen, die sich hier seit zum Teil sehr vielen Jahren aufhalten". Ähnlich hatten sich gestern Kanzler Olaf Scholz im Interview mit den tagesthemen sowie heute Innenministerin Faeser geäußert.
Mit Blick auf die Forderungen der Union sprach Hebestreit von "nachvollziehbarer Aufregung in Zeiten, in denen der Wahlkampf immer näher rückt". Zunächst müsse aber abgewartet werden, ob sich die Lage in Syrien stabilisiere, "bevor man jetzt den fünften Schritt vor dem zweiten macht" und über die Frage diskutiere, ob syrische Schutzberechtigte in Deutschland nach Syrien zurückkehren müssten.
Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums kritisierte es als "schlicht unseriös, in einer so unklaren und instabilen Lage schon über konkrete Rückkehrmöglichkeiten zu sprechen". Die Regierung habe die Entwicklung vor Ort in Syrien genau im Blick. "Aber jetzt Rückkehrmöglichkeiten im größeren Stil zu prüfen, dafür ist die Lage einfach zu instabil", sagte Hebestreit.
Iranische Währung auf Rekordtief
Der Umsturz in Syrien hat im Iran nicht nur politische, sondern auch wirtschaftliche Spuren hinterlassen: Die Landeswährung Rial fiel auf ein Rekordtief - für einen US-Dollar bekommt man 740.000 Rial. Das ist ein Anstieg von mehr als 20 Prozent seit den Spannungen in den vergangenen Wochen. Syrien war unter Assad ein enger Verbündeter des Iran.
Experte Wimmen: Regierungsbildung kann gelingen
Die Rebellengruppe HTS habe die Macht in Syrien mit Disziplin übernommen, so Heiko Wimmen, Projektleiter für Syrien, den Irak und den Libanon bei der International Crisis Group in Beirut im Interview mit tagesschau.de. Das erinnere an eine professionelle Armee. Nun könne auch die Regierungsbildung gelingen - wenn bestimmte Kriterien erfüllt seien.
ARD-Reporter in Damaskus - was kommt nach Assad?
Der Diktator ist weg - doch was kommt nun? Nach dem Sturz Assads hat sich ein ARD-Team mit dem Auto bis in die syrische Hauptstadt Damaskus durchgeschlagen - und berichtet von Freude, Angst und großer Unsicherheit.
Al-Dscholani: Keine Begnadigung für an Folter Beteiligte
Laut Rebellenführer Abu Muhammed al-Dscholani sollen alle, die in Syrien an Folter und Tötungen von Gefangenen beteiligt waren, zur Rechenschaft gezogen werden. "Wir werden sie in Syrien verfolgen, und wir fordern Länder auf, Geflohene auszuliefern, damit wir Gerechtigkeit walten lassen können", schrieb er auf dem Telegram-Kanal des syrischen Fernsehens.
Rebellen setzen Grab von Hafis al-Assad in Brand
Rebellen haben das Grab von Syriens ehemaligem Präsidenten Hafis al-Assad - Vater von Baschar al-Assad - in dessen Heimatstadt im Nordwesten des Landes in Brand gesteckt. Hafez Assad hatte Syrien 30 Jahre lang regiert, bis nach seinem Tod im Jahr 2000 sein Sohn die Nachfolge antrat.
Rebellen am brennenden Grab des verstorbenen syrischen Präsidenten Hafis al-Assad in dessen Mausoleum im Stammdorf der Familie.
Acht Millionen Euro für humanitäre Hilfe aus Deutschland
Für die humanitäre Hilfe in Syrien will Deutschland kurzfristig acht Millionen Euro zur Verfügung stellen. Das kündigte Außenministerin Annalena Baerbock an. Um die Lage im Land zu stabilisieren, müsse trotz der schwierigen Sicherheitslage rasch weitere Hilfe zu den Menschen vor Ort kommen. Baerbock verwies dabei auf den drastischen Anstieg der Lebensmittelpreise in Syrien. Allein der Preis für Brot sei in den vergangenen Tagen um 900 Prozent gestiegen. Die Ministerin setzte ihren Staatsminister Tobias Lindner als Sonderkoordinator für Syrien ein. Er solle die Präsenz Deutschlands in dem Land erhöhen.
