
Wirtschaftstreffen in Peking Buhlen um die Gunst europäischer Konzerne
Chinas Führung hat zum alljährlichen China Development Forum geladen. Dort sind Europäer jetzt viel gefragter als zuvor. Und Trump macht es China leichter, sich als zuverlässiger Partner zu präsentieren.
Draußen blühen vielversprechend Magnolien- und Kirschbäume. Auf dem Pekinger Diaoyutai-Komplex flanieren internationale Gäste zwischen großen Teichen und gepflegten grünen Wiesen in ihren Konferenzpausen.
Drinnen umwirbt die kommunistische Führung mehr als 80 Chefs großer internationaler Konzerne. Diese wiederum haben viele gute Worte übrig für das Land, das ein wichtiger Bestandteil ihres Geschäfts ist. Sie sind zum alljährlich stattfindenden China Development Forum gekommen.
Viele westliche Firmenchefs anwesend
Der Chef des US-Konzerns Apple, Tim Cook, ist gekommen, genauso wie die Vorstandsvorsitzenden der deutschen Automobilkonzerne BMW und Mercedes. Siemens-Chef Roland Busch ist auch da, er ist in diesem Jahr sogar Co-Vorsitzender des Forums. Sie sitzen in der ersten Reihe zwischen chinesischen Ministern.
Auf der Bühne spricht der chinesische Ministerpräsident Li Qiang von der wachsenden Wirtschaft und von seinem Land als einem attraktiven Standort. Und von einer Zeit, die geprägt sei von wirtschaftlicher Zersplitterung und Unsicherheit: "Und in dieser Zeit ist es meines Erachtens umso wichtiger, dass jedes unserer Länder seine Märkte stärker öffnet und dass unsere Unternehmen und Betriebe ihre Ressourcen stärker miteinander teilen".
Probleme der chinesischen Wirtschaft
Li Qiang will die chinesische Führung als einen stabilen und verlässlichen Partner präsentieren und obendrein als Verfechter des freien Welthandels und als Gegner von Handelsbarrieren. Die Probleme der chinesischen Wirtschaft werden ausgespart: anhaltende Immobilienkrise, hohe Jugendarbeitslosigkeit, sinkende Preise und trotz leichter Anzeichen der jüngsten Erholung ein schleppender Binnenkonsum - das alles sind strukturelle Probleme.
Der Politikwissenschaftler Scott Kennedy, vom US-Thinktank Center for Strategic and International Studies, sagt, es sei das Ziel von Li Qiang, die Botschaft einer wachsenden Wirtschaft zu vermitteln. Und eben auch, "dass China eine ganz andere Haltung vertritt als die USA. Er hat zwar die USA nicht genannt, aber als er von Unilateralismus und Protektionismus sprach, meinte er Washington", sagt Kennedy.
Kann man von einem fairen Wirtschaftsumfeld sprechen?
Zumindest bei einigen Großkonzernen scheint die Botschaft anzukommen, die Li Qiang setzen will. Siemens-Chef Busch bescheinigt in seiner Rede direkt nach Li Qiang Chinas Führung, kontinuierlich für gleiche Wettbewerbsbedingungen und ein faires Wirtschaftsumfeld zu arbeiten.
Dabei beklagen Wirtschaftsverbände und Regierungen anderer Länder seit Jahren, das Gegenteil sei der Fall: Ausländische Unternehmen würden bei Ausschreibungen benachteiligt, die rechtlichen Rahmenbedingungen seien oft unklar.
Dennoch sieht Busch den Willen bei Chinas Führung, attraktiv zu sein für ausländische Investoren. Der ARD sagte er im Interview, das bedeute nicht, dass es in allen Bereich gut sei, aber die Richtung stimme auf jeden Fall: "Was die Investitionen anbelangt, ist China einer der größten Märkte in der Welt, was industrielle Produktion anbelangt, sogar der größte. Es gibt auch hier eigene Wettbewerbe. Ohne lokale Präsenz, ohne lokale Investitionen wird man hier nicht standhalten und seine Marktanteile nicht verteidigen können. Deswegen tun wir das natürlich."
Ausländische Konzerne tun sich schwer
Die ausländischen Direktinvestitionen in China sind in den vergangenen Jahren allerdings zurückgegangen. Das Geschäft für ausländische Konzerne ist immer schwieriger geworden, heimische Unternehmen holen zunehmend auf und steigern ihre Marktanteile - unter anderem im Maschinenbau, in High-Tech-Branchen und in der Automobilindustrie.
Dennoch: Die chinesische Wirtschaft braucht auch die ausländische Unterstützung, insbesondere in Zeiten einer möglicherweise andauernden Trumpschen Zollspirale. Einige langjährige Teilnehmernde sagen, das Wirtschaftsforum sei früher eher von US-Amerikanern dominiert worden, heute seien es mehr Europäer. Diese Woche will Chinas Staatspräsident Xi Jinping offenbar Konzernlenker persönlich treffen. Während im vergangenen Jahr nur die Chefs von US-Konzernen geladen waren, will Xi dem Vernehmen nach in diesem Jahr auch europäische Manager empfangen.
Experte Kennedy spricht von einem interessanten Abhängigkeitsverhältnis in einer Welt, die zum einen erlebe, dass sich die USA dramatisch veränderten und China gleich bleibe: "Wer in China Geschäfte macht, schaut gleichzeitig, was in den USA und in Washington passiert. Und die große Variable, die alles verändern könnte, ist nicht China, es sind die USA. Wirtschaftsvertreter sind nicht begeistert von Chinas Wirtschafts- und Sicherheitspolitik. Aber man hat sich irgendwie daran gewöhnt", sagt Kennedy.
Spielt Trump China in die Karten?
US-Präsident Donald Trump macht es mit seiner Unberechenbarkeit, seinen Strafzöllen - auch gegen China - und der Verschiebung politischer Allianzen der Führung in Peking leichter, attraktiv zu wirken.
Doch so einfach wie es auf den ersten Blick scheine, sei es nicht, gerade für die Europäer: "Wenn China das Chaos, das Trump für andere symbolisiert, für sich erfolgreich nutzen will, muss es sich mit den Herausforderungen in Bezug auf Europa auseinandersetzen. Mit den Xinjiang-Sanktionen, mit der Ukraine und den Bedenken hinsichtlich der Überkapazitäten", so Kennedy. "Trump bietet China eine große Chance, als verantwortungsvoller Akteur dazustehen. Aber China muss dann auch liefern."
Kritik Europas an China
Chinas Freundschaft mit Russland wird in Europa nach wie vor extrem kritisch gesehen, genauso wie Menschenrechtsverletzungen, unter anderem in den chinesischen Landesteilen Xinjiang und Tibet.
Darüber hinaus wirft die EU-Kommission China vor, bestimmte Branchen mit übermäßigen Subventionen zu fördern. Überkapazitäten und sinkende Preise seien die Folge. Um beispielsweise heimische Autokonzerne zu schützen, hat die Europäische Union Ausgleichszölle gegen in China produzierte E-Autos verhängt.
Genau jene aber kritisierten deutsche Autobosse auf dem Wirtschaftsforum. Sie befürchten Benachteiligung auf dem größten Automarkt der Welt. Der Druck auf sie in China ist schon groß. Zwischen blühenden Magnolien und Kirschbäumen sprechen sie auf diesem Forum wohl auch deshalb vor allem lobende Worte Richtung Peking aus.