Ein Mann steht vor der Fabrik von Northvolt Ett in Skellefteå, Schweden.
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Hersteller aus Schweden Wie "grün" sind die Northvolt-Batterien wirklich?

Stand: 28.02.2025 08:38 Uhr

Das schwedische Start-up Northvolt versprach, Europa in der Batterieherstellung unabhängiger von Asien zu machen. Doch nach wie vor importiert das Unternehmen das Grundmaterial für seine Akkus aus Fernost.

Es ist ein Milliarden-Versprechen, das der finanziell angeschlagene Batterie-Hersteller Northvolt seinen Kunden und Investoren gegeben hat: Man werde die "grünste" E-Auto-Batterie der Welt bauen und Europa endlich unabhängig von Herstellern aus China oder Südkorea machen.

Mit dieser Vision hat das Unternehmen mehr als 15 Milliarden Dollar an Investorengeldern eingesammelt. In Deutschland stellten der Bund und das Land Schleswig-Holstein mehr als 1,3 Milliarden Euro an staatlicher Förderung für den Bau einer "Giga-Factory" in Heide in Aussicht, davon 600 Millionen als Kredit der Förderbank KfW. Ein Recherche-Team des schwedischen Fernsehens hat nun gefragt: Wie nahe ist Northvolt seinem Versprechen gekommen? Und: Wo sind die Batterien, die Northvolt bisher hergestellt hat?

Kein Lkw mit Northvolt-Batterien zu finden

"Wir wollten einfach eine Batterie sehen, die bei Northvolt unter einem Dach hergestellt wurde. Und wir wollten ein Auto oder einen Lkw sehen, der mit dieser Batterie unterwegs ist", sagt Reporterin Johanna Karlsson im Interview mit dem ARD-Studio Stockholm. "Aber das war deutlich schwieriger, als wir uns das vorgestellt hatten."

Northvolt verwies das Team an den Lkw-Hersteller Scania - der einzige Kunde, der derzeit Northvolt-Batterien in seinen Fahrzeugen verbaut und ausliefert. Aber die VW-Tochter Scania, die bisland nach eigenen Angaben in 800 Lkw Batterien von Northvolt verbaut hat, wollte keinen fahrbereiten Lkw vorführen. Also machte sich Johanna Karlsson vom öffentlich-rechtlichen Sender SVT auf die Suche nach einer Spedition, die einen Lkw mit Northvolt-Batterien in ihrem Fuhrpark hat.

"Wir haben nach langer Suche einen Kunden gefunden, der hatte zwei Elektro-Lkw gekauft", erzählt sie. "Aber auch der wollte uns nach Rücksprache mit Scania keinen Lkw zeigen. Man verwies uns stattdessen an Kunden, die einen Lkw bestellt hatten." Es wird eine lange Suche - am Ende ohne Erfolg. Einen Lkw mit Northvolt-Batterien bekommen sie nicht zu sehen.

Im Werk vor allem Schrott produziert

Gleichzeitig will das Team im schwedischen Stammwerk in Skellefteå in Kontakt mit Mitarbeitern kommen, um zu erfahren: Wie stellt Northvolt seine Batterien eigentlich her? Das Herzstück einer jeden Batterie ist das sogenannte Kathodenaktivmaterial. Es macht rund ein Drittel der Produktionskosten aus. Die Herstellung des Materials aus Lithium, Nickel, Mangan und Kobalt ist kein trivialer Prozess, wie auch Fachleute einräumen. Bisher ist sie noch keinem europäischen Hersteller gelungen.

Und offenbar ist auch Northvolt vorerst daran gescheitert, wie Mitarbeiter des Unternehmens anonym in der TV-Dokumentation berichten: "Die Grundidee war, dass wir alles machen sollten. Vom Grundmaterial bis zu den fertigen Zellen in Skellefteå."

Die Reporter bekommen Fotos zugeschickt. Statt Material für die Zellfertigung wurde bei "Upstream 1", so der Name der Fabrik, vor allem Schrott produziert. "Überall standen Säcke. Ein Sack neben dem anderen. Das waren so viele, dass wir mit dem Entsorgen gar nicht nachgekommen sind", erzählt ein Insider. Traten Probleme an den Maschinen auf, war die Abhilfe häufig sehr schlicht. An vielen Stellen kam einfach gelbes Klebeband zum Einsatz, um die Maschinen provisorisch zu reparieren.

"Die Hallen wurden gesäubert"

Noch während das Team von "Updrag Granskning" weiter recherchiert, verkündet Northvolt im vergangenen Oktober plötzlich das vorläufige Aus für "Upstream 1". Northvolt spricht davon, dass man aufgrund der "operativen und finanziellen Situation" eine neue Priorisierung habe vornehmen müssen. Die Produktion pausiere.

Johanna Karlsson aber hat einen ganz anderen Eindruck gewonnen: "Alle, die dort gearbeitet haben, wurden entweder entlassen oder werden mittlerweile in anderen Bereichen eingesetzt. Die Hallen wurden gesäubert. Da gibt es noch Maschinen, aber sind weit davon entfernt, wieder hochgefahren zu werden." Northvolt sagt, man halte an den Plänen für eine eigene Herstellung des Kathodenaktivmaterials trotzdem fest.

Am 5. Februar dieses Jahres aktualisiert das schwedische Unternehmen dann seine Homepage. Nun schreibt man selbst, dass man "bis heute für seine Zellproduktion Kathodenaktivmaterial von externen Partnern bezogen habe". An erster Stelle der Länder, aus denen Northvolt importiert, steht China. Eigenes Kathodenaktivmaterial findet sich also in keiner einzigen Batterie, die bisher ausgeliefert wurde.

Kein 100 Prozent "Made in Sweden"

Der Spediteur Victor Falkenklev aus Südschweden hat gleich 50 Lkw von Scania mit Northvolt-Batterien geordert. Gehofft hatte er auf Batterien 100 Prozent "Made in Sweden". Aber die wird er nicht bekommen, wie er in der Dokumentation berichtet. "Sie haben gesagt: die Lkw, die wir bekommen, werden kein eigenes Kathodenmaterial enthalten. Es tue ihnen leid. Aber das könne man nicht liefern", so Falkenklev.

Northvolt räumt auf seiner Website mittlerweile auch ein, dass durch den Import der CO2-Abdruck jeder Batterie steigt - um zehn Kilogramm pro Kilowattstunde. Das sind bei einem Lkw mit einer 500 Kilowatt-Batterie immerhin fünf Tonnen zusätzliches CO2 pro Fahrzeug. Victor Falkenklev sieht es trotzdem positiv: "Die Zellen werden ja wenigstens in Schweden hergestellt, mit sauberem schwedischem Strom. Das ist doch sehr positiv."

Was bedeutet das alles für die geplante Fabrik in Schleswig-Holstein? Das wollte das ARD-Studio Stockholm von Northvolt wissen. Nichts, schreibt Northvolt in einer Mail. Man müsse da unterscheiden. Denn im Gegensatz zum Werk in Skellefteå habe man in Heide nie vorgehabt, Kathodenaktivmaterial selbst herzustellen. Eine Batterie 100 Prozent "Made in Schleswig-Holstein" - diese Vision hat es also nie gegeben.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 09. Januar 2025 um 08:21 Uhr.