Faeser: Syrern anbieten, in Deutschland zu bleiben
Innenministerin Nancy Faeser hat in der Debatte über die mögliche Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland vor Folgen für den deutschen Arbeitsmarkt gewarnt. "Es würden ganze Bereiche im Gesundheitssektor wegfallen, wenn jetzt alle Syrer, die hier arbeiten, unser Land verlassen würden", sagte die SPD-Politikerin. "Für uns ist wichtig, dass wir den Syrern, die hier sind, die einen Arbeitsplatz haben, die sich integriert haben, die frei von Straftaten sind, wo die Kinder in die Schule gehen, dass wir denen auch das Angebot unterbreiten, hier zu bleiben und für unsere Wirtschaft da zu sein." Wenige Tage nach dem Umsturz in Syrien sei eine seriöse Lageeinschätzung noch nicht möglich.
Russland fordert schnelle Stabilisierung
Russland hat zu einer schnellen Stabilisierung der Situation in Syrien aufgerufen. Im Hinblick auf die zwei russischen Militärstützpunkte in Syrien sei der Kreml in Kontakt mit den neuen Machthabern, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Die Stützpunkte sind Russlands einzige militärische Posten außerhalb der ehemaligen Sowjetunion und spielen für die Aktivitäten des Kreml in Afrika und im Nahen Osten eine Schlüsselrolle. Russland war einer der engsten Verbündeten des gestürzten syrischen Machthabers Baschar al-Assad.
Weiter Gefahr durch Landminen
Landminen und nicht explodierte Sprengsätze bleiben in Syrien eine Gefahr für die Bevölkerung. Zwölf Zivilisten seien durch nicht explodierte Sprengsätze und andere Kampfmittel getötet worden, darunter vier Kinder, teilte die Zivilschutzorganisation Weißhelme mit. Man solle sich ungewöhnlichen Objekten und nicht explodierten Sprengsätzen wie auch Gebieten, in denen es an vergangenen Tagen Kämpfe gab, nicht nähern, warnten die Zivilschützer. Auch das UN-Nothilfebüro OCHA warnte vor einer großen "Verschmutzung" Syriens durch Sprengsätze. In den vergangenen zehn Tagen seien landesweit mindestens 52 Minenfelder identifiziert worden.
Bundesregierung knüpft Syrien-Hilfe an Bedingungen
Entwicklungsministerin Svenja Schulze will der nächsten Regierung in Syrien beim Wiederaufbau des Staates helfen, knüpft dies aber an Bedingungen. Es müssen jetzt einen politischen Prozess geben, der alle Bevölkerungsgruppen einbeziehe, sagte die SPD-Politikerin. Die Vielfalt Syriens müsse gewahrt werden. Das Bildungssystem müsse frei von Ideologie und Ausgrenzung sein. Geflüchtete sollten die Chance zur Rückkehr haben. Dazu müssten die Eigentumsrechte gewahrt werden. Hilfsorganisationen und vor allem die Vereinten Nationen bräuchten einen ungehinderten Zugang in alle Gebiete. "Das schließt ganz explizit den kurdischen Nordosten mit ein."
Schulze zufolge kann Entwicklungspolitik einen Unterschied machen. In der von der islamistischen Rebellengruppe HTS kontrollierten syrischen Provinz Idlib habe vergangenes Jahr ein Sittengesetz mit Geschlechtertrennung im öffentlichen Raum eingeführt werden sollen. Deutschland habe mit Großbritannien über UN-Hilfswerke deutlich gemacht, sich unter diesen Bedingungen nicht weiter zu engagieren. Am Ende sei das Gesetz nicht beschlossen worden.
Hilfsorganisation Caritas: Gute Erfahrungen mit Rebellengruppen
Die Hilfsorganisation Caritas international hat mit den Rebellengruppen in Syrien bislang gute Erfahrungen gemacht. In den von ihnen beherrschten Gebieten habe es alles in allem eine berechenbare Zusammenarbeit gegeben, sagte Leiter Oliver Müller dem NDR. Die Caritas habe Hilfsgüter ins Land bringen und die wirklich Bedürftigen erreichen können. Dagegen habe der frühere Machthaber Baschar al-Assad versucht, eigene Günstlinge auf die Hilfslisten zu setzen. Dies habe der Caritas vor Ort sehr viel Widerstandskraft abverlangt.
Müller äußerte sich vorsichtig optimistisch, dass die Caritas in Aleppo und Damaskus weiter tätig sein kann. Darauf deute vieles hin. So habe die Caritas in Idlib, wo die islamistische HTS-Miliz schon das Sagen gehabt habe, tätig sein können.
Ansturm an türkischer Grenze bleibt aus
Wenige Tage nach dem Sturz von Baschar al-Assad kehren weiter Syrer aus der Türkei in ihr Heimatland zurück - ein großer Ansturm auf die Grenzen bleibt aber aus. Ein lokaler Beamter sagte, am Montag - dem ersten Tag nach dem Umsturz - hätten etwa 700 Menschen den Grenzübergang Öncüpinar passiert, danach habe die Zahl abgenommen. Die Zeitung "Cumhuriyet" berichtete unter Berufung auf Behörden, am Übergang Cilvegözü hätten am Dienstag etwa 1.000 Menschen die Grenze überquert. Laut UN-Angaben leben etwa drei Millionen Syrer in der Türkei.
ARD-Korrespondentin Katharina Willinger berichtet aus einem syrischen Flüchtlingslager unweit der türkischen Grenze: "Die Umstände hier, unter denen die Menschen leben, sind einigermaßen ärmlich."
Rebellen nehmen wichtige Stadt ein
Die Rebellen in Syrien haben die wichtige Stadt Dair as-Saur im Nordosten des Landes von kurdischen Milizen eingenommen und sich einen möglichen Zugang zu den Öl-Ressourcen gesichert. Das teilte ein Kommandeur der Islamistengruppe HTS mit. Dair as-Saur liegt entlang wichtiger Verkehrs- und Versorgungsrouten zwischen dem östlichen und dem zentralen Teil Syriens. Nahe der Grenze zum Irak sind dort auch die meisten Ölfelder des Landes.
Israel zerstört Chemiewaffen in Syrien
Israel hat nach zahlreichen Angriffen auf Lager in Syrien nach eigenen Angaben einen Großteil der Chemiewaffen im Land zerstört. Die Israelis wollen demnach verhindern, dass die Waffen nach dem Sturz des Assad-Regimes in falsche Hände geraten und für Angriffe auf Israel verwendet werden. ARD-Korrespondent Björn Dake berichtet.
Merz: Urteil über Flüchtlinge wäre zu früh
Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz sieht eine Möglichkeit, dass syrische Flüchtlinge nach dem Sturz von Baschar al-Assad in ihre Heimat zurückkehren, hält eine Entscheidung darüber aber für verfrüht. "Möglicherweise kann es so sein, dass auch der Rückweg für die Flüchtlinge jetzt eröffnet ist", sagt der CDU-Chef. "Wenn es so ist, dann sollte man ihnen dabei helfen. Für mich ist das heute noch zu früh, darüber ein endgültiges Urteil abzugeben."
Waffenruhe zwischen Kämpfern im Nordosten Syriens
Im Nordosten Syriens haben von Kurden angeführte Kräfte nach eigenen Angaben durch US-Vermittlung eine Waffenruhe mit pro-türkischen Kämpfern vereinbart. Wie der Anführer der Demokratischen Kräfte Syriens (SDF), Maslum Abdi, sagte, werden sich Kämpfer des mit den SDF verbündeten Militärrats Manbidsch "so bald wie möglich aus dem Gebiet zurückziehen" - zum Schutz von Zivilisten.
Bei Gefechten zwischen dem Militärrat Manbidsch und von der Türkei unterstützten Milizen waren zuvor 218 Kämpfer getötet worden. Die pro-türkischen Kräfte hatten vor einer Woche nahe Manbidsch die von kurdischen Kräften kontrollierte Stadt Tal Rifaat sowie einige umliegende Dörfer unter ihre Kontrolle gebracht.
Al-Baschir ruft Syrer zur Rückkehr auf
Syriens neuer Regierungschef Mohammed al-Baschir hat syrische Flüchtlinge in aller Welt aufgerufen, in ihre Heimat zurückzukehren. "Syrien ist jetzt ein freies Land, das seinen Stolz und seine Würde wiedererlangt hat. Kommen Sie zurück!", sagte er in einem Interview der italienischen Zeitung "Corriere della Sera". Zunächst müsse Sicherheit und Stabilität in allen Städten Syriens wiederhergestellt werden, damit die Menschen zum normalen Leben zurückkehren können, sagte al-Baschir. Es sei dann eines seiner wichtigsten Ziele, dem Land zu einem Aufschwung zu verhelfen. Dabei könnten Rückkehrer nach Syrien mit ihrer Erfahrung eine wichtige Rolle spielen.
Befürchtungen von Kritikern, die Islamistengruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS), deren Offensive zum Sturz von Baschar al-Assad führte, könne einen zu starken islamistischen Einfluss auf das restliche Syrien haben, versuchte al-Baschir auszuräumen: "Das falsche Verhalten einiger islamistischer Gruppen hat dazu geführt, dass viele Menschen, vor allem im Westen, Muslime mit Terrorismus und den Islam mit Extremismus verbinden." Dies sei jedoch eine falsche Darstellung. Er beteuerte, die Rechte aller Menschen in Syrien garantieren zu wollen.
Chamenei macht USA und Israel verantwortlich für Umsturz
Irans Staatsoberhaupt Ajatollah Ali Chamenei macht die USA und Israel für den Umsturz in Syrien verantwortlich. Dieser sei "das Ergebnis eines gemeinsamen amerikanisch-zionistischen Plans", sagte der Religionsführer laut dem staatlichen Rundfunk. Auch eine Nachbarregierung Syriens spiele eine Rolle - offenbar eine Anspielung auf die Türkei, die im Norden Syriens militante Aufständische unterstützt.
Syrien will laut Handelskammerchef freie Marktwirtschaft einführen
Die neuen Machthaber in Syrien haben dem größten Handelsverband des Landes zufolge die Einführung einer freien Marktwirtschaft angekündigt. "Es wird ein freies Marktsystem auf der Grundlage des Wettbewerbs werden", sagte der Vorsitzende der Handelskammer von Damaskus, Bassel Hamwi, der Nachrichtenagentur Reuters. Dies würde eine deutliche Abkehr von der jahrzehntelangen korrupten staatlichen Steuerung darstellen.
Zuvor gab es ein Treffen mit einer Regierungsdelegation unter Leitung des syrischen Übergangswirtschaftsministers Bassel Abdul Asis. Der kündigte laut Hamwi an, mit der Abschaffung des als erdrückend empfundenen Zollsystems eine der Hauptforderungen von Händlern und Industriellen zu erfüllen. "Jeder, der sich bei den Kammern registriert, wird die Waren, die er auf den Markt bringen will, nach einem bestimmten System einführen können."
Islamisten-Anführer verspricht Stabilität
Der Anführer der siegreichen Islamisten in Syrien, Ahmed al-Scharaa, hat versichert, dass das Land keinen weiteren Krieg erleben werde. "Die Menschen sind vom Krieg erschöpft", sagte Al-Scharaa bei einem Moschee-Besuch in Damaskus zum Sender Sky News. "Das Land ist also nicht bereit für einen weiteren und wird auch nicht in einen weiteren geraten." Zuvor war er unter seinem Kampfnamen Abu Mohammed al-Dscholani aufgetreten.
Die Gefahr sei von Assads Regierung und proiranischen Milizen ausgegangen, sagte der Islamist. "Deren Beseitigung ist die Lösung."
Israel warnt neue Machthaber
Während die Rebellen in Syrien nach dem Sturz des Langzeitherrschers Baschar al-Assad mit einer Übergangsregierung für Stabilität sorgen wollen, kommen aus Israel scharfe Warnungen an die neuen Machthaber. Jede Bedrohung für Israel werde unerbittlich bekämpft, teilte Regierungschef Benjamin Netanyahu mit. Er hatte zuvor die fast restlose Zerstörung der militärischen Fähigkeiten des Nachbarlandes befohlen.
Innenministerium: Islamisten könnten versuchen, nach Syrien auszureisen
Das Bundesinnenministerium sieht durch den militärischen Erfolg von islamistischen Kämpfern in Syrien ein erhöhtes Risiko für Ausreisen von Islamisten aus Deutschland in die Region. Die Erfolge der Offensive durch die Miliz Hayat Tahrir al-Sham (HTS) könnten "die islamistische Szene in Deutschland motivieren, die Propaganda der HTS zu verbreiten sowie Ausreiseversuche in Richtung Syrien zu unternehmen und sich an dortigen Kämpfen zu beteiligen", teilte eine Ministeriumssprecherin auf Anfrage der Zeitungen der Funke-Mediengruppe mit.
Die "weitgehend positive Wahrnehmung" der militärischen Erfolge gegen das Regime von Diktator Assad "in weiten Teilen" der dschihadistischen Szene könnte darüber hinaus eine "motivierende Wirkung auf potenzielle Ausreisende nach Syrien haben", so das Ministerium weiter.
Der überraschende Erfolg von Gruppierungen wie der HTS werde auch in dem Terrornetzwerk Al-Kaida nahestehenden Kreisen und vereinzelnd unter Sympathisanten der Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) "positiv aufgenommen". "Generell können militärische Erfolge - soweit sie propagandistisch entsprechend instrumentalisiert werden - das Ansehen und die Attraktivität" dschihadistischer Gruppen erhöhen, teilte die Sprecherin mit.
Ver.di warnt vor Syrien-Rückführungen im großen Stil
Nach dem Sturz von Diktator Baschar al-Assad in Syrien warnt die Gewerkschaft ver.di vor Rückführungen von Syrerinnen und Syrern aus Deutschland in großem Stil. Ver.di-Chef Frank Werneke sagte der Nachrichtenagentur dpa, große Rückführungen seien "gegen die Interessen der Menschen und übrigens auch gegen die Interessen der Arbeitswelt, zumindest in Teilen in Deutschland".
Er rate "sehr dazu, dass mit einem kühlen Kopf an die Situation herangegangen wird", sagte der ver.di-Vorsitzende. "Viele sind hier auf dem Arbeitsmarkt integriert und etabliert und auch wichtig für uns." Syrerinnen und Syrer arbeiteten etwa im Versandhandel, im Bereich der Zustellung oder in der Pflege.
Erstes Treffen der Übergangsregierung
Die syrische Übergangsregierung wird sich aus Mitgliedern der Islamistengruppe zusammensetzen, die den Aufstand gegen den bisherigen Präsidenten Baschar al-Assad anführte. Die geschäftsführende Regierung, die das Land zunächst bis März verwalten soll, kam am Dienstag zu einer ersten Sitzung zusammen. An dem Treffen nahmen der scheidende Ministerpräsident Mohammed (Ghasi) al-Dschalali und andere Minister teil, sowie Mohammed al-Baschir, der das Übergangskabinett als neuer Ministerpräsident anführen soll.
Er war der Regierungschef in den von Rebellengruppen kontrollierten Gebieten, die unter der Führung der Rebellenorganisation Haiat Tahrir al-Scham (HTS) stehen. Al-Baschir bezeichnete die Aufgabe nach dem Treffen als "große Herausforderung". Es handle sich um eine vorübergehende Lösung - "bis die Verfassungsfragen" geklärt sind. Er hoffe, dass die Minister der früheren syrischen Regierung die neue Regierung in dieser Übergangszeit unterstützen werden, sagte er weiter.
Die HTS wird von Abu Mohammed al-Dscholani, auch bekannt als Ahmed al-Scharaa, angeführt. Er hatte im Jahr 2016 seine langjährige Verbindung zu dem Terrornetzwerk Al-Kaida gekappt und positioniert sich als angeblicher Verfechter von Pluralismus und Toleranz.
Unionsfraktion fordert Rückkehrplan für syrische Flüchtlinge
Nach dem Sturz des Machthabers Bashar al-Assad in Syrien hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion einen zügigen Rückkehrplan für syrische Flüchtlinge von der Bundesregierung gefordert. Es müsse Reisebeihilfe und Startgeld für diejenigen Flüchtlinge geben, die freiwillig nach Syrien zurückkehren wollen, sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Andrea Lindholz (CSU) der Bild-Zeitung.
"Straftäter und Gefährder müssen sofort abgeschoben werden", so Lindholz weiter. Vorrangig abgeschoben werden sollen außerdem alle, die "sich nicht integriert haben, also zum Beispiel nach Jahren noch nicht arbeiten". Die CSU-Politikerin sagte weiter, darüber hinaus müsse bei "allen weiteren Personen im Einzelfall geschaut werden, was für einen Verbleib in Deutschland und was für eine Rückführung nach Syrien spricht".
Russland wird Assad wohl nicht ausliefern
Der stellvertretende russische Außenminister, Sergei Rjabkow, hat in einem Interview mit dem US-Sender NBC News angegeben, dass sein Land den gestürzten syrischen Präsidenten Bashar al-Assad auf dem "sichersten Weg" nach Russland transportiert habe. "Er ist in Sicherheit, und das zeigt, dass Russland in einer solchen Ausnahmesituation wie erforderlich handelt", sagte Rjabkow gegenüber NBC.
Auf die Frage, ob Russland Assad ausliefern würde, um ihn vor Gericht zu stellen, sagte der Minister: "Russland ist keine Vertragspartei der Konvention, mit der der Internationale Strafgerichtshof gegründet wurde."
UN berichten über Plünderungen von Hilfsgütern
Nach Angaben der Vereinten Nationen gibt es weiterhin Berichte über Plünderungen von humanitären Hilfsgütern in einer Reihe von Gebieten in Syrien, unter anderem in der Hauptstadt Damaskus. Betroffen seien unter anderem Lagerhäuser von UN-Organisationen und des Syrischen Arabischen Roten Halbmondes. "Die humanitäre Lage in ganz Syrien bleibt nach wie vor instabil", sagte UN-Sprecher Stéphane Dujarric.
Es gebe Berichte, dass Menschen weiterhin vertrieben werden. Im Nordosten des Landes seien seit Dienstag 100.000 Menschen aufgrund der Kämpfe in Tal Rifaat und anderen Teilen des Gouvernements Aleppo vertrieben worden. Dujarric sagte, dass die Aufnahmezentren in Tabka und Al-Rakka Berichten zufolge ihre volle Kapazität erreicht hätten und mehr als 200 Orte - darunter städtische Gebäude, Schulen, Moscheen und Stadien - genutzt würden, um Menschen unterzubringen.
UN-Angaben zufolge sind 25 Lastwagen mit UN-Hilfsgütern aus der Türkei in den Nordwesten Syriens gefahren, wo die Lage nun relativ ruhig sei. Alle elf Aufnahmezentren, die in Idlib im Nordwesten für neu vertriebene Familien geöffnet wurden, waren am Montag leer, sagte Dujarric.
Der Liveblog vom Dienstag zum Nachlesen
EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen reist Anfang nächster Woche für Syrien-Gespräche in die Türkei. Israel hat bestätigt, in der Nacht syrische Marineschiffe massiv mit Raketen angegriffen zu haben. Der Liveblog vom Dienstag zum Nachlesen.
In einem inzwischen gelöschten Eintrag haben wir über Informationen unserer Korrespondentin Natalie Amiri berichtet, denen zufolge es künftig keine Richterinnen mehr in Syrien geben soll. Das war nicht richtig, Natalie Amiri hat das wenig später auch korrigiert.
Mehr zum Hintergrund dieser und anderer Korrekturen finden Sie hier: tagesschau.de/korrekturen